Mit diesem Künstler setzen wir einmal mehr unsere Serie fort in Sachen – versteckte Ostereier, die noch nie gefunden, bzw. von der breiten Masse entdeckt worden sind. Und das Suchspiel ist umso schwieriger, als dass die Welt in Sachen Bluesrock nach wie vor ein, wie soll ich sagen?,  dahinfristen am Suppentellerrand  durchlebt, bzw. nicht genügend aufgeklärt ist. Und ich spreche da vor allem von der jüngeren Generation, und nicht so sehr von uns Alten. Sagen wir mal so: hier bei uns in Deutschland regiert immer noch das Motto: was der Bauer nicht kennt, frisst er nun mal nicht – traurig aber wahr. Erst kürzlich habe ich in meiner Radiosendung einen dieser Musiker gespielt, einen, dessen Name bei uns noch immer zu 90 Prozent unbekannt ist. Nach Ausstrahlung des Programms, erhielt ich ca. zehn E-Mails, die alle die gleiche Frage enthielten: ja was ist denn das für ein toller Song und was für ein/e Musiker/Band. Und natürlich haben allesamt den Künstler Namen noch nie zuvor gehört. Nun das dürfte auch für Paul Camilleri zutreffen, der ebenfalls bislang ‚nur’ Insidern ein Begriff ist. Dabei hat er  gerade eben seine, insgesamt sechste CD namens ‚One Step Closer’ auf den Markt geworfen. Diese brilliert wie alle anderen auch, durch höchste Kunst des Gitarrenspiels und eingängig-meist straighten (Blues)Rocksongs.


Camilleri ist gebürtiger Brite mit maltäsischem Namen und libanesischen Wurzeln. Mit acht Jahren kam er in die Schweiz, wo er auch heute noch lebt. Erst im Jahr 2004 etablierte er sich zumindest in Bluesrock Kreisen dank Supportslots von Status Quo, John Mayall & The Bluesbreakers, Popa Chubby und Eric Burdon & The Animals als ernstzunehmender Meister an den 6 Saiten mit deutlichem Wiedererkennungswert. Trotzdem muss er auf seinen Solo-Exkursionen immer noch mit den kleineren Sèpareès der deutschen Clublandschaft vorlieb nehmen. Dabei begleiten ihn seit sehr langer Zeit Drummer Tom Beck und seit nicht sooo langem - Roland Sumi am Bass.


Camilleri bezeichnet sich selbst nicht als Tüftler oder gar Perfektionisten. Er schüttelt seinen Blues aus dem imaginären Ärmel wie Frau Holle ihre Daunenfedern aus Wolke Sieben, und das mit einem sehr kräftig-rockigem Unterton.
Leider wissen jenen Umstand an diesem Abend nicht allzu viele Freunde des gepflegten Bluesrock zu schätzen. Und unsere Villagler Hausgäste retten wieder mal die trostlose Situation hier drinnen in der guten Stube durch ihre Anwesenheit. Ergo: das heutige Event entpuppt sich einmal mehr als fröhlich-intime Stammtisch Gesellschaft, die beim einen oder anderen Gläschen Wein und Bier urgemütlich dem Auftritt von Herrn Camilleri entgegen sieht. Sagen wir so, das kleine aber feine erlesene Publikum hier hat kein Problem damit unter seinesgleichen – only -  zu weilen, was mathematisch in etwa die Zahl 25 ausmacht. Für Paulchen ist das weniger amüsant. Andererseits habe ich gerade vor denjenigen Künstlern einen Heidenrespekt, die unter solchen Umständen dann trotzdem ein volles Programm liefern und dabei noch ihr heiliges Bühnenhemd verschwitzen. In unserem Fall hier denke ich mir zusätzlich, vielleicht braucht es nur noch diesen letzten, ausschlaggebenden, kleinen Kick, der dem Schweizer mit britischem Pass zu einer Stufe höher auf der Karriereleiter hilft. Und vielleicht sollte er zukünftig noch mehr Supportslots bei großen namhaften Künstlern annehmen, um in deren Fahrwasser weiter an Boden zu gewinnen. Auch wenn letzteres im Gegenzug einige Abstriche verlangt. Aber das weiß ja jeder, der sich ein wenig auskennt. Solo-Club-Tourneen  hingegen sind dagegen zwar wesentlich relaxter, andererseits existiert dann wiederum das obige erklärte Problem.


(ZZ-Top Cover)




'One Step Closer' 


Paul Camilleri bietet uns heute Abend jedenfalls eine exzellente Mischung querbeet aus seinen sechs Longplayern, wobei der Schwerpunkt sicherlich auf ‚One Step Closer’ liegt, seiner, zuletzt veröffentlichten Scheibe. Vor allem der Titeltrack hat es mir persönlich sehr angetan, ein absoluter Ohrwurm mit Rock along Effekt. Der Meistro lässt auch seinen beiden Mitstreitern so einigen Platz für room to move, wie man so schön sagt, wahrscheinlich um zu zeigen, dass auch sie hervorragende Musiker sind. Und wie ich schon eingangs erwähnt habe, handelt es sich hier im wahrsten Sinn des Wortes um Perlen, die erst noch aus der geschlossenen Auster herausgewutzelt werden müssen. Und vielleicht trägt ja diese Live Review mit allem drum und dran schon ein ganz klein wenig dazu bei, zumindest einen Spalt des Schneckenhauses mit der äußersten Messerspitze zu öffnen. Das wäre zumindest ein Anfang, auch wenn er, ums drei Mal rot zu unterstreichen, eigentlich schon ein alter Hase im Geschäft ist. Und das meine Lieben, spürt man von der ersten Sekunde an.

http://www.paulcamilleri.ch/


Paul Camilleri
Multikulti Vollblutmusiker und mehr
Aufs Foto unten klicken für den kleinen Gedankenaustausch
(streaming Audiofile f. WMP)