Lange waren sie nicht mehr hier, zu lange. Und Gründe gab es so einige dafür. Unter anderem war Bandchef  Jon Schaffer an einem Punkt angelangt, wo er sich tatsächlich fragte, ob es noch Sinne mache, das Flagschiff weiter segeln zu lassen. Die Stürme der Zeit, der Veränderungen und im Musicbusiness ansich, haben dafür gesorgt, dass die Wellentürme über dem Kahn fast zusammen geschlagen sind. Nur dank des festen Glaubens an sich selbst und an die Musik hat den Kapitän mit aller Kraft das Ruder herum reißen lassen. – Es war die Mühe wert und so segelt der Iced Earth Tanker nach wie vor, und nach 27 Jahren immer noch durch die Gewässer des Rock’n’Rolls. Und mit dem neuen Frontmann Stu Block haben sich die Wellenbrecher auch so langsam verzogen und es weht seit einiger Zeit ein frischer Fahrtwind samt geglätteter Wogen.
Wenige Metalbands sind durch so viele Line up Changes gegangen wie die Amerikaner von Iced Earth. Wobei auch hierbei zu vermerken ist, dass die Band eigentlich Jon Schaffer ist in erster Linie - und er die Band.
Das neue und insgesamt elfte Album ‚Dystopia’ ist bereits früher in diesem Jahr erschienen und markiert so etwas wie einen Wendepunkt. Nicht dass sich der typische Power Metal Stil der Truppe großartig verändert hätte, aber mit dem Weggang von On and Off Frontmann Matthew Barlow der mit seiner Stimme die musikalische Linie doch wesentlich mitbeeinflusst hat, und dem Neuzugang Stu Block ist dennoch ein wesentlicher Einschnitt passiert, sowohl optisch als auch oral. Und das hat er und natürlich Iced Earth bereits im vergangenen Sommer bei diversen Festivals bewiesen.
Aber gut, lassen wir uns überraschen von Iced Earth 2011, die hier und heute im Münchner Backstage Werk gastieren, welches aber nur leidlich gut gefüllt ist. Ob dies am lediglich mittelprächtigen Bekanntheitsgrad der Band liegt, oder an der Tages- bzw. Abendslaune der Fans, vermag ich nicht zu beurteilen.

Die Vorhut machen Fury UK, die zum allerersten Mal in Germany und eben auch in München live auftreten.


Und das sind die Brüder Chris und Luke Appleton, sowie Martin McNee, die ganz genau definiert aus Manchester stammen.  Seit 2002 geistern sie dort in der lokalen Clubszene herum und haben bislang drei Alben und eine EP veröffentlicht. Zeit also, dass die Vögel flügge werden und über die Grenzen ihres Landes flattern, wie man so schön zu sagen pflegt. Nun, der Tenor den das Trio verbreitet, ist etwas gewöhnungsbedürftig und nicht jedermanns Sache. Ich würde es als eine Art Power Hardrock mit einer alternativen Ader beschreiben. Aber positiv auffallen tut vor allem Sänger/Gitarrist Chris Appleton, der ein kleiner Zauberkünstler an seinem Instrument zu sein scheint trotz seiner (immer noch) Jugend. Und wenn man dabei noch den Umstand berücksichtigt, dass singen und gleichzeitig Leadgitarre spielen umso schwieriger ist, dann Hut ab. Und genau deshalb werden Fury UK auch ganz passabel hier in München angenommen von all den anwesenden Headbangern. Mal schaun, ob man zukünftig noch mehr hört von den englischen Next Generation Rockern.

http://www.furyuk.com/

Iced Earth beginnen ihr Klanggewitter mit, buchstäblich viel Nebel und Dunst. Dementsprechend präsentieren sich hier die visuellen Eindrücke. Sorry ‚bout that.... aber da hat man als Fotograf keinen Einfluss und ist den örtlichen Gegebenheiten ausgesetzt und das auch noch im üblichen Zeitrahmen von den ersten drei Gebeten.

