Dieses variable Band Projekt  wurde, wie ja bekannt ist, von Gitarrist Steve Vai ins Leben gerufen. Und zwar hob er es anno 1996 aus der Taufe. Dessen erstes Line up beinhaltete außer Vai selbst, noch seinen Mentor Joe Satriani, Eric Johnson und Kenny Wayne Shepard. Und gleich beim ersten Mal war dieses Unternehmen von so einem immensen Erfolg gekrönt, dass die Antwort darauf geradezu nach einer Fortsetzung brüllte. Und das tat es denn auch. Ein Jahr später, also 1997, tourte das selbe Line up wieder. Lediglich Eric Johnson wurde durch Robert Fripp (King Crimson) ersetzt. 1998 fehlte Steve Vai aufgrund anderweitiger Verpflichtungen, und Satriani tourte mit Michael Schenker und Uli Jon Roth als G3. Über die weiteren Jahre verteilt, nahmen unter anderem auch Yngwie Malmsteen und John Petrucci von Dream Theater an dem Tour Trek teil. Nach 2003 gab es dann aber eine größere Pause bis jetzt, wo Steve Vai sein Baby wieder aufleben ließ. Bei diesem zweiten Abschnitt der neuen G3 Konzertreise wirkt neben Vai und Satriani noch Steve Morse mit. Später dann im dritten Teil wird dieser aus Termin Gründen durch John Petrucci  ersetzt werden. Den ersten Teil hat übrigens Steve Lukather anstelle von Morse bestritten.

Aber wir sind jetzt hier am 23.07. in der ausverkauften Münchner Tonhalle, wo um Punkt 20 Uhr  Steve Morse ein ca. 50minütiges Set eröffnet.


Und schnell wird klar, dass der, inzwischen 58jährige Morse zu seinen beiden Kollegen hier, nicht unterschiedlicher sein könnte, was die musikalische Stilistik betrifft. Während Steve Vai und Joe Satrini mehr oder weniger eine straighte Greatest Hits Linie einschlagen, wählt der Deep Purple und Dixie Dregs Gitarrist eher nicht so bekannte, experimentelle Stücke aus seinem Backkatalog, die Rock,- Jazz,- Blues und Country inspiriert sind. Ihm zur Seite steht übrigens Bassist Dave Larue, der u.a. auch den Dixie Dregs angehört und verleiht dem Gitarrenspiel von Morse den perfekten Unterton und Drive. Allerdings hat die Musik den Nachteil, dass sie sich nicht straight im Gehörgang verläuft, sondern es einer gewissen Gewöhnung bedarf für Egon-Normalverbraucher, um Gefallen an den ungeläufigen Melodien zu finden. Steve Morse ist ein Techniker und anders als sein Purple Vorgänger Richie Blackmore, mehr oder weniger neo-modern. Und das wiederum ist nicht jedermanns Sache, vor allem nicht die der alten Die Hard Deep Purple Fans. Denn jenen fehlt bei Morse eindeutig die Emotion in dessen Performance. Hinzu kommt noch, dass er, im Gegensatz zu Steve Vai, nicht unbedingt der geborene Showman ist und sich, voll entfaltend in seinem Spiel, eher in Zurückhaltung übt. Neben den etlichen Solo- und Dixie Dregs Nummern gibt es zum Ende seines Parts noch eine Hommage an seinen ehemaligen Purple Kollegen Jon Lord, der vor kurzem verstorben war. Wenngleich diese Einlage gut einfährt beim Publikum, so werden die meisten hier, trotzdem von eher gemischten Gefühlen ergriffen und sind sich nicht hundertprozentig sicher, ob sie das Gastspiel von Morse jetzt für gelungen befinden, oder eher für eine Fehlbesetzung.


