Eieiei, kaum zu glauben, aber diese Band gibt es jetzt tatsächlich auch schon ein Vierteljahrhundert lang. Aber es kommt einem nicht so lange vor, wahrscheinlich deshalb, weil es eine relativ lange Unterbrechung gab, die sich von Mitte der Neunziger Jahre bis vor kurzem in die Länge gezogen hatte. Offiziell aufgelöst hatte sich die Band allerdings nie. Wobei man umgehend feststellen muss, dass diese Rockcombo vor allem Kory Clarke war und immer noch nach wie vor ist. Und Kory ist ein sehr eigenwilliger Charakter, der sich mit seinem exzentrischen Timbre eine äußerst individuelle Aura geschaffen hat. Er war der politische Rebell, der James Dean des Rock’n’Rolls. Gott sei Dank hatte er nie ein Faible für schnelle Rennautos, sonst würde er dank seiner Impulsivität vielleicht jetzt auch schon die Radieschen von unten anschauen. Tut er aber Gott sei Dank nicht, sondern er erfreut sich nach wie vor bester Gesundheit, mal abgesehen von seinen Stimmbändern, mit denen er offensichtlich über ein Rollsplitfeld Schlittschuh gelaufen ist in der Zwischenzeit. Aber dazu kommen wir später noch. Tatsache ist, nachdem sich Kory mit zig anderen Band Projekten  die Zeit vertrieb und auch als Frontmann der Doom-Metal Kapelle Trouble fungierte, hat er sich 2009 wieder an sein eigentliches Baby erinnert und es aus der, bereits angeschimmelten Rock’n’Roll Kita heraus geholt. Das Resultat war ‚Destroy The Warmachine’ ein Album, das eigentlich den Titel ‚Chinese Democracy’ tragen sollte. Allerdings hat ein gleichnamiges Werk einer anderen Band, diesen Plan vereitelt. Und gerade eben erst erschien ‚Stiff Middle Finger’, das er nach dem Motto: back to the roots – mal eben aus dem Kartoffelacker gestampft hat.
Grund genug eine Europa Tour zu unternehmen, und da Kory ja irgendwie auch Berlin als sein Zu Hause nennt, ist das keine überwindbare Hürde, die da zu bewältigen ist. Das eigentliche Problem liegt eher im, fast nicht mehr vorhandenen Bekanntheitsgrad der Truppe. Zu lange waren sie weg vom Fenster, zu lange im Tiefschlaf  versunken. Und das Leben ging ohne sie weiter. Das soll sich jetzt ändern mit neuem Wind in den Segeln. Und here they are again.... – heute Abend in München im Backstage Club. Ihr Glück ist, dass das Konzert von Testament, das gleichzeitig gegenüber im großen Werk stattfinden hätte sollen,  abgesagt wurde. Ihr Pech ist, es ist ein Wochentag, wo es am nächsten Morgen früh aufstehen heißt, und dank der ungemütlichen Wetterlage, bleibt so mancher Headbanger momentan ebenfalls lieber hinterm Ofen daheim – gemütlich im Warmen, als sich hier her zu bewegen. Last but not least: alle  U 30 jährigen fragen sowieso erstmal: wer ist denn das überhaupt?! Das Ergebnis rechnet sich in mageren 50 Gästen im Club, bestehend aus Insidern, Oldies wie mir, die die Band noch von damals kennen und neugierige Zaungäste, die nur dem hören-sagen her gekommen sind.

Den Anfang macht Black Blitz aus München, die eigentlich nur eingesprungen sind als Notlösung für einen abgesprungenen Act.


Dass sie trotzdem eine gute Wahl sind, wird schnell klar, denn sie sind in der Tat gar nicht mal so übel. Es ist vor allem Sänger/Gitarrist Thomas Bauer, der hier seine wirklich beachtlichen Qualitäten unter Beweis stellt. Respekt! Wer hätte das gedacht, dass es noch solche versteckte Perlen in München und Umgebung gibt. Die drei Jungs, wobei hierbei noch Bassist Christian Reiter und Schlagzeuger Thomas Pribbenow erwähnt sei, schenken sich nichts. Und obwohl auch hierbei vorerst wieder einmal eitel Vorurteile beim Publikum herrschen, - weil’s halt eine boarische Band is’ – schwenkt sich der Pegel alsbald ins Gegenteil um. Ergo: die anwesenden Fans nehmen Black Blitz sogar ziemlich wohlwollend auf.

Präsentiert werden Stücke aus der Debüt CD ‚Born To Rock’ und die klingen so, wie das Album heißt. – Auf alle Fälle sollte man sich diese heimische Truppe im Hinterkopf notieren.  Bei Interesse kann man sich gern am 16.12. im 8 Below noch mal von ihren Talenten überzeugen oder am 29.12. wenn Black Blitz Eisbrecher im Zenith supporten, oder aber im nächsten Jahr bei verschiedenen Gelegenheiten. Alle Infos und Termine gibt’s unter:
http://blackblitz.de/

Die nächste Vorspeise kommt von Ac-Angry, vormals Tale Tellers.


