Und wieder einmal stehen wir vor der Situation – zwei Events an einem Abend, die man gern mitnehmen möchte hier in München. Dank unseres Backstage Areals, zweite Heimat für sämtliche Hardrock und Metalbands – weltweit, würde ich fast schon sagen,  - ist das auch nicht weiter ein Problem. Denn bei drei Clubs, die direkt nebeneinander, bzw. gegenüber liegend situiert sind, ist man innerhalb von einer halben Minute vom einen Wohnzimmer ins andere gehüpft und kriegt von der jeweiligen Zeremonie auch noch das meiste mit, denn die Take off... Zeiten sind oft auch nicht die gleichen, allein schon bedingt durch die, meist verschiedene Anzahl von Supportbands, bzw. oder gar keine Vorhut. Im heutigen Fall tun wir uns jedenfalls kinderleicht.

In der Backstage Halle mit einem Fassungsvermögen von ca. 600 Leuten, führen ‚End Of Green’ das Regiment und das  anhand einer, fast dreistündigen Show, die um Punkt 20 Uhr beginnt - ohne Anheizer vorneweg.


Das hat zur Folge, dass ich erst mal wieder zu spät eintreffe. Aber in diesem Fall nicht so tragisch, da es keinerlei Fotoregeln gibt und schon gar keine Fotopässe. Also don’t worry, es läuft nichts davon, außer der erste Song ‚Motor’.
Ach ja, um es nicht außen vor zu lassen. End Of Green spielen auf dieser Tour deshalb diese abendfüllenden, überlangen Shows, um damit ihr 20jähriges Jubiläum zu zelebrieren. Und nur bei dieser, gegebenen zeitlichen Länge, lässt sich ein Gesamt-Querschnitt durch ihre komplette Karriere ausführlich nachvollziehen.
Der Laden ist sehr gut gefüllt, wenngleich auch nicht gänzlich ausverkauft. Und im Publikum sind wieder einige, sehr hübsch anzuschauende Trauerweiden vertreten, die sich in unbunter Vielfalt, also in grauschwarz bis dunkelschwarz
J))  samt vornehmer Totenblässe aufgeputzt haben, um sich in den düster-depressiven Klängen von End Of Green zu sonnen. Gleich und gleich gesellt sich eben gern. Und End of Green machen’s da oben schließlich vor, allen voran Sänger Michael Huber, dessen allerletzter Designer Mützen-Schrei und der dunkle Coco Chanel Lidstrich ihm eine, wie soll man es am besten beschreiben? – unnahbare Aura verpassen. Dazu kommt noch der tiefe Bass in seiner Stimme mit dem leicht suiziden Touch, der das Image komplett macht.
Geboten wird, wie schon weiter oben angedeutet, ein Gesamtüberblick über das bisherige Schaffen der Stuttgarter Band und das nach Schema F – gut gemischt und durchgeschüttelt – von ganz alt bis relativ neu. – Relativ  deshalb, weil der letzte Longplayer ‚Hi Hopes In Low Places’ jetzt auch schon wieder mehr als zwei Jahre auf dem Kamelhöcker hat. An einem neuen Teil wird bereits gearbeitet, heißt es allgemein. Aber dieses wird nicht vor 2013 erscheinen inklusive neuem Labelpartner.




Und so fideln sich End Of Green durch imaginär-morbide Weltuntergangsszenarien, in dezenten Trauerflor  gehüllt und mit verlorenem Zombie-Blick auf die ca. 400 Münchner Schäflein gerichtet. Das Programm ist der Setliste unten zu entnehmen, die in etwa so stimmen dürfte, auch wenn jene Abhandlung von Requien denen vom Berliner Konzert entspricht , da in München ein derartiges, beschriebenes Blatt Papier nicht aufzutreiben ist.

Auf alle Fälle scheint unser Baden-Würtembergischer Trauerflor auch bei uns in Bayern sichtlich gut anzukommen. Denn so düster sich der visuelle Aspekt hier drinnen auch ausmacht, so gut gelaunt ist hingegen die Partystimmung, was sich, wenn man’s genau nimmt, eigentlich widerspricht. Aber, wie sagt man immer so treffend? – Nur der Unterhaltungswert macht ein Event dieser Art wirklich aus. Und jener ist hoch angesetzt und erfüllt auch seinen Zweck. Viel mehr kann ich zu End Of Greens Gastspiel hier in München nicht mehr beisteuern, denn nach ca. einer Stunde kehre ich dem Leichenschmaus in unserer Backstage Krypta den Rücken, um mich einem Stell Dich Ein zu widmen, das im Prinzip gegensätzlicher nicht sein könnte.
http://www.endofgreen.de/ 
 


Allerdings bin ich noch etwas zu früh dran, stelle ich umgehend fest, als ich drüben im Werk ankomme, wo sich anscheinend Münchens komplette Punkszene versammelt hat.

Kein Wunder, so findet doch gerade das 2-tägige Pogorausch Festival statt, wobei wir es hierbei mit Tag Nummer Zwei zu tun haben. Und genau wie drüben, wo morbide Blässe sich mit Trauerweiden Timbre paart, haben wir es hier mit Irokesen Haarschopf und schottischem Karomuster zu tun. Etliche nationale und internationale Nachkommen der legendären Ramones und Sex Pistols haben sich einmal mehr eingefunden, um ihre Musik und ihren Lebensstil zu zelebrieren.