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ritchie955


Übrigens im September können wir Steve schon wieder live on Stage in Deutschland bewundern, diesmal mit dem neuen Band Projekt Flying Colors, dem auch Bruder Neal Morse und Drummer Mike Portnoy angehört. Und noch später im Herbst gibt’s dann ohnehin die neue Deep Purple Tour. www.stevemorse.com

Der Vergleich zu Steve Morse wird nach einer kleinen Pause umgehend geliefert mit einem energiegeladenen Wirbelwind namens Steve Vai, der da über die Bühne fegt und gleich mit seinem Klassiker ‚the Audiance is Listening’ vom Album ‚Passion And Warfare’ von 1990, los legt.


Kein Song verkörpert die, ach so berühmte sprechende Vai Gitarre besser, als dieser, und er geht vor allem sofort in die Lauscher und bleibt dort auch stecken. – Vai ist ein Selfmade Musiker in jeder Beziehung. Er schreibt seine Songs, er produziert sie selbst, der vermarktet sie selbst und das auch noch auf dem hauseigenen Label Favored Nations. Bevor er seine überaus erfolgreiche Solokarriere startete, war er jahrelang der 6 Saitenmann von Frank Zappa. Und allgemein heißt es ja: wer mit Zappa gespielt hat, der kann sich in der Tat etwas einbilden. Eine weitere Station hieß Alcatrazz und natürlich David Lee Roth. – Nun, Vai bildet sich nichts ein und ruht sich auch nicht auf seinen Lorbeeren aus. Der zweifache Vater und strenge Veganer, dessen größtes Hobby das der Imkerei ist neben der Musik, ist ständig in Bewegung, genauso wie just in diesem Moment da oben auf dem Altar der Tonhalle. Die Setliste zeigt zwar nur sieben Songs, aber die haben es wahrlich insich und rocken auf gut Deutsch wie’d Sau beim Gokart fahren. Und dazu braucht es auch keine langen Haare mehr, muss er sich gedacht haben. Wir werden schließlich alle älter, wobei das bei ihm lediglich bei der Optik der Fall zu sein scheint.


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ritchie955


Denn seinen Showabschnitt bewältigt er mit der Kondition eines Hochleistungssportler. Vai ist ein wahrer Meister der Improvisation und selbst sagte er einmal: „ich muss immer das Gefühlt haben, dass ich die ganze Welt umarmen könnte, dann läuft alles wie von selbst, und ich muss kaum noch etwas dazu fügen.“ Und wenn sich dann dieses Feeling auch auf die Zuhörer überträgt, dann löst das einen Stromstoss an Energie und Enthusiasmus aus, so wie gerade hier. Langer Rede kurzer Sinn: die Bude steht Kopf.
Übrigens erscheint am 12.August sein neues Soloalbum ‚The Story Of Light’, selbstredend auch wieder höchstpersönlich geschrieben, aufgenommen, produziert und veröffentlicht. Und damit kommt der, inzwischen 52jährige Amerikaner im Spätherbst noch einmal allein auf Europa Tour. Die genauen Termine und weitere Infos sind seiner Website zu entnehmen
www.vai.com

Einer fehlt noch, und nach einer erneuten Pause betritt Joe Satriani die Bildfläche und beginnt mit ‚Flying On A Blue Dream’ die dritte Stunde dieses Abends.


