Sodala, auf geht’s wieder mal zur fröhlichen Gehirnwäsche in Sachen feinfühlig-filigraner Thrash-Prügel-Philosophie, und das gleich mit fünf Vertretern jener melodischen Leckerbissen, die, ach so zärtlich unser aller Trommelfell streicheln und liebevoll malträtieren.
Aber wie heißt es so schön, jede Musikrichtung hat ihre Daseins-Berechtigung, so auch diese hier, und wenn man das nötige Verständnis und die Liebe hierfür aufbringt, dann kann so was unter Umständen auch recht amüsant sein. Vor allem, manche dieser Bands weisen tatsächlich ein hohes Potential an Ausdruckskraft und Power auf. Und das ist auch bei unseren heutigen Partizipanten der Fall, wobei es sich gerade bei den beiden Headlinern Exodus und Sepultura bereits um Legenden des Thrashmetals handelt. Bei erstgenannter Gruppe, ist der allgemeine Tenor ja sogar, dass sie den Thrashmetal erfunden hätten. Nun, das sei jetzt mal dahin gestellt, denn da hat jeder so seine eigene Meinung. Fakt ist aber, beide Combos, genauso wie die Nummer 3 im Bunde – Destruction sind schon seit Anfang der Achtziger Jahre unterwegs, um die absolute Härte im Heavy Metal zu propagandieren. Die großen Drei werden hier auf der Thrashfest Tour 2011 noch von den US-Kollegen Heathen supportet. Und auch jene geistern bereits seit 1984 mehr oder weniger präsent durchs Genre. Last but not least hätten wir da noch die Australier von Mortal Sin. Und siehe da, auch die feierten ihre Geburt schon 1985.  Also alles alte Hasen im Geschäft möchte man meinen, und dem ist auch so, so haben die meisten Mitglieder unserer heutigen darstellenden Künste den runden 40er schon seit längerem überschritten im Gegensatz zu den meisten Fans, die fast schon deren Sprösslinge sein könnten. Aber egal, Rock’n’Roll hält jung, um mich zum 150sten Mal zu wiederholen. Und wir sind heute Abend hier im, leider nicht ganz ausverkauften, Münchner Backstage Werk, um uns den Thrash-Hurricane um die Ohren pfeifen zu lassen. -


Und das Ganze beginnt mit der Tatsache, dass, entgegen der allgemeinen Ankündigungen bzgl. des Konzertbeginns für 18.30 Uhr, das Thrashgewitter bereits eine halbe Stunde eher vom Stapel läuft. Das wiederum hat zur Folge, dass der Opener Mortal Sin zum Großteil meiner Aufmerksamkeit und auch meiner fotografischen Linse entgeht.
Sorry about that! Aber das ist nicht auf meinem Kartoffelacker gebaut. Trotz des verfrühten Startschusses stellt sich im Verlaufe des Abends eine,nicht wieder einzuholende Verspätung ein, weiß der Geier warum. 

Die Aussies sind mit ihrem neuen Longplayer ‚Psychology Of Death’ am Start und nützen die Chance, diesen auf der gegenwärtigen Thrashfest Tour vorzustellen, na ja, soweit es der begrenzte zeitliche Rahmen erlaubt. Die Besonderheit an dieser Truppe ist die Tatsache, dass sie für christlichen Thrashmetal stehen und nicht wie die meisten anderen Kollegen dieser Gangart, für provokante Unterwelt Szenarien. Allerdings macht sich dieser Umstand auf der Bühne kaum bemerkbar außer durch das Kreuz im Namens-Schriftzug. Denn, wenn wir mal ehrlich sind, was Thrashmetal Bands live on Stage oral im allgemeinen von sich geben, dass wird, zumindest in nicht-englisch-sprachigen Ländern ohnehin nicht verstanden akustisch. Muss es auch nicht, denn die Bühnenorgien sind ja eher dazu da, die Moshpit Inszenierung zu perfektionieren und immer wieder neu zu erfinden. Bei Mortal Sin, sind zwar noch nicht alle Fans in der guten Stube versammelt, aber dafür ist die Stimmung für den frühen Zeitpunkt schon sichtlich gehoben, jedenfalls während der 10 Minuten, während der ich noch in den Genuss jener Band komme. Die Thrasher von Down Under bieten hier auf der Thrashfest Tour ein Best of von ‚Mayhemic Destruction’ und ‚Face Of Despair’ und natürlich ein wenig vom Newbe „Psychology of Death“. Das wars dann auch schon wieder mit australischer Metal Kultur, und Mortal Sin hinterlassen hier keineswegs einen schlechten Eindruck.
http://www.mortalsin.com.au/


Heathen sind aus der Stadt mit der Golden Gate Bridge genauso wie Exodus.  

