Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte, heißt es jedenfalls immer so schön und klischeehaft....Aber unsere Kollegen von In Extremo scheinen es genau andersrum zu halten, denn  in deren neuem Buch ‚Wir Werden Niemals Knien’ kommen zwar wesentlich mehr als 1000 Aussagen zu Wort, aber kein einziger visueller Eindruck. Und genau das ist einer der wenigen Kritikpunkte, die von Fans und Presse vermehrt hervorgehoben werden. Um es gleich vorneweg zu sagen, ich habe dieses Werk bislang noch nicht gelesen. Ich kenne lediglich diverse Auszüge, darunter auch diejenigen, die der Autor
Wolf-Rüdiger Mühlmann, seines Zeichens u.a. Mitarbeiter der Rock Hard Zeitschrift und Inhaber einer Promo Agentur,  bei unserem heutigen Event höchstpersönlich vorliest.

Von diesem Spontan-Ereignis wussten die Wenigsten, was aber auch gut war. Denn im Gegensatz zu dort wo sich normalerweise  tausende von Mittelalter-Rockfans tummeln, wenn unsere Dudelsack Apostel aufgeigen, sind in unserer Backstage Kemenate gerade mal 50 Besucher eingetrudelt. Und jene haben es sich ziemlich relaxt an kleinen runden Tischen mit einem obligatorischen Bierchen gemütlich gemacht. Der Eintrittspreis für die kleine aber feine, musikalisch unterlegte Lesestunde beläuft sich auf eben mal müde 10 Euro. -  Trotzdem bleibt es bei der intimen Runde hier, und das ist auch gut so. Für In Extremo ist der Abend in München hier, wahrscheinlich ohnehin ein relaxter Inbetweenie  zwischen all den Dutzenden Festival-Auftritten. Aber ob die Aktion  bei den paar Seelen hier tatsächlich die Buchverkäufe zum Andromeda Nebel hochkurbelt, bezweifle ich denn doch. – Aber egal, Hauptsache der Spaß ist gegeben und ist eben mal was anderes inmitten des normalen Tour-Alltags seitens der Band. Und es ist natürlich auch für die karge Fanschar hier unabstreitbar etwas anderes, ihre Helden mal auf Tuchfühlung zu erleben ohne Schnick, Schnack, Kostüme und Feuerzauber, einfach so ganz schlicht auf du und du zum kleinen gemütlichen akustischen Plauderstündchen, und nicht als das übliche Blimborium. Andererseits haben wir es hier auch nicht mit den Rolling Stones zu tun...


Der Verfasser des neuen Wälzers ist sogar extra aus Hamburg angereist und erreicht den Tatort hier gerade eben noch, bevor sich die Himmelsschleusen öffnen und der liebe Gott uns mit literweise Nass tauft, jedenfalls solange wir noch vor der Tür im Freien harren. Und letzteres geschieht auch nur, um das nonstop, unbefriedigte Verlangen einiger Genussspechte nach dem ultimativen Lungen- Orgasmus zu stillen. Für jenen braucht es zwar keine Verhütung, aber der Höhepunkt stellt sich dafür auch nie gänzlich ein, da es schon vorher erneut zu Entzugserscheinungen kommt. Das ist ein Teufelskreis fürwahr, auch wenn man sich als Nichtraucher nicht vorzustellen vermag, wie schwer es ist, mal eine halbe Stunde auf das ungesunde Vergnügen verzichten zu müssen.
Nun, ein akustisches
Odeuvre  ala’ In Extremo muss ich Euch ja nicht weiter beschreiben. Denn das gab es ja in der Vergangenheit schon vielfach, aber dann doch  auch immer wieder ein wenig anders. Dieses Mal läuft es ganz leger ab in blauer Levis-Neuzeit-Beinbekleidung und exotisch-paradoxem Pothead T-Shirt, ergo von Mittelalter Romantik keine Spur, - muss aber auch nicht sein. Halt das stimmt denn doch nicht ganz. Denn meine Hoffnung: heute mal ganz ohne, - äh, ich mein’ natürlich ohne Dudelsack – wird denn leider doch nicht erfüllt. Andererseits gehört die Sackpfeife zu In Extremo wie die Eiswürfel ins Wodkaglas gelle?! Und wer weiß das besser als eben In Extremo :-)
Geschichten-Erzähler Wolf-Rüdiger gesellt sich nach dem anfänglichen, musikalischen Blumenstrauß zu seinem, in diesem Fall, physisch, präsenten Buch-Inhalt auf die Bühne, um uns eine Kostprobe aus den verfassten Anekdoten zu servieren.