Dieser sehr persönliche Song stammt vom gleichnamigen noch persönlicheren Album von 1989. Persönlich deshalb, weil während dessen Aufnahmearbeiten Satrianis Vater verstorben war. Satte vierzehn Mal ist Satriani im Verlaufe seiner Karriere schon für den Grammy nominiert worden. Aber er hat ihn bis heute noch nie erhalten. Trotzdem sind seine Verdienste hoch und sein Input bei anderen Gitarristen prägend, wie zum bei Beispiel Steve Vai, dessen Lehrer er einst war. Satch, wie ihn seine Freunde und Bekannte nennen, improvisiert nicht so extensiv, wie es zuvor sein einstiger Schüler gehandhabt hatte, aber ihm liegt auch der Fusion von Morse eher fern. Im Gegenteil er setzt auf eine klare Linie und lässt uns beim Satch Boogie fast das Tanzbein schwingen. Trotzdem ist seine Musik alles andere als easy zu spielen und von leichter Muse also keine Spur. Genauer betrachtet ist die filigrane Fingerfertigkeit  von Satriani wahrscheinlich die schwierigste von allen heute Abend. Insgesamt sind es acht Meisterstücke die er uns hier mit dieser augenscheinlichen, aber trügerischen Leichtigkeit offeriert. Der Einsatz von künstlichen Obertönen, für die er so berühmt ist, hält sich heute Abend in Grenzen. Nur ab und zu bedient er sich jener Technik, die vom  Plektrum und dem Daumen erzeugt wird. Charakteristisch für sein Spiel sind sowohl seine sehr gesanglichen Melodielinien als auch seine Solopassagen, die oft durch sein schnelles, flüssiges Legatospiel gekennzeichnet sind, sowie der virtuose Einsatz von Tapping. Sein Tonmaterial bezieht er aus verschiedenen Skalen, wobei hier die von ihm am meisten gebrauchten, die lydische und die mixolydische sowie die Bluestonleiter sind. So, genug der Fachbegriffe, die ohnehin nur ein Fachmann versteht. Joe Satriani kann auch ganz anders, wie er mit seinem zweiten Standbein ‚Chickenfoot’ beweist, nämlich einfach nur soliden, gesunden Hardrock zu spielen, nicht mehr und nicht weniger. Satch beendet sein Set mit seinem wohl größten Solo-Gassenhauer ‚Surfin With The Alien’, und der hat immerhin inzwischen ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel.


Das geht runter wie Honig und im Endeffekt sind sich der Großteil der ca. 2.000 Fans hier einig: Satriani ist und bleibt der Beste von diesem Trio, bzw. er kommt am besten an. Er bedienst sich weder postmoderner Frickelei ala’ Morse, noch verdingt er sich als aufgescheuchtes Suppenhuhn ala’ Vai. Er ist einfach nur er selber, brilliert durch eine angeborene Natürlichkeit und einer Technik, deren hoher Schwierigkeitsgrad unter dem Schein der Leichtigkeit des Seins verborgen ist. Das alles kommt zudem unheimlich sympathisch rüber und der Funkenregen von Morse und Vai hat sich bei Satch in eine Sturzflut verwandelt. Und nach dem Motto: jedem das was er verdient, gebührt Little Joe demzufolge auch die größte Ehre und Bewunderung.
www.satriani.com

Inklusive der Pausen sind inzwischen mehr als drei Stunden vergangen, auch wenn dies nicht so scheint. Lediglich die Enge hier drinnen und die dadurch entstandene Hitze, schlägt sich ein wenig auf die allgemeine Konstitution der Menge.


Aber ein Finale brauchts natürlich auch noch, eines wo alle drei Ausnahme Gitarreros sich ein Da Capo geben, und das in Form ‚You Really Got Me’ im Original von den Kinks und gesungen von Steve Vai, gefolgt von Creams ‚White Room’ bei dem der Gesang redlich geteilt wird. Und last but not least gibt’s noch den treffenden Neil Young Klassiker ‚Living In A Free World’ das ebenfalls von mehreren Stimmen interpretiert wird, selbstredend in der extended Version.


Und so findet dieser sehr interessante, aber auch unheimlich anstrengende Abend mit seiner über vier Stunden Länge, einen krönenden Abschluss. Und letztendliches Resümee’ ist die Tatsache, dass uns hier drei hervorragende Musiker ihre Künste gezeigt haben, etliche Möchte-Gern Fachleute im Publikum sich hinterher in endlose Fachsimpelei verstricken, wer denn nun was besser oder schlechter gemacht hat, und dass ich dank der hervorragenden Lichtverhältnisse auf der Bühne im Feuereifer einen neuen Rekord mit mehr als 1.100 visuellen Eindrücken  auf meiner Speicherkarte, aufgestellt habe. Scheeen wars, und auch als Nichtfachmann – bzw. Frau würde ich mir  ein Spektakel dieser Art jederzeit wieder reinziehen und kann ein solches nur wärmstens weiter empfehlen. 

Einige Aftershow Schnappschüsse sind im Diary zu finden.