Aber die einzige tatsächliche Ikone des Punks, die an diesen zwei Abenden hier aufspielt, lässt noch auf sich warten. Und genau wegen denen bin ich auch hier, denn keine Punklegende hat es mir mehr angetan, wie The Exploited, allen voran Wattie Buchan, der selbst schon als Stilikone gilt. Alle Jubeljahre wieder lässt sich die härteste Punkband der Welt in München blicken. Das letzte Mal war 2010 im Rahmen der damaligen Europa Tour. Heute  handelt es sich allerdings um den einzigen Deutschland Auftritt im Jahr 2012. Grund dafür ist, dass die Band momentan an ihrem nächsten, neuen Album bastelt und hofft, dieses bis Ende des Jahren raus zu hauen. Anschließend wird es dann auch wieder eine  neue und ganz normale Tour geben.
Back to the Action hier, bei der unser Rotschopf erst für sagenhafte 23.40 Uhr angesetzt ist. Also vertreiben wir uns erst die Zeit um ein wenig vom Auftritt der englischen Punker
Control mitzuschnabulieren und begeben uns anschließend in die Garderobe, nur um festzustellen, dass Wattie samt Bruder Wullie (Drums) noch nicht eingetroffen sind. Der Rest der Gang ist zwar hier, aber relativ abgeschottet vom Rest der 150 gefühlten Bands.
Etwas später treffen auch Wattie und Wullie ein, und damit vergeht dann auch die Zeit bis zur Showtime wie im Flug.
Okay, was soll ich noch groß zu the Exploited fabulieren, was nicht schon gesagt worden ist. Wattie knüppelt alles nieder. Und mit seinen 54 Jahren lässt er die meisten Jungspunde in Sachen Extrem Metal einfach mal nur links liegen. Wattie ist Kult, Wattie ist unantastbar und Wattie war und ist immer schon sehr umstritten gewesen, als angeblich extrem rechts orientiert, wobei er sich aber stets vehement dagegen verwehrt.


Auf der Bühne hingegen spielen etwaige politische Ambitionen aber ohnehin keine Rolle. Denn hier wird nur noch abgerockt, was der Bodenzement unseres Werks aushält. Und der muss heute wieder mal mächtig büßen. Denn Münchens Punker stehen schon Kopf, wenn sie Wattie nur sehen. Der Fotograben kann nur noch unter Lebensgefahr betreten werden, wobei es dieses Mal, dank unserer aufmerksamen Security nicht ganz so katastrophale Auswirkungen hat, wie beim letzten Gemetzel oder dem vorhergehenden Schlachtfest. Wattie brüllt seine Message raus, als ob es kein Ostern mehr gäbe und wird seinem Ruf als egozentrische Punkschlachtfregatte wieder einmal voll und ganz gerecht. Und der Slogan ist einmal mehr: ‚Fuck The System’. 



'Fuck The System'


Mei is des scheeeennnn!!!! – wie ich immer zu sagen pflege, wenn mir etwas besonders gut gefällt. Dabei ist grad die Punk Musik so ziemlich das banalste und am schlichtesten geflochtene Strickmuster überhaupt... Der intellektuelle Anspruch ist gleich Null, die Songs mit einer durchschnittlichen Länge von ca. 2-3 Minuten sind mehr als kurz. Aber pfeif drauf und  sämtliche Irokesen Häuptlinge Bayerns treten sich gegenseitig die Füße zu Brei und werden zu Plattfuss Indianern. Klein Adlerauge hat gebellt und vollführt hier im Publikumsraum einen Manitou-reifen Regentanz, so dass sämtliche Marterpfahl-Qualen zur Nebensächlichkeit degradieren. Beim Punk von the Exploited bleibt keine Tränendrüse ohne Saft trocken, und Wattie treibt den alles zerstörenden Vibe nachhaltig auf die Spitze. Die  allgemeine Stimmung überschlägt sich schäumend in einem multiplen Purzelbaum. Auf gut deutsch: wo Wattie aufgeigt, bleibt kein Grashalm mehr ungeknickt. – Trotzdem kann ich mich des seichten Gefühls nicht erwehren, dass diese Show hier nicht ganz sooooo extrem ist, wie es sonst immer der Fall ist. Ob dieser, allerdings relative Umstand daran liegt, dass es sich nicht um eine normale Tour, sondern lediglich um einen One Night Stand handelt,  der gerade mal etwas mehr als eine Stunde andauert, sei dahin gestellt.  Und so schnell können wir gar nicht gucken, da ist der Zauber auch schon wieder vorbei. Anschließend geht’s backstage noch etwas weiter mit Watties herrlich-schräger Punk-Philosophie, bis der Tross gegen 2 Uhr den Palast wieder verlässt inklusiver meiner selbst in Richtung heimatlicher Bettstatt.
http://www.the-exploited.net/


Fazit dieses Abends meinerseits: Düster-Gothic Rock  meets  wütenden Punkrock. Aber Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Beides hat seine Reize und wenn man ein open Mind für alles und jedes (na ja fast alles) besitzt, so wie ich das pflege,  dann kann man damit auch recht gut leben. Sowohl End Of Green als auch The Exploited waren diesen Besuch wert, wobei meine persönliche Liebe definitiv bei letzterem liegt. Aber daran hat nicht zuletzt Wattie selbst Schuld.  Und mir bleibt nur noch zu sagen (oder zu singen.....) „Junge komm bald wieder, bald wieder zurück.....“
J))))

Für Aftershow Schnappschüsse gibts