Wie definiert man am besten den Ausdruck Heavy Metal?! Sind das brachiale Gitarren Sound-Wolken, dazu noch extreme Lautstärke oder/und lange Haare und böser Blick. Oder ist Heavy Metal die Tatsache, dass jemand mal eben seinem Vater eine Niere spendet so ganz nebenbei, versteht sich, und drei Wochen später schon wieder live on Stage buchstäblich die Sau raus lässt bis zur Selbstaufgabe? Nun, ich glaube, da muss man nicht lange überlegen, um eine Antwort darauf zu finden. Wobei Außenstehende von letzterem wenig profitieren, aber dafür umso mehr von erst beschriebenem Klanggewitter. Valient Thorr, wie auch immer sein richtiger Namen lautet, ist so ein Vertreter, der den Heavy Metal nicht nur mimt, sondern buchstäblich lebt. Wobei ich gleich eine Sache berichtigen muss. Denn Valient Thorr bezeichnet seine Gangart vielmehr als sogenannten Stonerrock. Und damit begebe ich mich
von der Singulariät in die Plural, denn Valient Thorr ist nicht nur der Name eines einzelnen Individuums, sondern gleich des ganzen Vereins hier, frisch importiert aus Greenville, North Carolina USA. Und es ist nicht das erste Mal, dass unser Dixie Ötzi samt Anhang Europa besucht. Bereits mehrere Male hat man zum Angriff auf hiesige Ohrmuscheln gepfiffen, unter anderem auch als Animateure für unseren, ach so geliebten Über-Rock’n’Roll Vater Lemmy Kilmister und seine Motörköpfe. - 2011 war das, und mit Sicherheit handelte es sich um die, bis dato größten Hallen, die unsere Stoner Rocker seit ihrer Gründung im Jahr 2000  beschallt haben. Ohne so ein Großkaliber wie Motörhead, und allein auf weiter Flur, müssen allerdings wesentlich kleinere Brötchen gebacken werden. Sagen wir so, es hat alles seine Vor- und Nachteile. Als Support einer  berühmten Rock-Institution erreicht man einerseits ein sehr großes Publikum, das allerdings wiederum nur auf seine Lieblinge wartet, und den Anheizer mehr oder weniger als notwendiges Übel dazu nimmt. Und mit ein wenig Glück wird dann vereinzelt sogar der eine oder andere Metaljünger auf so einen Supportact aufmerksam. – Abgesehen davon muss die jeweilige Begleitung der Stars des Abends, immer und allgegenwärtig nach deren Pfeife tanzen, und last but not least, wie heißt es so schön: pay to play. – Kommt aber so eine, - von vielen - Rockbands, auf Solo-Headliner Tour, wie eben jetzt auch wieder einmal, dann heißt es brav die Mini-Clubszene zu beackern. Denn zu viel mehr reicht der momentane Bekanntheitsgrad leider noch nicht. Klar man ist sein eigener Herr, hat geringere Ansprüche und ist schon überglücklich, wenn manches gebuchte Wohnzimmer solide gefüllt erscheint. Man hofft auf etwas Werbung und vor allem Mundpropaganda, sowie eventuell auf das Erinnerungsvermögen vereinzelter  Motörhead Fans, dem die Supportband noch wage per Dejavu in den grauen Zellen seiner Großhirnrinde herum geistert.
Im Falle von Valient Thorr ist dies definitiv der Fall, und einige Kuttenträger handeln die US-nativen Stein Rocker sogar als verheißungsvollen Geheimtipp. – 

Um mein eigenes Ego etwas herabzusetzen, muss ich gestehen, dass ich mich nicht mehr wirklich an deren Gastauftritt bei der Motörhead Tour 2011 erinnern kann, obwohl ich definitiv vor Ort war damals. Zumindest das weiß ich noch mit Sicherheit. Meine einzige Entschuldigung für diese geistigen Aussetzer ist die Tatsache, dass ich mich  bei bisherigen ca. 130 Veranstaltungen dieser Art, übers Jahr verteilt, und das wiederum seit etwa drei Dekaden, unmöglich an jede Einzelheit erinnern kann. Oder tendiere ich etwa doch langsam zum altersbedingten Verlust vereinzelter Memoiren?

