Nur noch drei Jahre, dann ist unser ewiger Rebell Yell satte 60 Jahre jung. Kaum zu glauben anhand der appetitlich, ansprechenden Tatsachen, die da vor allem aus einem, fast schon bildhauerisch, perfekten Waschbrettbauch bestehen. Und den zeigt er auch im Verlaufe einer Show ausgiebig her. Sorry, aber der weibliche Anteil im Publikum schaut nun mal auch auf die Optik. Und die ist in dem Fall sehr ansprechend, zumindest vom Gesamteindruck her. Sieht man sich Billy Idol aber von Nahem, bzw. durch die Zoom Linse der Kamera etwas näher an, dann lassen sich denn doch gewisse Spuren des schleichenden Alterungsprozess nicht verleugnen. Aber gut, letzteres ist wie gesagt, nur durch die Lupe erkennbar und spielt auch weiter keine große Rolle. Trotzdem gleicht seine derzeitige Fitness der eines Zwanzigjährigen, und er kann dem lieben Gott dankbar dafür sein, denn das war nicht immer so. Im Gegenteil, in den Achtziger Jahren war Billy, dank seiner Heroinsucht, mehrere Male nahe dran den Löffel abzugeben. Und seine Karriere war auf dem Nullpunkt angelangt. Aber im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen, hat er denn doch irgendwann die Kurve gekriegt und zwar genauer definiert war das 2005 mit dem Album ‚Devil’s Playground’. Auftritte beim Rock am Ring und Rock im Park folgten. Steven Stevens war ebenfalls wieder zu ihm zurückgekehrt.  Und heute ist er wieder da, wenngleich auch nur in unseren europäischen Breiten.


Durchschnittlich erfreut uns Billy Idol nunmehr so alle drei bis vier Jahre mit seiner Anwesenheit. Und die Show ist... wie soll ich es am besten beschreiben? – im Prinzip immer die Gleiche. Sie besteht zur Hälfte aus alten Generation X Klassikern und einem Best of.... seiner größten Solohits. Wobei letztere anfangs nur sporadisch dazwischen gestreut sind, um dann zum Finale hin als geballte Ladung in eine Art Triumph -Feuerwerk zu explodieren. Spätestens da sind alle, auch diejenigen, deren Gesichter während des ersten Teils der Show etwas konstatiert dreingeschaut haben, glücklich und zufrieden. Und die, anfangs bereuten, astronomischen 54,-- fürs Ticket sind letztendlich doch noch gefühlstechnisch gut investiert gewesen. Auch in der Band von Mr. Idol hat sich seit dem letzten Einstand im Jahr 2008 wenig verändert. Gitarrist Steve Stevens ist nach wie vor dabei. Und phasenweise fragt man sich während unserer Show hier tatsächlich, wer eigentlich der wirkliche Star des Abend ist, dem jubelnden Zuspruch zufolge, den der 1.60 Meter kleine Saiten-Zauberer immer wieder zwischendurch kassiert.


Der Rest der Gang besteht aus Billy Morrison, ebenfalls an der Gitarre, Neuzugang Jeremy Colson am Schlagzeug, der für Brian Tichy gekommen ist, Bassist Stephan McGrath und Keyboarder Derek Sherinan. Letzterer ist ebenfalls kein unbeschriebenes Blatt, dank seiner Mitarbeit bei zahlreichen anderen Künstlern und seiner Solokarriere, die bislang sieben Longplayer an Land gezogen hat. Auch er ist jetzt schon einige Jahre fester Bestandteil in Billy Idols Band.


