Kolumne Nr.22 - wieder mal ein rundes Jubiläum. Und weil man zu solchen Anlässen ja Lob und Anerkennung bekommt, lasse ich mich gar nicht auf die Diskussion ein, wer auf nebenstehendem Foto die ansehnlichere Zunge hat. Das hätten wir also schon mal geklärt. Was mir aber bis heute völlig rätselhaft ist: Warum haben die kuriosen Typen namens "Kiss" gerade in Deutschland solch eine große Anhängerschar? Am kommerziellen Erfolg kann es wohl nicht liegen, denn der ist mittlerweile wirklich nicht mehr das was er mal war.
Bevor die Kiss-Fans angesichts dieser Behauptung nun über mich herfallen, mir ihre rosarote Zunge zeigen oder gar Blut spucken (das tun ihre Idole nämlich auch), werde ich mal wieder dank Frauchen die Statistik bemühen. Und siehe da: Die güldenen Hitparaden Zeiten von Kiss liegen zum Großteil schon lange zurück. Es war in den Siebzigern, als ihre Alben  die Top 10 des US-Charts erreichten. Danach ging lange Zeit so gut wie gar nichts mehr. Bei den Singles sieht es auch nicht anders aus. Klar: Das glorifizierte "I Was Made For Loving You" schaffte es in den Staaten bis auf Platz elf. Die übrigen Erfolge waren dann Balladen (z.B. "Beth"; 1976 auf Platz sieben), die aber von den echten Kiss-Fans bis heute nicht akzeptiert werden. Warum dem so ist, könnt Ihr gerne noch einmal in meiner Kolumne 10 nachlesen.
Aber man muss fairerweise  auch erwähnen, dass Kiss mit ihrem neuen Teil 'Sonic Boom' gerade einen dritten Frühling erleben. Immerhin landeten sie auf Platz 2 in den US Charts, wenngleich auch nur für eine Woche. Aber einen Michael Buble' hauen selbst unsere Maskenmänner nicht weg von Platz 1.Andrerseits erwies sich 'Sonic Boom' für Kiss als deren bislang größter Album Charts Erfolg in ihrer über 30jährigen Karriere. Der Kult lebt und scheint sich mit dieser Scheibe erst so richtig wieder zu beleben.
Eine Sache sollte man aber nicht vergessen. Anno dazumal in den Siebzigern musste man noch ein paar Scheibchen mehr verkaufen, um in den USA Gold- oder gar Platin Status zu erreichen, sowie eine hohe Chart-Position.

Dass Kiss gerade in Deutschland ihre treueste Fangemeinde haben, liegt auf der Hand. Hier vergöttert man ja auch heute noch die Seniorengarde aus dem Rock-Sektor wie Deep Purple, Uriah Heep, Motorhead, Judas Priest oder Saxon. Zu diesem Phänomen gesellt sich aber noch ein weiteres hinzu: Das Wunschdenken der Fans, einher gehend mit deutlichem Realitätsverlust. Negative Meldungen über die jeweilige Lieblingsband werden entweder beleidigt ignoriert oder schlichtweg ins Gegenteil verkehrt.
Diverse Medien sind sich nicht zu schade, diesen sogenannten Heavy Metal "Kult" auch noch zu fördern, indem sämtliche Klischees breit getreten und immer wieder gebetsmühlenartig unter die Zielgruppe gebracht werden. Bestes Beispiel ist ein Hörfunksender aus Ismaning/München, der so etwas wie den Wurmfortsatz der erfolgreichsten privaten Station Deutschlands darstellt. Die "Spezialisten" werden es natürlich gleich bemerkt haben: Ich rede von der "Rock Antenne". Hier wird noch gehämmert, geraunzt und gegrunzt, vor allem in der abendlichen Spezialsendung "Tuff Stuff". Der Moderator der Sendung, Thomas M., ist laut Frauchen eigentlich ein ganz lieber, freundlicher, harmloser Zeitgenosse mit, wie Ihr sehen könnt, bravem Kurzhaarschnitt. Doch auch er steht natürlich unter dem Druck, Klischees bemühen zu müssen. Und so durfte er sich jüngst in einem Videoclip profilieren, den ich Euch hier natürlich zur Verfügung stelle. Einfach starten und eintauchen in die irre Welt des Heavy Metal. Unser Tom machts mustergültig vor. http://www.rockantenne.de/


Und dass unser Tom ebenfalls bekennender Kiss Fan ist,
ist nun wirklich hier nicht zu übersehen!!!