Egal, hier und heute befinden wir uns auf alle Fälle in der Südtiroler Landeshauptstadt Bozen, gleichzeitig die
kälteste und auch heißeste Stadt Italiens, und das in der gediegenen Atmosphäre der sogenannten Pippo Stage, ein Separèt des lokalen Jugendzentrums. Darin finden schätzungsweise 200 Zaungäste Platz. Davon sind wiederum in etwa, die Hälfte der Einladung nachgekommen, sich gegen eine geringe Apanage vom Heavy Metal a la` Valient Thorr zu überzeugen. Und jene werden hier und heute auch nicht zum ersten Mal in Schweiß getauft. Aber bevor wir unseren edlen Nierenspender beweisen lassen, dass auch sein eines, noch erhaltenes Organ, nach wie vor einen Paso Doble  aufs Parkett hinlegen kann, gelangt auch er jetzt zu der Ehre und zum Genuss, erstmalig einen Roten Teppich vorab gelegt zu bekommen in Form eines akustischen Blümchenstreuers.


Und jener schmückt sich mit einem, dem Genre angepassten Taufnamen, nämlich - Insanity Alert oder auf deutsch, Alarm zum Wahnsinn. Geboren wurde das akustische Irrenhaus in Innsbruck, also bei unseren unmittelbaren Nachbarn und Verwandten vor ca. zwei Lenzen. Wobei der Chef der Anstalt namens Heavy Kevy wiederum  hollländischer Abstammung ist. Und das ist auch ganz gut so. Denn es gibt dem moshigen Kuckucksnest einen doch, mehr oder weniger internationalen Anstrich. Und so etwas kann gerade in diesem Metier nie schaden. Sagen wir so, die vier Tiroler und ein Kaskopf, hinterlassen insgesamt einen unterhaltsamen Gesamteindruck, wobei das Amusement definitiv bei dem Front-Komiker zu finden ist, bei dem sich übrigens
entfernt eine gewisse Ähnlichkeit mit Fussball Experte Frenkie Schinkels nicht verleugnen lässt. Und der ist schließlich auch aus dem Land, wo die Tulpen nach Gourmet Käse duften. Ob die Beiden miteinander verwandt sind, entzieht sich leider meiner Kenntnis, aber ich bezweifle es mal eher...


'Second Opinion’ heißt irgendwie passend, denn
auch die aktuelle EP, die die Nordtiroler Alpin Area Moshköpf’ in diesem laufenden Jahr des Herrn an Land geangelt haben. Zur Ergänzung sei noch das, zwei Jahre vorher erschienene Teil ‚First Diagnosis’ erwähnt. Aber Alben, Eps und Tiroler Moshknödel hin oder her, maßgebend ist momentan nur der hier stattfindete Schwanentanz, der mit Tschaikowski ungefähr soviel zu tun hat, wie die Wiener Sängerknaben mit Slayers ‚Reign In Blood’. Aber dank der oben erwähnten Humoristik von Mr. Bean a.k.a. Heavy Kevy, und den satten Thrash-Harmonien, gestaltet sich mein allererster Eindruck von Insanity Alert als ein durchaus positiver... Und einmal mehr erinnere ich mich an meine Jugendzeit im Innsbruck der Siebziger Jahre, (jawohl, auch ich stamme ursprünglich aus dieser schönen Stadt und bin dort geboren) - wo es damals exakt einen einzigen Rockclub gab und man die Bands an nicht mal fünf Fingern zählen konnte. Aber, wie sagt man so schön? Die Zeiten ändern sich. Und in Sachen Rock und Metal ist inzwischen ein gefühltes Jahrhundert vergangen. Jetzt fehlt nur noch eine Sache zur Glückseligkeit, nämlich raus zu moshen aus dem heimatlichen Inntal, aber nicht nur hin und wieder als Supportact sondern so vehement, dass der eigene Name Programm wird... Die Zeit wird’s zeigen oder auch nicht... Bis dahin ist die Devise – mosh and rock till you drop.... 
https://www.facebook.com/insanityalert


Halleluja, Weihnachten ist ja schon in naher Zukunft. Aber die heilige Auferstehung feiern wir katholischen
Betbrüder doch erst an Ostern. Oder irre ich mich da am Ende noch?! Denn im allerersten Augenblick des beginnenden zweiten Kapitels heute Abend, tendiere ich fast dazu, der Halluzination zu erliegen, dass Südtirols Nationalstolz, der Ötzi zu neuem Leben erwacht - , und schnell mal eben aus dem benachbarten Archäologie Museum rüber gewatschelt ist.