Und das ist auch nicht weiter verwunderlich, so ist diese Band doch das zweite Steckenpferd von eben Exodus Gitarrist Lee Altus. 27 Jahre alt ist der Karren hier, allerdings mit einer 9jährigen Unterbrechung zwischen 1991 und 2000. Und keine andere Formation ist durch so viele Line-up Wechsel gegangen, als Heathen. Für alle, die’s noch immer nicht wissen, die Übersetzung des Bandnamens steht für Heide, bzw. heidnisch. Und mit ihrer Stilistik schlagen Heathen  etwas aus der Reihe hier. Denn, auch wenn in allgemeinen Infos deren Stilistik als Thrash/Speedmetal angegeben ist, so sind die Songs doch eine Spur zu melodisch für jenen harten Beat. Hier bleibt tatsächlich so manches Riff im Mittelohr hängen. Und die Stücke zeigen eine gehörige Portion Komplexität  

Im vergangenen Jahr hat die Band ihr insgesamt drittes Album ‚The Evolution Of Chaos’ veröffentlicht. Trotzdem baut Heathen im Rahmen dieser Konzertreise eher auf ein Greatest Hits Ensemble, na ja was sich halt aus 3 Alben als Best of... heraus kristallisieren lässt innerhalb einer Stunde. Den Abschluss macht ein pompöses ‚Death By Hanging’ vom 87er Debütalbum ‚Breaking The Silence’. Und Heathen werden äußerst positiv vom Publikum angenommen und auch abgefeiert. 


Fotograf Rob Dukes versucht sich neben seinem Job als Sänger von Exodus auch in dieser Materie

Sie hinterlassen in der Tat einen ausbaufähigen Eindruck mit absolutem Wiedererkennungseffekt. Tja und nach deren letzten Ton, bleibt Band Boss Lee Altus genau eine Stunde und ein paar zerknuddelte Minuten, um zu regenerieren für seinen Auftritt mit Exodus.
http://www.myspace.com/heathenmetal 

Aber erst mal sind noch Destruction dran, allen voran ein ambitioniert-fitter Schmier, der sich mehrmals für die Tatsache entschuldigt, dass die Band, - und man möchte es fast nicht glauben, seit 1985 nicht mehr in München aufgetreten ist. 

Halleluja, ich wette, innerhalb dieser vier Wände befindet sich momentan niemand, der der damaligen Show vor 26 Jahren bereits beigewohnt hat. Marcel „Schmier“ Schirmer himself hat sich seitdem gar nicht großartig verändert. Dabei zählt er inzwischen auch schon 45 Lenze und hat ein bewegtes Leben hinter sich. Mit ‘Day of Reckoning’ hat die Band, die bereits seit 1982 existiert, im vergangenen Februar , ihr insgesamt 11.Studioalbum vorgelegt Ebenfalls immer noch mit dabei ist Gitarrist Michael „Mike“ Sifringer. -  Hier in München scheint man Destruction trotz der langen Abstinenz gut zu kennen, und der Hochofen ist schnell wieder auf 1.000 Grad und mehr erhitzt. Einzige Tatsache, die ich bei Destruction wirklich zu bekritteln habe, sind die verheerenden Lichtverhältnisse, die ein knipsen ohne Blitzlicht fast unmöglich machen. Der Menge ist das natürlich egal und die empfangen die Prügelarie der Baden-Würtemberger wie die Taufe des heiligen Johannes, nur dass der Heiligenschein fehlt. Aber den brauchen wir auch gar nicht. Hauptsache es rockt wie’s Sau, und das tut es vor allem bei Stücken wie "Thrash Till Death"  oder das darauffolgende Black Mass / Antichrist / Death Trap (Medley).  

Dass die allgemeine Akustik gerade bei Destruction zu wünschen übrig lässt, aus was immer für welchen Gründen fällt bei deren, konstant niederprasselnden Donnerschlag ohnehin nicht auf, also müßig jenen Missstand überhaupt zu erwähnen. Viel mehr gibt’s dazu nicht zu sagen, als: schauen wir mal, ob es wieder 26 Jahre dauert, bis Destruction erneut ihren Weg ins kleine, unbedeutende Provinznest München finden.
http://www.destruction.de/

Exodus sind dran und lassen ab 21.15 Uhr die Erde mit dem Andromedanebel verschmelzen. 

Und langsam frage ich mich bei dieser Band, warum sie noch nicht daran gedacht haben, ihren Wohnsitz nach Germany zu verlegen. Denn Gary Holt und Co. sind durchschnittlich mindestens einmal wenn nicht zweimal im Jahr zu Gast in unserem Land. Kein Wunder, dass sie einmal mehr enthusiastisch empfangen – und frenetisch abgefeiert werden. Und es ist in der Tat so, dass der Stoff von Exodus, das anfangs bereits erwähnte Potential enthält. Hier geben sich Austrahlung, Aura, Power und Ausdruckskraft die Hand und vereinen das Schauspiel zu einer voluminösen Klangwolke, die brachial auf die ca. 800 Headbanger  niederprasselt. Exodus setzen auf neuere Kapitel statt auf die ganz alten Gassenhauer und profilieren sich vor allem durch die ungemeine Spielfreude, die sie an den Tag legen. Vor allem tragen die Musiker keine Weltuntergangsmiene zur Schau, so wie es Klischee eigentlich vorschreibt, sondern es wird auch gelacht da oben und der Schalk im Nacken steht besonders Gary Holt buchstäblich im Gesicht geschrieben. Sänger Rob Dukes stets missmutige Miene darf man nicht allzu ernst nehmen, denn in Wirklichkeit ist er ein gutmütiger, halt etwas brummeliger Teddybär. Aber wehe wenn er losgelassen – da oben, dann singen auch die Englein am Firmament einen Rosenkranz – halleluja. Schlagzeuger Tom Hunting, der 1981 zusammen mit einem gewissen Kirk Hammett die Band gegründet hatte, ist nur zu erahnen hinter seinem Monsterinstrument, Gitarrist Lee Altus hat sich wieder erholt vom vor-vorhergehenden Einstand mit seinem zweiten Baby Heathen und Bassist Jack Gibson schenkt sich auch nichts in Sachen 4 Saiten Attacke. (Anm: er unterhält seit einiger Zeit eine Countryrock Band namens Coffin Hunter. Und diese sollte man sich schon mal geistig vormerken in der Großhirnrinde. Hier gibt’s ein Soundbeispiel)


