“Was einen guten AC/DC Song ausmacht?.... Ganz einfach. Du
sitzt da und hast das dringende Bedürfnis
mit dem Fuß mitzuwippen.“ So simpel ist die Erklärung von
Angus Young, der mit seinen, inzwischen 53 Jahren immer noch wie ein
rotzfrecher Lausebengel wirkt. – Nun, es ist zu bezweifeln, ob es beim
Fußspitzen wippen bleibt, wenn der abgehackte, eindringliche Rhythmus
auf uns, eingeschworene AC/DC Fans nieder prasselt. Besser beschrieben wäre
eine mittelschwere Besessenheit, die sich erdbebengleich und in, fast
Lichtgeschwindigkeit, über die Massen verbreitet. Genauso wie sich vor
kurzem die Karten für
sieben Deutschland-Konzerte mit einer Kapazität von je ca. 10.000 Plätzen,
in sage und schreibe 12 Minuten ausverkauften. – Und wenn man’s
peinlich genau nimmt. Angus ist, wie wir wissen, der allerletzte Rocker
der on Stage ‚nur’ mit dem Fuß wippt. Im Grunde genommen gebührt
ihm wahrscheinlich die Goldmedaille für den Ironman auf Hawaii, und das
zum, weiß der Geier, wievielsten Mal.
Ach, und wir sind noch nicht fertig. –
„Ein guter
AC/DC Song besteht keinesfalls aus so einer Pretty Boy Pop Girlie Tune
Melodie. Wenn wir das Gefühl haben, dass etwas zu glatt klingt, dann
rauen wir es einfach noch etwas auf mit zusätzlichen Riffs. Und
selbstverständlich muss die Stimme immer dreckig und durchdringend
klingen, abgesehen vom individuellen Stil. Es fehlt also im Prinzip
immer nur der Zuckerguss, damit es wie ein stampfender Rocksong rüber
kommt. So einer, bei dem du Dampf ablassen kannst, und eben mit dem großen
Zeh wackelst“. -
Auch beim
Album ‚Black Ice’ wackelt schon mal mit Sicherheit nicht nur der große
Zeh. Im Gegenteil, beim abspielen des neuen Epos tritt ein sogenanntes
Umkehrphänomen auf. Während bei den meisten New Releases das Beste
gleich zu Beginn kommt und dann im Verlauf des Gefechts zunehmend abschwächt,
scheint es bei diesem weiteren Meilenstein in der History der Superband,
eher umgekehrt zu sein. Jeder weitere Track auf Black Ice scheint noch
besser als der vorhergehende zu klingen. Und den Höhepunkt stellt der
Titelsong, das letzte Kapitel in dieser Sure des AC/DC Korans, dar.
“Wir haben uns stets
bemüht, Qualität und Standard auf einem hohen Niveau zu halten. Ich sage
nicht, - hey lasst uns ein gutes Rock’n’Roll Album machen, und jeden
Ton perfektionieren mit einem einzigen Riff. Nein, wir hauen gleich frisch
50 Riffs raus und suchen dann, nicht das Beste, sondern jenes, das am
besten passt, aus. Aber es wird letztendlich bei einem Riff bleiben, bei
„dem einen“ Richtigen... Ich war auch weniger um die Meinung anderer
Leute besorgt als vielmehr um die Tatsache, dass wir nicht von unserer
Strategie abkommen würden. Das ist auch, glaube ich, das Gute an uns. Über
all die vielen Jahre sind wir niemals in irgendeiner Trendschiene stecken
geblieben. Wir haben mit straightem Rock angefangen, als gerade die
Discophase in den Siebzigern tobte. Als die Welt von Punk Ikonen wie den
Sex Pistols überfallen wurden, machten wir immer noch
Gitarren-orientierten Rock. Auch den typischen 80er Jahre Britpop und den
Neunziger – Grunge und Alternative
haben wir heil überstanden. Und nach dem Motto: führe uns nicht
Versuchung, haben wir uns nie umgeschaut und immer schön brav unser Ding
durchgezogen. Es musste immer grooven, das war die Hauptsache. Und jeder
Song muss individuell in sich selbst sein. Wie schon gesagt, unsere Musik
ist für eine wilde Party genauso geeignet, als wenn man nur daheim, - ja
ich weiß, ich sags jetzt zum dritten Mal, - mit dem (Anm: damit’s nicht
ganz derselbe Spruch ist) ‚kleinen’ - Zeh mitwippt.“
Andererseits
– auch ‚Black Ice’ ist in seiner Gesamtheit nichts neues stilistisch
gesehen. Aber es wäre auch nicht AC/DC , wenn es anders aussähe. Das
Lebensmotto der beiden Young Brüder
hat sich seit vielen, langen Jahren immer wieder als goldrichtig
erwiesen: ‚Schuster bleib bei deinem Leisten, aber den bearbeite so so
brillant wie möglich’. Die
Bilanz aus dieser Devise kann sich sehen lassen. AC/DC verkauften bisher
mehr als 200 Millionen Alben weltweit, darunter 69 Millionen Alben in den
USA. Back in Black setzte sich weltweit schätzungsweise 42 Millionen mal
ab, davon alleine in den USA 22 Millionen Stück. Damit ist es in den
Staaten eines der meistverkauften Alben aller Zeiten. AC/DC ist auf der
VH1-Liste der „100 besten Hard-Rock Bands“ auf Platz Vier und Siebter
auf der „Größten Heavy-Metal Bands aller Zeiten“-Liste von MTV. Im
Jahr 2004 wurde die Band zur Nummer 72 auf der Rolling-Stone-Liste der 100
größten Künstler aller Zeiten gewählt. Man darf also gespannt sein,
wie sich die weiteren Statistiken entwickeln. Und es sieht sehr gut aus
nach der Veröffentlichung von ‚Black Ice’ und der bereits
ausverkauften Welttournee, die gerade erst angefangen hat. Der
Rock’n’Roll Train rollt wieder mit Volldampf voraus. Apropo, eine
Kuriosität ist, dass ja in der Single Rock’n’Roll Train, der Titel
gar nicht vorkommt im Liedtext, sondern da ‚Runaway Train’ heißt.
