Sinas Kolumne 4
Weihnachten ist endlich vorbei. Endlich, weil ich nun nicht mehr mit der
blöden Zipfelmütze rumlaufen muss. Mit Z wie Zipfelmütze beginnt auch
der Name, den ich unserer heutigen Hauptperson gegeben habe:
"Zottel". Wahrscheinlich habt ihr schnell erraten, um wen es
geht. Auf ausdrücklichen Wunsch meiner zahlreichen Fans beschäftige
ich mich noch mal in aller Ausführlichkeit mit einem Herrn namens
Leslie Mandoki. Den hatte ich ja schon kurz in meinem Jahresrückblick
2004 erwähnt - im Zusammenhang mit der Gottschalk-Show "50 Jahre
Rock". Da ist Zottel nämlich Stammgast und jubelt dem ZDF stets
eine handverlesene Auswahl an abgehalfterten Musikern unter. Grundsätzlich
gilt: Macht der Erfolg Dich nicht mehr froh, dann geh' ins
Zottel-Studio.
Leslie Mandoki,
der ursprünglich aus dem Gulasch-Land Ungarn kommt, ist
Sänger, Schlagzeuger, Komponist und Produzent.
Gulasch esse ich übrigens sehr gerne, aber das hat leider nichts mit
meiner Geschichte zu tun. Denn hier kommt sie - die alte Garde aus dem
Zottel-Paradies: Eric Burdon, Jon Lord, Gary Brooker, Peter Frampton,
Jack Bruce und viele mehr. Diese Musiker sind Leslie eigentlich zu großem
Dank verpflichtet. Denn durch die Auftritte mit ihm kommt zumindest noch
ein klein wenig Kohle in die Kasse. Am meisten profitiert aber - und da
bin ich mir ganz sicher - Zottel selbst.
Dank
Herrchen ist es mir möglich, das Rad der Zeit um einige Jahrzehnte zurück
zu drehen. Ich selbst war nämlich noch gar nicht auf der Welt, als
Leslie in den Siebzigern nach Deutschland kam. Zuvor hatte er bereits
seine Landsleute musikalisch gequält, nun knüpfte er hier
nahtlos daran an. Er stieß zu der Gruppe "Dschingis Khan",
die mit dem gleichnamigen Titel beim "Grand Prix d'
Eurovision de la Chanson" (so ein blöder Name) 1979 sogar Vierter
wurde. Um Euch zu beweisen, dass der musikalische Anspruch damals auch
nicht besser war als heute, hier ein kurzer Textauszug.
Dsching,
Dsching, Dschingis Khan!
He Reiter, Ho Reiter, He Reiter, immer weiter!
Dsching, Dsching, Dschingis Khan!
Auf Brüder, sauft Brüder, rauft Brüder immer wieder!
Lasst noch Wodka holen, hohohoho,
denn wir sind Mongolen, hahahaha,
und der Teufel kriegt uns früh genug!
Spricht man
Zottel heute auf diese Zeit an, ist ihm das gar nicht recht. Kann ich
durchaus verstehen! Weswegen er dann aber immer noch genau so aussieht
wie 1979 (siehe die beiden Bilder), kann ich überhaupt nicht
nachvollziehen. Selbst schuld also, dass ihn der Dschingis Khan immer
wieder einholt. Heute macht Leslie Mandoki mit seiner Band "Soulmates"
nach eigener Einschätzung anspruchsvolle Rockmusik. "Soulmates"
heißt übersetzt "Seelenverwandte". Ich vermute mal, dass die
Verwandschaft in erster Linie aus dem gemeinsamen Interesse am
Geldverdienen besteht.
Schön für Zottel, dass
er sich ausgerechnet in Deutschland befindet. Erstens kann er sich in
einem Land, in dem Musik weniger Kulturgut als seichte Unterhaltung ist,
als Rock-Kapazität aufspielen (in England oder den USA würde das
sicher nicht funktionieren). Zweitens gibt es hier immer noch Medien,
die ihm tatsächlich auf den Leim gehen. Allen voran natürlich das
gute, alte ZDF. Wobei die Betonung auf "alt" liegt. Das ZDF kämpft
seit Jahren erfolglos um jüngere Zuschauer. Da verwundert es auch
nicht, dass die Verantworlichen mit der Organisation eines
"jungen" Programms wie "50 Jahre Rock" völlig überfordert
sind.
Außer den ZDF-Verantwortlichen glaubt wahrscheinlich sowieso
keiner, dass die Show ein junges Publikum ansprechen könnte. Warum
auch? Denn stets ist die Truppe um Zottel mit von der Partie. Deren
Mitglieder begeistern zwar den großen Gottschalk, der feiert allerdings
in diesem Jahr seinen 55. Geburtstag. Pustekuchen also mit der Jugend.
Ein offenes Geheimnis ist es ja zudem, dass das Musikwissen von
Gottschalk über Klassiker wie "Smoke On The Water", "A
Whiter Shade Of Pale" oder "House Of The Rising Sun" kaum
hinaus reicht. Kein Wunder also, dass ihn Zottel & Co. so
beeindrucken.
Als ich die beiden
Rock-Shows mit meiner Familie angesehen habe, hat Herrchen viel
geschimpft. Vor allem über Zahlen und Daten, die einfach falsch waren.
Bei Frauchen herrschte eher Mitleid vor. Mitleid mit den Altstars, die
den Fängen des Leslie Mandoki nie mehr entkommen werden.
So werden
diese Altstars genötigt, sich einem deutschen Fernsehpublikum präsentieren
zu müssen. Sicher verdienen sie damit ein wenig Geld, aber oft merkt
man ihnen an, dass sie sich mit ihren Auftritten selbst quälen.
Vielleicht wäre es doch besser gewesen, aus der Zeit der Erfolge etwas
mehr Geld in die Gegenwart hinüber zu retten. Dann müssten die
einstmals großen Musiker sich heute so etwas nicht mehr antun.
Nur einem kann man
in dieser Hinsicht keinen Vorwurf machen: Zottel. Die Altstars sind nämlich
sein Erfolgsgarant und damit auch seine Einnahmequelle. Vom
zugegebenermaßen guten Geschäftsmann Mandoki geschickt eingefädelt,
bleibt er so selbst im Gespräch und im Rampenlicht. Denn mal ehrlich:
Was wäre unser Freund ohne seine Truppe? Ein ausschließlich im
Hintergrund agierender Sänger,
Schlagzeuger, Komponist und Produzent
(wo er doch das Licht der Öffentlichkeit so liebt) und vor allem auf
Lebenszeit ein Erinnerungsstück an eine der wirklich großen Bands aus
unserem Lande: Dschingis Khan.
Ich würde
mich übrigens auch 2005 freuen, per Mail von Euch zu hören. Meine
Adresse: sina@uhini.de.
Vielleicht meldet sich ja sogar mal Zottel, der alte Schwede -
Verzeihung 'der alte Ungar'.
Januar 2005