Diese entstanden, lt. eigener Aussage dank einer Inspiration aus unzähligen Rendevouz mit den glorreichen Sieben, die sich selbst weniger als Kunstobjekte betrachten, als vielmehr als A.... – sorry Micha, - Deine Selbstdarstellung in Ehren, aber auf eine so niedrige Ebene begeben wir uns denn doch wieder nicht. Denn aufgrund meiner Menschenkenntnis und Deiner eher deftigen Selbstkritik, ist die Glaubhaftigkeit jener, trotz sämtlicher schriftlich festgehaltener Stories, doch eher als sehr relativ zu verstehen. Exakter definiert – man wäre gern etwas was man in Wirklichkeit nicht ist, verhält sich aber so, um dann doch wieder nicht 100%ig ernst genommen zu werden. Capito? – Nein, auch egal, aber ganz so übel seid Ihr dann doch nicht, auch wenn Du das gern so hättest. 


Bedenklicher ist es hingegen, wenn diese, wie oben bereits angeeckt, 273 Seiten starke literarische Lebensphilosophie zwar blumigste Beschreibungen obgleich menschlicher Bedürfnisse, Abgründe und Extrovertiertheiten an- und verkannter Rockmusiker enthält, diese aber lediglich in unseren grauen Zellen eine bildliche Darstellung erhalten. Da stellt sich natürlich die Frage, ob unsere Helden hier zu schüchtern waren für, zum Beispiel eine visuelle Ablichtung von Schwergewicht Adi, seines Zeichens verantwortlich für’s berufliche Gerät, im schicken Stringtanga, der da per Schwanentanz durch eine Lokalität gesteppt sein soll,- um hier nur ein Beispiel zu nennen. -  Dabei sind sämtliche Partizipanten dieses Vereins beileibe nicht unfotogen, sei es anhand schicker Accessoires wie Designer Brillen (gelle Basti) oder einer – fast – Udo Waltz – Frisur ala’ Micha, oder  in der persönlichen Vielfältigkeit was das Gestalten individuell-kreativer Stilleben im Backstage Separee’ angeht. Was für die Malerei Picasso ist, sind unsere Naturtalente hier in Sachen handwerklicher Aftershow – Geschicklichkeit und upside down Square Dance in der Pimonte Freistil Kür. Lediglich Paparazzis sind dabei unerwünscht. Schade eigentlich, und auch das nun vorliegende Buch würde um noch so einiges besser rüber kommen, wenn die diversen Anekdoten entsprechend illustriert wären. –  Aber damit back to the Action.....
Wolf-Rüdiger schenkt uns also, wie gesagt einige amüsante, literarische Kostproben und engagiert dafür zwei Probanten aus dem kleinen, aber feinen Publikum, die sich da als Blutengel Fans entpuppen und sich als Tanzbären versuchen, um seine Beschreibungen zumindest auf diese Art und Weise auch optisch zu unterstreichen. Abgesehen davon sollte unser Storyteller hier eventuell doch mal über etwas Dramaturgie -Unterricht in Sachen artgerechter oraler Betonung nachdenken, damit seine literarischen Vorträge zukünftig auch einige feingeschliffene Ecken und Kanten erhalten. Das ist wie beim Sex, der ohne erotische Anziehungskraft eher an eine selbstauferlegte Pflichtübung erinnert ohne jegliche Orgasmus-Garantie. Aber gut, hier sitzt ja kein Herr
Reich-Ranicki in der Jury, und die wenigen Glücklichen, die das Vergnügen genießen, dem Event hier beizuwohnen, sind schon allein dank der Tatsache happy, dass ihre Idole da oben thronen und sich mit ihnen beschäftigen.