Heavy-Fans zieht es allerdings nicht nur zur Rock Antenne, sondern ab und an auch vor den Fernseher. Und so sieht sich ein weiterer Spezialfreund von mir, Onkel Gottschalk, veranlasst, die Ikonen dieser Zunft bisweilen auch in seine Samstagsshow einzuladen. Zuletzt waren nun also Kiss zu Gast, und um es gleich vorab zu sagen: Genutzt hat es Gottschalk gar nichts. Im Gegenteil: Er fuhr die mieseste Quote in der Geschichte von "Wetten, dass..?" ein, das immerhin nun schon seit fast 30 Jahren ausgestrahlt wird. Es wäre vermessen, diesen Quoteneinbruch auf die Olympischen Winterspiele zu schieben, die parallel in der ARD übertragen wurden. Olympische Winterspiele gab es seit 1981 schon viele - auch parallel zu "Wetten, dass..?" -, weniger als acht Millionen Zuschauer gab es aber noch nie.

"Das kann und darf so nicht stehen bleiben, und an Kiss lag das sowieso nicht", werden die Fans der Band nun maulen. Vielleicht stellen sie ja sogar die korrekte Berechnung der Quote in Frage. Nur eines sollten sie in dieser Frustphase nicht tun: nämlich das Lesen verlernen. Und damit komme ich zu einem Herrn namens Olaf aus dem Raum Dortmund. Der ist definitiv ein eiserner Kiss-Fan und musste daher der Fanseite der Band -
http://www.kissonline.com/  gleich einen Zeitungsartikel aus den "Dortmund Ruhr Nachrichten" zukommen lassen.

Nun muss man sich natürlich fragen, warum unser Olaf das getan hat. Denn der Artikel beschreibt ja gerade das Quoten-Desaster rund um den Kiss-Auftritt und zieht obendrein die Band recht kräftig durch den Kakao. Doch nun geschieht etwas Wundersames: Entweder war Olaf zu faul, den Text zu lesen oder er kann unter Umständen gar nicht lesen. Denn der Kommentar zu der Veröffentlichung hört sich folgendermaßen an:
"Der Auftritt von Kiss in der Show 'Wetten, dass..?' am vergangenen Samstag hatte die höchste Einschaltquote im deutschen Fernsehen an diesem Abend und ließ sogar die Olympischen Winterspiele und 'Deutschland sucht den Superstar' hinter sich."
 Hallo, Olaf? Irgendwas hast Du da völlig falsch verstanden. Klar: Wetten, dass..? war gerade noch Spitzenreiter, fuhr aber - wie bereits erwähnt - die schlechteste Quote seit 1981 ein. Ob so etwas mit oder ohne Kiss passiert, ist in diesem Falle absolut wurscht. Denn, Olaf, merke: Das Fernsehpublikum besteht nicht nur aus Kiss-Fans. Wie es überhaupt auf dieser Erde noch Freunde anderer Musikrichtungen gibt. Dass diese von Dir, Olaf, nicht akzeptiert werden, ist mir schon klar. Immerhin leben wir im Lande des engstirnigen Musik-Schubladendenkens. Doch zumindest der Realität sollte man noch ins Auge sehen können, denn es gibt auch noch ein Leben abseits von Hard Rock und Heavy Metal.  Und das sage ich als bekennender Headbanger und Zungenrausstrecker, der Kiss ja live eigentlich ganz lustig findet. Na ja, zumindest das, was mir Frauchen da immer so erzählt von den Konzerten.
Noch eine weitere Wetten dass... Kritik gibts von der Münchner Tageszeitung Mü Merkur

Schöne Grüße möchte ich in diesem Zusammenhang auch diesmal meinen Freunden vom Reiseveranstalter "Horalf" zukommen lassen, die mittlerweile in den Jahren 2009/2010 geschätzten  20 Kiss-Konzerten beigewohnt haben dürften. Und wenn nun einige Fans doch Kritik an dieser Kolumne üben möchten, dann dürfen sie das gerne tun: sina@public-files.de. Servus bis zum nächsten Mal.
Ach ja, und was Gene Simmons kann, das kann ich auch