Wisst Ihr was das größte Talent eines erfolgreichen Lebens darstellt? Das ist, zu wissen, wann es Zeit ist, aufzuhören. Nur leider erkennen das die Wenigsten. Vor allem im Showbusiness gibt es unzählige, einstmals großartige Künstler, die aber im Laufe der Jahre, zum Teil aus physischen, oft selbstverschuldeten Gründen, stark abgebaut haben. Aber sie können bzw. wollen einfach nicht loslassen und versuchen mit Gewalt nach wie vor ihrem Status gerecht zu werden. Einige von ihnen müssen es sogar aus finanziellen Gründen.  Und manchen dieser Künstler gelingt das auch, anderen aber leider nicht mehr. Unsere Drum Legende Ginger Baker gehört zu jener Gattung, die sich in ihrem ereignisreichen Leben langsam aber kontinuierlich körperlich, dank extensivem Suchtmittel Genusses  kaputt gemacht haben. Mr.Baker hat zwar das unwahrscheinliche Glück gehabt, diese Exzesse zu überleben, aber sie haben deutliche Spuren hinterlassen. Und heute ist er mit 73 Jahren nur noch ein Schatten seiner selbst, obwohl er paradoxerweise andererseits gesünder aussieht als zu seinen Hoch-Zeiten, die mehr als bewegt und vor allem abwechslungsreich waren. Dem allgemeinen Kenner der Classic Rock Generation muss ich dazu nicht mehr viel sagen. Ginger Baker startete Anfang der Sechziger mit er Graham Bond Organization durch, es folgte der Meilenstein Cream, den es genauso wie die darauffolgenden Blind Faith und Ginger Baker’s Airforce nur einen Augenaufschlag lang gab. Trotzdem schrieb er gerade mit Cream Music History. Viele andere Projekte folgten, von der Baker Gurvitz Army bis zu Ginger Baker and Friends oder dem Ginger Baker Trio. Vor allem sah sich Baker nie im Rock zu Hause, sondern vielmehr im Jazz. Und so meinte er auch im Interview im vergangenen Jahr in Salzburg, als er dort mit Bassist Jonas Helborg auftrat, dass Cream nie eine Rockband gewesen wären, sondern eine Fusion Combo. Nun, ich denke mal, das ist Ansichtssache. In den Annalen werden Cream aber eindeutig dem Classic Rock zugeordnet. -


Jetzt ist Mr.Baker wieder hier in Europa unterwegs, diesmal mit seiner Jazz Confusion Combo. Und jener gilt unsere Aufmerksamkeit hier in München im urigen Nightclub des Hotels Bayerischer Hof am Promenaden Platz.
Ursprünglich war von meiner Seite aus gar nicht geplant, diesem Event beizuwohnen, da ein anderweitiger Fotocall anstand. Aber dank widriger Umstände (Verkehrschaos)  bin ich nie bei jenem angekommen. Also habe ich mich kurzfristig entschlossen, mir einmal mehr Ginger Baker live on Stage anzusehen und das auch noch frei und franko.... Ich bin zwar nur hin und wieder in diesem Club, aber so voll wie heute habe ich ihn seit Joe Zawinul vor einigen Jahren, nicht mehr erlebt. Daran ist zu erkennen, wie sehr, allein der Name noch zieht. -


Ginger Baker’s Jazz Confusion besteht außer ihm selbst noch aus Saxophonist Pee Wee Ellis, der einstmals in der Van Morrison Band tätig war und mit Maceo Parker und James Brown spielte, dann dem britischen Bassisten Alec Dankworth, und dem Percussionisten Abass Dodoo, den Baker selbst in seiner jetzigen Wahlheimat Afrika entdeckt hatte. Und das sind allesamt hervorragende Musiker. Aber, und damit kommen wir wieder zum Ausgangspunkt dieses Berichtes hier, liegt das Problem bei Baker selbst, der, um es mal ganz grob auszudrücken, schlicht und ergreifend nicht mehr kann. Das erste Set der Performance hat gerade mal eine Länge von 35 Minuten, und Bakers Schlagzeug Künste erinnern eher an ein laues Mailüftchen statt an einen Orkan so wie einst. Seine Ansagen zwischen den Stücken hören sich an wie aus der Gruft bzw. dem Jenseits. Und so mancher tut sich merklich schwer, zu verstehen, was der Meistro da überhaupt von sich gibt. Schade, denn die Musik ansich gefällt mir außerordentlich gut. Das Konzert beginnt mit Wayne Shorters ‚Footprints’, einer, fast schon, - Standard Nummer. Sehr clever ist Monks ‚Bemsha Swing’ arrangiert worden, wobei mir das anschließende ‚Ginger Spice’ eine Spur zu zusammengefasst ist. Etwas extensiver hätte es schon sein können. Aber auch das hat wahrscheinlich mit der persönlichen Konstitution von Baker selbst, zu tun.




Das zweite Set startet durch mit Charlie Hadens ‚Ginger Blues’. Dies sollte eine Widmung an den späten britschen Bluespionier sein. Und es endet mit dem Calypso inspirierten ‚St.Thomas’. Auch dieser zweite Teil dauert nicht länger als knapp über eine halbe Stunde. Baker kommt anschließend noch einmal zurück für eine Zugabe. Aber es ist ihm bereits während der Show anzusehen, wie sehr ihn das Ganze inzwischen anstrengt.

Das Publikum bejubelt ihn trotzdem, denn er ist ja Ginger Baker – die Schlagzeug Legende, die just in diesem Augenblick da oben steht, bzw. sitzt und versucht den Ruf irgendwie aufrecht zu erhalten – im wahrsten Sinn des Wortes, wie sich etwas später nach dem Konzert noch zeigen sollte. Nur funktioniert das halt einfach nicht mehr so wie anno dazumal. Und er weiß das auch, indem er irgendwann, ebenfalls nach dieser Show, zu Bedenken gibt: „I’m just a grumpy old Man, no more“. – Tja, und gewisser Weise hat er damit sogar recht.
Aber insgesamt betrachtet ist dieser Auftritt von Ginger Baker’s Jazz Confusion allemal eine Erfahrung wert, wenngleich auch eine mit sehr gemischten Gefühlen.
http://www.gingerbaker.com/