Wolf-Rüdiger liest weiter und einige weise Kommentare werden hinzugefügt. Lediglich dem Angebot von Micha &  den Verweigerern in Sachen knieender Leibesübungen,  etwaige Fragen der werten Zuhörerschaft beantworten zu wollen, wird nur träge nachgekommen. Dabei stellt sich die Frage, ob das eher an der scheuen Geziertheit der treuen Anhänger liegt oder vielmehr an der Tatsache, dass es (noch) nichts gibt, was unklar oder wissenswert ist, da der neue Wälzer erst noch gelesen werden muss, wie zum Beispiel von meiner selbst.
Die Lesung ist beendet, Wolf-Rüdiger macht wieder Platz da oben und die sieben Geißl... äh Helden unserer Dudelsack Zunft hängen noch ein weiteres musikalisches Ständchen dran.


(mit freundlicher Genehmigung des Buch-Autoren)


Ca. 60 Minuten dauert der, dann doch recht unterhaltsame Zauber insgesamt, mittels dem versucht wurde, uns das (un)gesittete Dasein einer extrovertierten Party Combo näher zu bringen, deren selbst-auferlegtes Image denn doch mit hoher Wahrscheinlichkeit nur teilweise der Realität entspricht. Abgesehen davon ist es definitiv ein Fehler, das komplette Publikum hinterher nach Backstage zu bitten für einen gemeinsamen Umtrunk, denn die, nunmehr eingelegte, ebenfalls neue DVD, wird draußen im Club mit verschmähter Ignoranz bestraft. Kein Wunder, so sind die realen Individuen zum anfassen denn doch um einiges interessanter als ‚nur’ die visuelle Darstellung die da per Beamer auf die Leinwand gepfeffert wird. Klar doch, denn wann kriegt man die Herrschaften schon mal so intim in kleinem Kreis zum Tete’ a Tete’ serviert. Auf alle Fälle ist durch dieses kleine Stell-Dich-Ein heute Abend der Zeiger auf der allgemeinen Beliebtheitsskala mit Sicherheit um so einige Kilometer nach oben gekrabbelt. Allerdings gilt das Gleiche auch für die Verdruss-Messlatte und zwar für diejenigen, die erst hinterher von dem Ereignis erfahren, und jenes folglich schlicht und ergreifend verpasst haben. Wie auch immer, auf alle Fälle hat der Abend für einiges an Erkenntnis gesorgt, sei es die Anleitung für isometrisch-geistige Standhaftigkeit ohne in die Knie zu gehen, oder obgleich der Tatsache, dass man sich diese nur geistig aber keinesfalls visuell einverleiben kann. Ästhetik, sowohl in psychoanalytischer Reizwäsche als auch in der optischen Darstellung wird absolut nicht geschätzt, auch nicht bei Vollmond. Und obwohl das Buch sämtliche Rebellionen gegen konventionelle Normen, Aufstände gegen gesellschaftliche und vor allem politische Zwänge inklusiver verrückter Rocker -Lausbuben Streiche beschreibt, so will man diese zwar blumig erzählt wissen, aber keinesfalls, um mich zu wiederholen, im Bild festgehalten haben. So wie eben zum Beispiel jene Kreation eines feucht-fröhlichen Stillebens im gar nicht so stillen Kämmerlein irgendwann zu später Stunde. Aber letzteres bleibt selbstredend ganz unter uns - Ehrensache!
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