Es gibt eine Sache, die ich bei Auftritten dieser Band nicht ganz verstehe. Und das ist der Umstand, dass das werte Publikum, auch Reitermania genannt, sich hierbei einmal mehr einer exklusiven Modenschau in Sachen Nachtschattengewächsen unterworfen hat. Denn sieht man sich im Gegensatz dazu die einzelnen Individuen jener Band an, dann regieren da oben Hochwasser 50er Jahre Hosen, Hosenträger, karierte Holzfäller Hemden und Jeans. Allenfalls der smarte Gentleman am Piano, der dort samt Schaukelthron seine sado-masochistische Wenigkeit präsentiert, kommt dem allgemeinen Dresscode etwas näher. Diese Beobachtung obgleich der illustren Gesellschaft, die sich hier tummelt, und deren Durchschnittsalter sich zwischen, schätzungsweise 20 und 35 Lenzen bewegt, habe ich natürlich schon vor Beginn des Spektakels gemacht. Übrigens sind es derer, ich meine damit jene in großteils noir gewandeten Herrschaften, in etwa 700, die sich in unserem Backstage Fegefeuer tummeln und zum fröhlichen Endzeit Galopp pfeifen. Aber das Dressurreiten hat noch gar nicht begonnen, und wir starten jetzt erst mal beim warm traben, das von den Dänen Malrun geprobt wird. |
Die wiederum geistern seit ca. 5 Jahren durch die europäische Musiklandschaft. In der Zeit sind zwei Eps und zwei Alben entstanden. Obendrein kann man sich mit den Lorbeeren bekleckern, dass man in der Vergangenheit bereits Staind und auch Alter Bridge supportet hat. Der zweite Longplayer ist übrigens eben erst im März erschienen und hört auf den Namen ‚The Empty Frame’. Und der will auf dieser Tour, wenngleich auch wieder nur als Support, ordentlich zugeritten werden. Sagen wir so, die Dänen sind ein noch relativ unbeschriebenes Blatt in unseren Breiten, auch wenn deren Heimat direkt an Germany angrenzt. – Aber das ist sowieso so eine Sache, die mich immer wieder aufs Neue beeindruckt. Wir liegen hier in Europa auf so engem Raum nebeneinander. Und doch ist der Nachbar, gerade auf musikalischem Gebiet meist noch zu mindestens 50 Prozent, wenn nicht noch mehr, unerforscht. Malrun gehören zu jener Gattung, sind aber soeben dabei sich frei zu galoppieren. Sänger Jacob, der wie eine entfernte Kopie von Popsänger Sascha wirkt, weiß sich offensichtlich in Szene zu setzen, sofern und gut das als Opener auf deutlich begrenztem Raum eben möglich ist. Stilistisch reichen die Fühler
von Alternative- über Hard- oder eben nur Rock. Übersetzt heißt das
so viel wie: nichts neues und schon 100 Mal gehört, aber es spaziert
ganz gut ins Ohr und lässt dieses zumindest ansatzweise spitz werden.
Und genau deshalb finden die Dänen denn letztendlich auch etwas Gehör
in der Münchner Reitschule und werden relativ, - und die Betonung liegt
auf ‚relativ’, gut angenommen. |
Auch sie haben gerade eben erst ihr zweites Album ‚Second Hand Wonderland’ auf die Rennbahn gejagt. Einfach erklärt ist ihre Musik eine Art Crossover die per Zweigesang (so was gabs ja auch schon öfters in der Vergangenheit) zum Ausdruck gebracht wird. Wenn sich dann eine Stimme auch noch attraktiv weiblich ausnimmt ist der Fokus vorprogrammiert. Agata heißt der kleine, blonde Wirbelwind, der nach dem Motto: „hab acht, da komme ich“ sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ihr männlicher Gegenpol Stefan, verblasst dabei etwas im Nirvana. Hinzu kommt leider der Umstand, dass die Akustik hierbei nicht richtig abgestimmt ist, und vor allem seine Stimme mitunter im Soundmix ertrinkt. Zum Crossover gesellt sich noch eine leichte osteuropäische Folklore Note, die aber ebenfalls in der allgemeinen Klangwolke untergeht. Schade eigentlich, denn die Ösis sind beileibe nicht uninteressant mit ihrer, fast schon exotischen Mischung, die durch eine, im wahrsten Sinn des Wortes, durchschlagende, zweite Percussion unterstützt wird. Allerdings sprechen sie