Wie der neue Name zustande kam, kann man sich im Prinzip an fünf Fingern zusammen zählen. AC/DC meets Rose Tattoo. Das Resultat ist solider Achtziger Jahre Hardrock bis Metal, trocken und straight between the Eyes, wie man so schön sagt. Es ist nichts neues und auch nichts innovatives, aber die Band müht sich redlich ab, ihrem Ruf gerecht zu werden. In der Vergangenheit hatten sie bereits das Vergnügen Bands wie Black Label Society und Uriah Heep, Grave Digger und andere zu supporten. Und somit ist vielleicht einigen unter Euch der Name auch irgendwie im Kleinhirn hängen geblieben. Ein Manko erleiden AC-Angry hier heute Abend allerdings. Und das ist der Umstand, dass die Instrumente so laut eingestellt sind, dass die Stimme großteils untergeht. Dies kann man der Band selbst nicht anlasten, wohl aber dem Toningenieur.


Wie auch immer.... auf alle Fälle hinterlässt die Band dadurch bedingt, nur einen gemischten Eindruck. Und etliche Besucher statuieren hinterher, dass ihnen der Opener besser gefallen hätte, als der Zweitling.  Ich für meinen Teil denke, man sollte ihnen eine nächste Chance geben, wenn sie wieder mal einfallen. Warum auch nicht, jeder hat mal einen guten oder schlechten Tag, selbst Ton-Techniker. Und unter anderen Umständen, sieht die Sache vielleicht wieder ganz anders aus... who knows....
http://www.acangry.com/

Und was anschließend kommt, muss man wirklich gesehen, bzw. gehört haben, damit man es überhaupt glaubt.


Bereits beim kleinen Small Talk vor dieser Show mit Kory Clarke war mein erster Gedanke: ‚wie bringt diese Stimme auch nur noch einen einzigen gesungenen Ton heraus?!  Denn jene ist so was von kaputter als kaputt, dass sogar die sieben Raben der Gebrüder Grimm dagegen noch wie Jose Carreras, Pavarotti und Placido Domingo jubilieren. Oder Lemmy von Motörhead, der sich, verglichen mit Kory, wie eine Nachtigal auf Brautschau ausnimmt. Und nein, das ist nicht übertrieben! Halleluja, da hört man wirklich die Englein jubilieren bzw. die Krähe krächzen. Anders kann man’s nicht beschreiben. Und so sehr ich mir auch den kopf zerbreche und versuche mich an damals zu erinnern, aber der gute Mann hatte mal eine sehr gute Stimme. Aber diese Warrior Soul sind mit denen die ich 1990 im Londoner Marquee Club live gesehen habe, nicht mehr vergleichbar. Da liegen Welten dazwischen. Okay, wir werden alle älter und verändern uns, aber das hier ist schlicht und ergreifend atembberaubend. Wie schon gesagt, man muss es erlebt haben, um es zu glauben. Allerdings gibt es auch ein Pointe bei der Sache. Und die beruht auf der Tatsache, dass Kory trotz seiner fatal zerstörten Stimmbänder die Bude hier zum brodeln bringt, und das nur allein mit seiner Stage Präsenz. Die Austrahlung ist nämlich fast schon unheimlich stark und wird durch seine, teils krotesken Verrenkungen auch noch drei Mal fett unterstrichen. – Im Ernst, man kann sagen was man will, aber Kory hat etwas, - das gewisse Etwas, wie man es gemeinhin nennt. Und das rettet ihn vor der oralen Apokalypse. Vielmehr verwundert mich, dass seine Stimmbänder das überhaupt noch 80 Minuten lang durchhalten. Aber sie tun es..... irgendwie zumindest.


Das neue Album wird nur kärglich berücksichtigt live, dafür gibt es jede Menge älterer Stücke aus dem Repertoire von Warrior Soul. Nur ein Stück fehlt auf der heutigen Setliste. Und das ist der größte Wurf den die Band jemals hatte, nämlich ‚The Wasteland’. Den meisten hier mag das auch gar nicht aufgefallen sein, da sie nicht so vertraut sind mit dieser Gruppe. Aber wenn man deren Karriere von Beginn weg mitverfolgt hat, dann tut das irgendwie weh.  Das ist jetzt in kleinem Rahmen verglichen, in etwa so, als ob die Rolling Stones ein Konzert geben und ‚Satisfaction’ nicht auf dem Programm haben.



Das is’ es denn auch, und das Fazit lässt sich nur mittels eines eigenartigen Nachgeschmacks auf der Zunge, beschreiben.... einer Würze die man lange nicht vergisst, dank seiner, fast schon haarsträubend-verkohlten Nuance, die aber gleichzeitig fasziniert in seiner ganzen abstrakten Aura. Ob dies aber reicht, bzw. ob Warrior Soul noch mal einen zweiten Frühling erleben, da bin ich mir noch nicht so sicher....deshalb abwarten und Tee trinken – am liebsten einen mit Schuss....
http://www.kory-clarke.com/

Weitere Fotos sind unter www.metalhammer.de zu finden