Ausverkauft ist der Laden... äh pardon, das Zelt hier auf dem Tollwood Areal zwar nicht. Aber es dürften denn doch so um geschätzte  3.500 – 4.000 Besucher aller Altersklassen  sein, die einmal mehr eine große Party feiern zu Songs wie vor allem ‚Dancing With Myself’, ‚Flesh For Fantasy’, ‚Eyes Without A Face’ oder ‚LA Woman’, dessen Arrangement er übrigens im Gegensatz zu früher, nunmehr leicht verändert hat. -

Auf großartige Showeffekte wird verzichtet, außer den, fast schon etwas zu grellen Scheinwerfern, die andererseits für ein Aha - Erlebnis sorgen, das hauptsächlich auf seine Person bezogen ist. Seine Kleidung wechselt der ewig jugendlich, wirkende  Engländer mindestens zehn Mal während der zweistündigen Schose, bis er es zum Schluss hin, satt hat und ganz darauf verzichtet, nun, zumindest was seinen Upper-Body betrifft. Die Trumpf-Asse hat er sich  aber, wie schon vorhin angedeutet, bis zum Schluss aufgehoben, wo seine Parade-Hymne ‚Rebell Yell’ in der extended Version das offizielle Set beendet. Den Applaus als frenetisch zu bezeichnen, ist noch relativ harmlos beschrieben und putscht ihn selbst ebenfalls in höhere Sphären, welche sich wiederum in der überlangen Zugabe auswirkt. Und die heißt ‚White Wedding’ und sein ‚Mony Mony’ das von Tommy James & the Shondells aus dem Jahr 1968 adaptiert ist. Allerdings hat Billy dem Golden Oldie eine so eigenwillige Note verpasst anno 1981, dass man fast denken könnte, der Track wäre ein Original von ihm selbst. –


Aufmerksame Fans haben heute Abend vielleicht ein ‚Cradle Of Love’  und  ein ‚Hot In the City’ vermisst. Aber ehrlich gestanden, bei der Palette von Idol - Meilensteinen, geht der eine oder andere, an diesem Abend nicht gespielte, Klassiker, kaum ab. Es tut zudem gut zu sehen, dass sich in der werten Zuhörerschaft nicht nur Fans der damaligen Rebell Yell Generation befinden, sondern auch junge Zuhörer, solche, die zum Teil noch gar nicht geboren waren, als dieser Song 1984 ein Riesenhit war. – Und Billys Alterego wird mit Sicherheit durch die wenigen Europa Termine wahrscheinlich wieder ordentlich einbalsamiert. Denn hier feiert man ihn noch, hier ist er nach wie vor gefragt, was woanders leider nicht mehr soooooo der Fall ist, um es vornehm auszudrücken. Und dieser Umstand will ausgenützt sein. Ob er jemals ein neues Album macht, steht in den Sternen geschrieben. Der letzte Longplayer stammt aus dem Jahr 2008, hieß:
The Very Best of Billy Idol: Idolize Yourself’ und war auch nichts wirklich Neues. Andererseits gehört er zu jenen Künstlern, die im Grunde genommen nichts mehr Neues zu kreieren brauchen, denn Billy lebt nun mal von seinen damaligen Gassenhauern. Was anderes wollen die Leute ohnehin nicht hören. Also was soll’s. Er nützt auf alle Fälle seine wiedergewonnene Konstitution und seine, immer noch jugendlich-wirkende Fitness aus, um rauszuholen was  geht, - und das eben, solange es eben noch irgendwie geht....


Und zum guten Schluss gibt es hier und heute Abend einmal mehr, ebenfalls absolut nichts zu meckern. Die Show war wie immer  ein bombastisches Spektakel, einiger exzellenter Musiker, perfekt inszeniert und zur Pose gestellt mit einer, großteils fabrizierten Mitgröhl-Hitparade die zum mittanzen eingeladen hat, und deren Wiedererkennungswert gleich 150 Prozent ist. Was will das Herz von Otto Normal-Kommerz-Musik-Konsument mehr, um einen wirklich schönen Abend zu verleben mit spritzig - intensivem Unterhaltungswert.... eben eine Billy Idol Show...
Und in drei bis vier Jahren sehen wir uns wieder...
http://billyidol.net/