definitiv ein jüngeres Fan Klientel an, das sich zu dieser Stilistik
deutlich mehr hingezogen fühlt als zu jener der Reiter. Und Fakt ist
nun mal, dass etwas ältere Publikum ist in der Überzahl. Wobei ich
jenes, nebenbei bemerkt, persönlich
auch noch als eher jugendlich empfinde. Kontrust hinterlassen auf alle Fälle
einen nicht unattraktiven Eindruck, wobei aber auch hier gilt: nix
neues, aber ganz okay. Mal schaun was noch nachkommt. |
Zudem handelt es sich bei dieser Tour um eine Best off... Konzertreise, bei der die Band eine buntgemischte Retrospektive aus 17 Jahren Existenz präsentiert. Ob diese Strategie lediglich verfolgt wird, weil man derzeit kein brandneues Teil vorzustellen hat, oder dieser Streifzug durch die komplette Diskographie eher als Abschluss eines Kapitels anzusehen ist, dem dann selbstredend, ein neues folgen wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Wie schon eingangs betont, hat sich im Prinzip so gut wie gar nichts verändert. Der sonst so verschlossene Chefjockey Fuchs blüht förmlich auf in seiner Rolle als tragender Leithengst, möbelt die Meute innerhalb von Minuten auf und motiviert alles und jeden zum fröhlichen mitgaloppieren. Wobei eine Best of.... Setliste gar nicht so einfach umzusetzen ist im Falle der Reiter, da sich ihr musikalischer Leitfaden während der letzten 17 Jahre etlichen Stilbrüchen unterzogen hat. Das reicht vom Folkrock mit russisch,finnischen bis hin zu arabischen Einflüssen über neue deutsche Härte bis hin zum guttural gesungenen Thrashmetal. Und um diese fassettenreiche Mischung gekonnt miteinander zu verweben, dazu benötigt es ein wenig Fingerspitzengefühl. Keine Sorge, dass kriegen unsere –Dressur-Spezialisten mit Links hin. Das zeigt schon allein die Begeisterungswoge im Publikum, die sich immer wieder neu entfacht, und so gar nicht abebben will. |
Da genügt schon ein Peitschenhieb von Dr.Pest, der links oben teilweise schaukelnd sein Keyboard massakriert und im Wettstreit mit dem Donner-Paukenschlag von Sir G. die Schallwellen zerteilt. Die übliche Werbung für Priorin Haarwuchsmittel übernehmen wie schon das letzte Mal Volkmann am Bass und Ady Vogel, deren Mähnen sich fast schon verselbstständigen im Takt mit dem apokalyptischen Ritt. Fuchs hingegen hält sich an das alte, aber bewährte Strickmuster, zieht die Stage Diver Nummer ab und lasst das übliche Schlauchboot über die Häupter seiner Lieben schippern (Anm.: bekanntlich pflegen auch Rammstein diese Trapeznummer in ihrem Programm) Fehlen darf auch nicht die, beim jungen Publikum, ach so beliebte Wall Of Death, wo sich Fans und Fans gegenseitig die Rübe gegenseitig liebkosen. |
Fuchs wechselt seine
Visualität jeweils passend zum jeweiligen Song und das mehrmals, Ob bei
der Fanfare zur ‚Revolution’ die übliche Fahne geschwungen wird,
oder der Chef bei „Die
Schönheit der Sklaverei“ in Ketten vorgeführt wird. Es tut sich
immer was da oben, und es wird keine Sekunde lang langweilig. Aber wie
schon gesagt: dieser Programmablauf unterscheidet sich kaum vom letzten
Besuch der Reiter, den ich hier in München miterlebt habe. Was soll’s
– die Unterhaltung zählt, und die ist definitiv gegeben. Einziger
kleiner Wermutstropfen, den zumindest ich so empfinde ist die Tatsache,
dass das Image von Bands wie das der Apokalyptischen Reiter stets diesem
leicht rechten Touch unterliegen, auch wenn das mitnichten in deren
Absicht liegt. Aber gut, das lassen wir mal dahin gestellt. Diese Band
hier kommt jedenfalls hervorragend an bei ihren Fans und sichert sich
schon jetzt die Punkte, die ausschlaggebend für die weitere Zukunft der
Truppe ist. Deshalb ale hopp - und
auf geht’s zum nächsten Galopp auf der apokalyptische
Rock’n’Roll Trabrennbahn. http://www.reitermania.de/ |
Weitere visuelle
Eindrücke gibts bei www.metalhammer.de
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