Manchmal kommen sie
doch noch aus ihren Löchern gekrochen, jene alten englischen
Punkrelikte, die einst mit rebellischer Bösartigkeit gegen die
Gesellschaft und die Politik wetterten, zwar damit nicht wirklich viel
bewirkten, aber dafür umso beliebter bei der damaligen Jugend waren,
die zu ihrer Zeit einfach nur anders sein wollten, als die konservativen
Erwachsenen. Und das nur wieder, um spätestens eine Dekade später
genauso wie ihre Erzeuger im strikten Otto Normalverbraucher Klischee
ihr Dasein zu fristen.
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Die Punkband aus dem hohen Norden Deutschlands sind zwar eine halbe Generation jünger als ihre Vorbilder die Sex Pistols, verfolgen aber in etwa den gleichen Weg. Auch wenn die Rebellion sich in unserer modernen Zeit so gut wie ausschließlich auf der Bühne abspielt. In Armstrongs Fall gilt das wiederum auch nur für die Musik. Denn optisch ähneln sie eher der - biederer Bankbeamter trifft auf Fernfahrer Romantik. Aber die anfängliche Skepsis schwindet im Verlaufe ihres Sets, denn da kommt tatsächlich was rüber. Und einige der Stücke aus den bislang 2 veröffentlichten Alben, bleiben sogar hängen im sensibilisierten Gehörgang. Leider reicht es da bei etlichen der Zuschauer nicht ganz dazu. Und statt sich in der Räumlichkeit zu verteilen, bevorzugen es 95% aller Zaunspechte, sich in vornehmer Zurückhaltung zu üben, so dass mindestens 8 Meter vor der Bühne gähnende Leere herrscht. Ich tippe allerdings dabei eher auf eine Art scheuen Komplex, der niemanden sich trauen lässt ein wenig aus der grauen Menge im Hintergrund heraus zu steppen. Und so halten wir zu
viert die Stellung ganz vorne, meine Wenigkeit vor allem, um einige
Schnappschüsse der Supportband zu ergattern, und ich freue mich
obgleich meiner immensen Bewegungsfreiheit. Für die Band da oben sieht
das natürlich etwas anders, bzw. fühlt es ein wenig eigenartig an,
verständlicherweise. Nix für ungut, meinen Segen haben die Brüder,
und ich freue mich einmal mehr, dass Deutschland doch noch Künstler aus
dem Punkrock Sektor vorzuweisen hat. |
Halleluja!!! Da bleibt
kein Hühnerauge unbewässert. Und für die Kamera ist es zudem ein
wahrlich gelungenes Futter. Gekonnt geht der treibende Discobeat, jener
der ebenfalls in den Siebzigern für mächtig Furore gesorgt hatte, in
die realen Gitarrenläufe und Drumbeats hier on Stage über. Und die
Band legt los, als ob der Maya Kalender heute schon sein letztes Blatt
umdreht. Flugs wird aus dem eher braven Soul-Inferno bitterböser Punk,
wie er tatsächlicher nicht sein könnte. – Vom Original Line up der
Testtube Babies sind zwar nur noch Peter himself und
Gitarrist Del Strangefish übrig, aber da pfeift der
Weihnachtsmann grad drauf. Denn was die Oldies hier vom Stapel lassen, lässt
die Bude fast implodieren, und die Fans sind nicht mehr zu halten. |
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Das ist Punk wie er leibt und
immer noch lebt und leider Gottes viel zu wenig praktiziert wird. Und
von wegen Tee und Mineralwasser da oben auf dem Punkaltar. Im Gegenteil,
dem bösen Image entsprechend regiert hier das bayerische Weißbier, das
auch noch gefährlich schwappend im passenden Glas mitrockt und das auch
noch in vielfacher Ausführung. Aber keine Angst, bis zum Ende der
Punkparty ist der Inhalt sämtlicher gläsernen Behältnisse genüsslich
gelehrt. Der Beweis für die Wertschätzung des köstlichen Gersten -,
bzw. Hefe Saftes ist Peters grazile Figürlichkeit, die sich vom
Spargeltarzan in jungen
Jahren zu – klein, dick aber glücklich – Anfang Fuffziger Modelmaßen
etabliert hat.
So ganz exakt werden die 15 Gebote auf der Setliste auch nicht
eingehalten. Aber die beiden Hymnen – ‚Banned From The Pubs’ und
‚Elvis Is Dead’ sind selbstredend mit dabei. Denn jene sind für die
Testtube Babies in etwa das, was für die Sex Pistols ‚Anarchy In The
UK’ und ‚God Save The Queen’ ist.
Punksongs sind in der Regel kurz und
schmerzvoll und die Konzerte noch kürzer. Wobei in unserem Fall hier über
eine Länge von 75 Minuten wahrlich nicht gemeckert werden kann. Und
genauso wie die Schlacht begonnen hat, hört sie auch wieder auf, nämlich
dass der Punk wieder zurück in den Disco Sound aus den Boxen übergeht.
Und Peter und Co. lässt es sich nicht nehmen, da unten im Publikum noch
ein zusätzliches Tänzchen aufs Parkett zu legen zusammen mit seinen
Anhängern... bis.... ja bis er halt einfach nimmer.... äh sorry, ich
meinte natürlich, bis sein letztes Weißbier zur Neige geht. Ohne das
geht ja nun wohl gar nichts mehr.... Also prost und lasset den
Weihnachtsmann kommen und Peter nach Hause kehren, auf dass unser
Englisch Lehrer (im täglichen Leben) nächstes Weihnachten wieder
kommt. Und don’t worry, das Hefeweizen und das kühle Helle geht
gerade hier in München nun wirklich niemals aus. Prost und Happy New
Year – sag ich schon mal..... |
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