Sinas Kolumne 7
Heute geht es mal wieder um Musik. Genauer gesagt um Musik aus deutschen Landen. Passend dazu hab' ich nebenstehendes Foto raus gesucht, das mich mit zwei Mitgliedern der Band Axxis zeigt. Weswegen der linke Eumel so blöd schaut, weiß ich nicht. Aber es soll ja Leute geben, die so etwas witzig finden. Vielleicht ist das aber auch wieder eine dieser Heavy-Metal-Horror-Fratzen, die zum Genre gehören wie Satan, Alkohol oder bescheuerte Spitznamen. Ihr erinnert euch sicher an meine entsprechenden früheren Kolumnen.

Diesmal allerdings möchte ich mal die deutsche Rock-Szene an sich genauer beleuchten. Denn da gibt es ja eine ganze Menge Künstler und Bands, die gerne gemeinsam bei diversen Festivals auftreten. Nicht weil sie so gut befreundet sind, sondern weil sie alleine nichts mehr reißen. 
Und so hatten die Musiker in diesem Sommer einen Termin schon ganz fest eingeplant: 21./22. Juli. Vorgesehen war ein gemütlicher Ausflug zum idyllischen Spitzingsee im Landkreis Miesbach (da kommt Herrchen her). "Blaze Of Glory" hatte man das Spektakel großspurig betitelt, was soviel heißt wie "Explosion der Ruhmreichen".

Das ganze sollte übrigens unter freiem Himmel stattfinden, was gerade in dieser Region gewisse Risiken mit sich bringt. Dort kann es nämlich laut Herrchen auch in den Sommermonaten mal kübelweise regnen und nachts empfindlich kühl werden.

Mit dem Ruhm der Bands, die am Spitzingsee spielen sollten, scheint es jedenfalls nicht mehr so weit her zu sein. Und weil das ein offenes Geheimnis ist, war jedem Fan klar, dass dieses Event nie und nimmer ausverkauft sein wird. Folge: Niemand kauft sich Tickets im Vorverkauf, sondern wartet erst mal ab, ob der Wettergott den deutschen Metal-Göttern hold ist. Der Wettergott wurde allerdings in diesem Sommer während der Fußball-WM schon ziemlich strapaziert (immerhin erfolgreich!), und da haben die Veranstalter des Open-Airs am Spitzingsee jetzt wohl plötzlich kalte Füße bekommen. Die angekündigte Metal-Explosion (Blaze) bleibt nämlich aus, das Festival wurde eine gute Woche vor dem Termin ersatzlos abgesagt.
Nun fängt natürlich die Ursachenforschung an. Und es darf mal wieder wild spekuliert werden. Wollten einige Bands plötzlich nicht spielen? Hatte der penetrant angekündigte Super-Überraschungsgast abgesagt? Oder fehlte vielleicht doch noch die eine oder andere Genehmigung der zuständigen Behörden? Alles ist möglich, aber letztendlich doch völlig egal. 
Gehen wir einfach mal davon aus, dass aus oben erwähntem Grund kaum Tickets im Vorverkauf abgesetzt wurden. Das bringt natürlich für die Veranstalter eine gewisse Planungsunsicherheit mit sich. Wenn ihnen dieses Risiko zu groß war, brauchen sie sich wirklich nicht schämen, dass sie die Geschichte nun abgesagt haben. Vielleicht ist es ja sogar besser so. Fakt ist natürlich auch, dass mittlerweile nicht mal mehr die geballte Ladung deutscher Acts für außergewöhnlichen finanziellen Reibach sorgt. Also noch ein Risiko, das eine Absage durchaus rechtfertigen würde. 

Was tun jedoch die Veranstalter? Sie gehen erst mal auf Tauchstation und sagen gar nichts. Also wird weiter spekuliert. So war unter anderem zu hören, dass einer der Hauptsponsoren mit viel Geld durchgebrannt sein soll. Kann ich zwar nicht so recht glauben, wenn ich mir die Sponsoren-Liste auf der Festival-Homepage ansehe, aber bitte. Zumindest steht auf dieser Homepage auch, dass es bald eine ausführliche Stellungnahme zur Absage geben wird. Und genau hier möchte ich einhaken: Liebe Veranstalter, bitte erspart uns das. Schon klar, dass Ihr einige Tage braucht, um was einigermaßen Plausibles zusammen zu dichten. Doch die Zeit könnt Ihr euch sparen. Eines ist nämlich klar: Was immer Ihr auch schreibt, es wird wohl definitiv nicht die ganze Wahrheit sein. Was ist es dann? Wahrscheinlich nur mal wieder ein plumper Versuch, enttäuschte Fans für dumm zu verkaufen.

Sagt doch einfach, wie es wirklich gelaufen ist. Ihr habt Euch von Anfang an verzettelt. Schwacher Vorverkauf, explodierende Kosten (Blaze), vielleicht auch noch strenge Auflagen der Behörden (Shuttle-Bus zum Veranstaltungsort etc.). Ihr habt euch also verzettelt und nun gerade noch rechtzeitig die Notbremse gezogen. Niemand läuft nämlich gerne ungebremst in ein finanzielles Desaster, vor allem wenn es um die eigene Kohle geht. Späte Einsicht ist da besser als gar keine Einsicht. Von dieser kann sicher ein Herr ein Lied singen, der vor gut drei Jahren im Nordosten Münchens ein großes Spektakel namens World Nature Festival aufziehen wollte. Spektakulär waren damals nur die Besucherzahlen - spektakulär niedrig.  Er hat viel zu spät begriffen, was Ihr vielleicht im letzten Moment noch bemerkt habt. 

Es wäre nun natürlich unfair, die ganze Problematik ausschließlich mit der Auswahl der Bands und der Blauäugigkeit der Veranstalter zu begründen. Es herrscht gerade in diesem Monat ein unglaubliches Überangebot an Konzerten und Festivals in Süddeutschland. Jeder hat das Ende der Fußball-WM abgewartet und will nun sein Ding noch schnell vor den Sommerferien durchziehen. Da bleibt wenig Spielraum. Mit der Hilfe von Herrchen könnte ich noch stundenlang so weiter fabulieren. Doch das Ergebnis ist immer gleich: Die Veranstalter des Blaze of Glory haben sich schlichtweg verspekuliert.

Diese Behauptung lasse ich hier jetzt einfach mal so stehen. Aber ich bin natürlich sehr gespannt, welche Begründung wir demnächst auf der Homepage lesen werden (das werde ich natürlich genau verfolgen). Sollte einer der Veranstalter diese Kolumne allerdings zufällig lesen, kann ich nur raten: Nehmt sie als Anregung. Erfindet keine abenteuerlichen Gründe für die Absage, sondern sagt einfach die Wahrheit. Dann bleibt Ihr zumindest glaubwürdig.

In diesem Sinne bis zum nächsten Mal. Hier noch meine Mail-Adresse: sina@uhini.de

Juli 2006