Die Setliste von Exodus weist zudem einige Songs auf, die normal nie berücksichtigt werden. Die Begründung hierfür mag Abwechslung lauten. Fest steht , dass die meisten Fans lieber ihre Lieblingsgassenhauer zum 145sten Mal hören, als die ungewohnten Klänge. Aber 75 Minuten sind kein volles Set, und so muss die Auswahl des Gourmet Menüs sorgfältig getroffen werden, um allen Ansprüchen gerecht zu werden. 

Ich denke mal, Exodus haben das durchaus hingebracht, und so werden sie einmal mehr abgefeiert wie Jesuskind in Frankreich, und später erweist sich daraus noch die Tatsache, dass sie die wahren Kings des kompletten Abends sind.
http://exodusattack.com/

Last but not least stürmen um kurz nach 23 Uhr mit einiger Verspätung,die sich übrigens, wie schon eingangs bemerkt, durch den ganzen Abend gezogen hatte, auch noch Sepultura den Altar. 

Und jene müssten mittlerweile hier drinnen jede noch so schmale Ritze kennen. Denn, fast noch öfter als Exodus, sind die Brasilianer, die großteils gar keine mehr sind, zu Gast hier im Backstage. Mittlerweile zur Haus- und Hofband erhoben, legen sie aber immer noch Wert auf ein düster-schauriges-halb vernebeltes Ambiente zum Leidwesen für uns Bildberichterstatter. Und auch Sepultura setzen auf ein eher neugesetztes Konzept und nicht so sehr auf die alten, wohlbekannten Töne, wie zum Beispiel der von ‚Roots’ – Aber erst mal begrüßt Sänger Derek ‚Leon’ Green, mit flottem Dustbolt T-Shirt, das Publikum mit den Worten: „Servus, mein Name ist Herr Grün“ – zu viel mehr reicht sein akzentstarkes Deutsch nicht. Aber es kommt an, und das ist die Hauptsache. Sepultura, deren einziges, verbliebenes Original Mitglied Bassist Paulo Xisto Pinto Jr ist, führen ihr neuestes und insgesamt zwölftes Werk ‚Kairos’ im Handgepäck mit sich. Aber da sich Mr. Pinto Jr. lieber dezent im Hintergrund hält, hat sich Gitarrist Andreas Kisser um die Band Chef Rolle erbarmt. Zu erwähnen wäre noch ein kürzlich vonstatten gegangener Line up Wechsel. Denn seit gerade mal einem Monat sitzt am Schlagzeug nicht mehr Jean Dolabella, sondern ein gewisser Eloy Casagrande. Und jener hat sich in kürzester Zeit schon hervorragend ins Bandgefüge eingepasst.

Nun, Fakt ist, dass Sepultura zwar den Status des Headliners genießen, aber diese Tatsache kann auch nach hinten los gehen. Nicht, dass sie geschwächelt hätten oder der Auftritt verbockt wäre. Aber bei fünf Bands dieser anstrengenden musikalischen Sorte, noch dazu mit einer nicht unbeachtlichen Verspätung von konstanten 30 Minuten, machen sich bei vielen Leuten, spätestens nach Mitternacht gewissen Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Hinzu kommt noch der Umstand, dass es am nächsten Morgen – früh aufstehen heißt. Das Resultat ist eine sich zunehmend leerende Halle während Sepulturas Auftritt. Und als jene ihre letzten Töne abfeuern nach halb Ein Uhr nachts, strebt der Großteil der heutigen Besucher bereits Morpheus Armen zu.
http://sepultura.uol.com.br/2011/
Sagen wir mal so: für den Ticketpreis von 30,-- Euro wird hier zwar ungemein viel geboten, trotzdem wäre man besser bedient, wenn nur drei Vertreter dieser Gattung spielen würden, und das, zeitlich geschickter organisiert. Sei’s drum, - das Thrashfest 2011 ist damit durch hier in München, unsere Ohren haben einmal mehr ihre Thaimassage abgekriegt, und der Bedarf an zart besaitetem Thrashmetal ist wieder einmal und für längere Zeit ausführlich gedeckt worden.

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Einige Offstage Schnappschüsse sind wie immer im
Diary zu finden.