Sinas Kolumne 3 Aus aktuellem Anlass melde ich mich heute schon wieder zu Wort. Ausnahmsweise geht es aber mal nicht um Radio, sondern um Fernsehen. Das nebenstehende Foto zeigt mich übrigens mit Ian Anderson von der Band Jethro Tull. Und das ist wohl Beleg genug dafür, dass ich mich mit Rock-Musik bestens auskenne. Vor allem besser als der bekannte TV-Moderator, über den mein Herrchen am vergangenen Samstag eine gut dreistündige Dauer-Schimpfkanonade abgelassen hat. Ihr habt es sicher schon bemerkt: Es geht um '50 Jahre Rock' mit Thomas Gottschalk im ZDF.
Über Rock-Musik sind ja schon viele Bücher geschrieben worden, und eine ganze Menge davon hat meine Familie im Regal stehen. Da kann man dann schnell mal was nachschlagen, etwa die größten Hits einer bestimmten Band. Der größte Hit von Jethro Tull war - das hat mir Ian bei unserem Treffen höchstpersönlich bestätigt - der Song 'Living In The Past'; das gilt für die USA und Großbritannien. Doch seit der Gottschalk-Show muss die Rock-Geschichte mit hoher Wahrscheinlichkeit völlig neu geschrieben werden. Hier wurde nämlich stolz und felsenfest verkündet, dass der größte Hit von Jethro Tull selbstverständlich 'Locomotive Breath' ist. Ich vermute nun mal
ganz dreist, dass Onkel Gottschalk von Jethro Tull neben 'Locomotive
Breath' nicht viel andere Songs kennt. Überhaupt scheint er von
Rock-Musik recht wenig Ahnung zu haben. Während der Sendung ist mein
Herrchen alle fünf Minuten ins Nebenzimmer gelaufen und hat in den vielen
Büchern was nachgeblättert. Und jedes Mal kam Herrchen triumphierend ins
Wohnzimmer zurück, weil dem Mainzelmännchen-Sender schon wieder ein
Fehler passiert war. Bevor ich jetzt weiter
über die Fernsehshow schimpfe, hab' ich Euch noch einen Artikel über die
Sendung mitgebracht. Der Text stammt aus dem Nachrichtenmagazin 'Der
Spiegel', das mein
Herrchen eigentlich nicht so schätzt. Doch diesmal war meine ganze
Familie von dem, was da geschrieben steht, hellauf begeistert. Aber lest
selbst und mailt mir mal: sina@uhini.de Altherrenparty im ZDF: Wie Thomas Gottschalk in seiner Show "50 Jahre Rock" in drei langen Stunden den Rock'n'Roll verriet und dem Sender ein popkulturelles Waterloo bescherte. Das ZDF ist ein Sender mit ungeheuer großer Erfahrung. Auf dem Mainzer Lerchenberg weiß man seit Jahrzehnten, wie sich die Gebühren-Millionen unbehelligt verwalten und Quoten zu Programmen machen lassen, obwohl für den öffentlich-rechtlichen Sender Quoten natürlich gar keine Rolle spielen dürfen. Was man beim ZDF absolut gar nicht weiß ist, wer von den verdienten und leidlich verdienenden Unterhaltungs-Zugpferden bei der Jugend punkten könnte. Anders ist nicht zu erklären, dass für diese senderfremde Klientel wieder und wieder ein Mann namens Thomas Gottschalk ins von vornherein verlorene Rennen geschickt wird, der einst in den siebziger Jahren als Münchner Radio-Discjockey anfing und seine größten Kompetenzen ansonsten an der Seite von Mike Krüger in unerklärlich erfolgreichen Kinofilmen bewies. Weil dieser Mann aber als Urgestein des TV-Entertainments und beim ZDF zudem als musikalische Instanz gilt, und solche Titel ja längst nicht mehr hinterfragt oder gar in Frage gestellt werden, durfte "Thommy" Gottschalk am Samstagabend die bislang schlechteste Show der deutschen Fernsehgeschichte zum Thema Rockmusik moderieren. Der 53-Jährige galt den aufs gerontische Publikum spezialisierten ZDF-Oberen als Idealbesetzung fürs Thema. Wer einen braunroten Lederanzug besitzt und sich seit drei Dekaden dem Zugriff gnädiger Friseure verweigert, sollte doch wohl mitreden können. Die
drei Stunden, welche im ZDF den Titel "50 Jahre Rock" tragen
durften, wurden zum Waterloo des Senders. Und das ist nicht nur einem
Gottschalk anzukreiden, der seinen Teleprompter selten lesen konnte und
seine Gäste kaum richtig einzuordnen wusste. Das Unheil begann schon beim
falschen Sendetermin. Vor so ungefähr fünf Dekaden hat ein
amerikanisches Weißbrot namens Bill Haley die Single "Rock Around
The Clock" veröffentlicht, und irgend ein Trickbetrüger vom Format
eines Konrad Kujaus hat dem ZDF wohl das dumme Märchen verkaufen können,
hier sei die Geburtsstunde des Rock'n'Roll zu datieren. Niemand kannte
Fats Dominos "The Fat Man" von 1949 oder andere Konkurrenz. Einzig
Michail Gorbatschow schaffte es, der schnöden Show ein wenig Glanz zu
verleihen, auch, wenn er ganz offensichtlich nur eingeladen wurde, um
geschickt zum "Wind of Change" der Scorpions überzuleiten.
Gottschalks Versuche, dem Friedensnobelpreisträger eine Rock'n'Roll-Attitüde
aufzuoktroyieren, schlugen jedenfalls sämtlich fehl. Dennoch feierte das
Publikum in der Hannoveraner Preussag Arena den Ex-Politiker mit Standing
Ovations, als wäre er der wahre Rockstar des Abends. |