Fakt ist, der Neue, also Stu Block scheint sich schon äußerst komfortabel ins Bandgerüst eingefügt zu haben.
Und ziemlich schnell kristallisiert sich heraus, dass er locker imstande ist, sowohl Barlow zugeschnittene Songs zu interpretieren als auch jene aus der Tim ‚Ripper’ Owens Ära. Überhaupt scheint er ein Multitalent zu sein und mit jeder prekären Tonakrobatik zurecht zu kommen. Auch visuell passt Stu hervorragend zum Rest der Powermetal Truppe, auch wenn letzteres jetzt nicht unbedingt der wichtigste Fokus ist. Aber Ihr wisst ja, das Auge isst bekanntlich mit. Trotzdem lässt sich bei dem Neuen eine ganz leichte Unsicherheit erahnen. Aber ich betone in dem Fall das – erahnen – denn, wenn jemand nicht so wie ich selbst, die Situation genau beobachtet, dann kriegt er diese kleine Nebensächlichkeit kaum mit. Aber Journalisten sehen die Dinge ja immer etwas intensiver, bzw. aus einer anderen Perspektive und sind weniger zum abrocken vor Ort bei einem Konzert. Allerdings legt sich diese kleine Unsicherheit ziemlich rasch im Verlauf des Abends, und gegen Ende hin bolzt er souverän einen Kracher nach dem anderen vom Stapel. Ihm zur Seite stehen Freddie Vidales am Bass (seit 2008),  Troy Steele (Git) (seit 2007), Brent Smedley (Drums)(seit 1996 mit Unterbrechungen) und natürlich der Chef Jon Schaffer an den 6 Saiten, der von Anfang an, also seit 1984 den Mast der Galeere aufrecht hält. Wobei man dazu sagen sollte, dass er mit Iced Earth, ums genau zu nehmen, erst 1988 mit dem Demo ‚Enter The Realm’ auf sich aufmerksam machte.

Nun, wie auch immer, ‚Dystopia’ ist das Thema des Abends, mit dem auch eingestiegen wird. Und im Gegensatz zu den vergangenen Festival Auftritten, ist die Setliste nicht mehr auf das übliche Best of... und einige Neuheitgen gepolt, sondern es werden so einige Stücke berücksichtigt, die schon lange nicht mehr live performt worden sind. 

Es war Jon’s Absicht, diese selten gespielten Stücke mit einzubauen auf der momentanen Tour, um dem Ganzen etwas Abwechslung in die Gischt zu mischen. Die Stimmung ist hervorragend, - genauso wie sie bei einem Power Metal Konzert der alten Schule sein sollte. Und auch wenn die Kajüte hier nicht wirklich ausgebucht ist, so sorgen die paar Klabautermänner (und ein paar Mädels) hier zwar für keinen Orkan im Schacht, aber für eine mittelprächtige Prise reichts allemal.

Das Amen in der Kappelle wird mit den wohlbekannten Klängen zu ‚Iced Earth’ gebetet, und die kleine imaginäre Kreuzfahrt durch die Gewässer unseres Backstage Areal ist wieder einmal zu einem Ende gebracht und das auch noch relativ erfolgreich. – Nun wollen wir mal abwarten, inwieweit sich die Segelmasten der Fregatte Iced Earth bis zum nächsten Einstand erneut verändern, oder ob sie dann endlich mal die selben geblieben sind. Ich meine, irgendwann sollte jeder Kahn mal seinen endgültigen Hafen finden, oder nicht?! Andererseits – Veränderungen sind die Würze des Lebens,  also abwarten und Tee... äh stilgemäß dann doch lieber ein Bierchen oder einen Jamaica Rum vom Fass süffeln, und mal schaun, wo die nächste Reise hinschippert....
http://www.icedearth.com/

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