Aber bei näherem Betrachten fallen denn doch gewisse Unterschiede auf, die den echten Ötzi in unserer Vorstellung ganz schnell wieder in seinen Glaskasten am
vorhin erwähnten, Ausstellungsort zurück verfrachten. Nur der Beweis ist faktum erbracht, dass jener Urmensch nicht nur in den Ötztaler Gletschern beheimatet war, sondern an der amerikanischen Westküste immer noch existiert in Form eines entfernten Nachkommens. Lucy-Mensch in Afrika reibt sich im Himmel die Hände, denn es stimmt, - der Mensch stammt nicht nur vom Affen ab sondern von einer einzigen Urmutter, eben Lucy, die von Äthiopien aus vor ca. 3.5 Millionen Jahren ihre Gene verstreute. Hier und heute Abend steht der leibhaftige Beweis und Lucys Ururur – und noch mindestens fünftausend Mal Urenkel auf der Bühne und gibt sich voller Inbrunst der Weiterentwicklung der menschlichen Oral-Ästhetik hin, die sich hier in ihrer Vielfältigkeit auf wunderbarste Art und Weise selbstverwirklicht. Aber genug der evolutionären Lehrstunde. Ötzi in Spe alias Valient Thorr zeigt uns  in der Tat, dass seine Combo auch allein und ohne Onkel Lemmys Fahnenstange, auf eigenen Quadratlatschen herum hüpfen kann und es durchaus versteht, den Laden hier zum en pointe (Spitzentanz) zu animieren.
 

Lucky Luke machts vor und spielt den sterbenden Schwan nach so manchem Hechtsprung vom, gerade mal 10 cm hohen Altar in die dampfende Menge (siehe oben). Nun ja, wir wollen mal nicht übertreiben was letzteres betrifft. Denn vom Umfang eines Wacken Open Air Publikums sind wir noch lange entfernt. Sei’s drum, Hauptsache, der Spaß an der Sache bleibt erhalten, wenngleich auch nur in kleinem Rahmen. Andererseits was nützt eine ausverkaufte 3000er Halle, wenn dann nur allenfalls ein Rosenkranz als Reaktion gebetet wird. 



Sieben akustische Gebote hat unser Ötzi seit Bestehen seines Clans, in imaginäre Steintafeln verewigt, sowie ein visuelles Juwel im Jahr 2008 namens ‚Heat’. – Aber letzteres ist an dieser Stelle hier nicht
relevant, sondern vielmehr das jüngste Baby namens ‚Our Own Masters’, dessen Nabelschnur im wahrsten Sinn des Wortes ‚Thorn Apart ist und denn auch das Highlight von Ötzis Stoner Rock Camouflage darstellt. Nein, man kann in der Tat nicht meckern. Der Tenor stimmt, und die Tuchfühlung zu uns Zaungästen hier auch. Wir erhalten obendrein sogar eine Sonderlektion in Sachen Trocken Rudern und machen den Frei-Schwimmer-Schein. 


Die Sauna dampft, und für eine erfrischende Dusche hinterher würde so manch einer hier sein durchgeweichtes T-Shirt geben. Is’ aber leider nicht, nach dem Motto: der Luxus ist halt doch den pseudo-echten Rockstars vorbehalten auf den Brettern die die Welt bedeuten. – Für Valient Thorr war die Pippo Stage hier in Bozen aber zumindest ein weiteres Puzzleteil in ihrem Vorhaben Europa zu erobern, und zwar solo im Alleingang und unter eigenem Namen. Die Freunde jener Muse wissen es offensichtlich zu schätzen, zumindest ein kleiner Teil davon.. und eigentlich kann’s nur noch besser werden, es sei denn, Ötzi geht im unendlich, scheinenden Hardrock Dschungel irgendwann doch noch unter. Aber ich glaube, bevor das passiert, opfert er lieber noch die zweite Niere, auch wenn das vielleicht keine so gute Idee wäre.

Aber Valient Thorr rockt nach
dem Motto: nur die Harten kommen durch. Und ich bin mir fast sicher, mit seinen Fred Feuerstein Genen samt Barney Geröllheimer und Co. wird Vali himself auch in kleinem Rahmen noch so manchen anderen überleben.
jabbadabbaduuuuu –in alle Ewigkeit Amen!....
    
http://www.valientthorr.com/ 
    
(Weitere Fotos gibts bei
www.metalhammer.de )

and all together now...