Gibt es einen speziellen Grund dafür? –
„Ja gibt es. Es klingt einfach besser. Es war eine spontane Idee
aus dem Gehör heraus, aus Rock’n’Roll – Runaway zu machen, ohne
dass dies im Inhalt des Songs eine Rolle spielt. Es ist alles leicht verständlich,
und man weiß auch so, dass es um den Rock’n’Roll Train geht. Who
cares!“
AC/DC haben in Amerika, wie so einige andere Künstler auch in letzter
Zeit, einen Exklusivvertrag mit Walmart für ihre neue CD abgeschlossen.
Sprich, ‚Black Ice’ ist nur über jenen Verkaufsriesen zu beziehen.
Man fragt sich natürlich als Otto Normalverbraucher, ob das Unterfangen
besonders lukrativ für die Band ist. –
„Ob sich die Verkäufe
als lukrativ erweisen oder nicht, wird sich erst noch herausstellen. Aber
Tatsache ist, dass die Walmartkette nicht nur in Großstädten beheimatet
ist, so wie große Plattenläden, sondern auch im hintersten
100 Seelenkaff in Montana oder Idaho. Wenn du dort wohnst, musst du
unter Umständen schon mal 200 km fahren, um zu einem CD Shop zu gelangen.
Aber einen Walmart hast du immer zur Hand. Zudem sind die Preise dort
bewusst niedrig gehalten, damit sich auch Jugendliche mit bescheidenem
Budget und Taschengeld die Scheibe leisten können. Und so kauft auch
jeder ein Exemplar. Bei doppelten Preisen, so wie es in Europa z.B. oft
der Fall ist, kauft dann nur eine Person die CD und kopiert diese für 20
andere Fans. Ich denke, dass die gesamte Industrie einen Fehler gemacht
hat. Und man darf mitnichten nur die Kids anklagen in Bezug auf das
Kopieren von Tonträgern. Abgesehen davon war und ist Rock’n’Roll
schon von jeher ein großer Verkaufsschlager.“ -
’Back In Black’ ist bis dato der größte Verkaufsschlager von AC/DC.
Habt Ihr das Gefühl, dass das diese Scheibe das Beste ist, die Ihr je
gemacht habt? Und steht Ihr nicht nonstop unter dem Zugzwang noch etwas
besseres und erfolgreicheres auf den Tisch zu
knallen? –
„Nein das
stimmt so nicht ganz“, dementiert Angus umgehend. „Das Beste was ich
jemals in meinem Leben gemacht habe, ist, dass ich mir diese Schuluniform
und eine Gitarre gekauft habe. Ohne diese Dinge hätte es ‚Back
In Black’ niemals gegeben. Wie allseits bekannt ist, war das damals eine
Idee meiner Schwester Margret, die uns ja auch den Namen gegeben hat.
Abgesehen davon hilft noch eine gesunde Lebenseinstellung mit etwas
Fitnesstraining, welches einen nicht so schnell altern lässt. Kurz und
gut, um im Rock’n’Roll Business zu überstehen, klemmst du dir eine
Zigarette zwischen die Zähne weil’s cool aussieht, und du gibt’s
niemals dein wirkliches Alter bekannt. Wenn mich einer fragt, sage ich
immer nur, dass ich keine 20 mehr bin. Und das ist nicht mal gelogen.
AC/DC hat inzwischen dank all dieser Faktoren, und etwas Glück am
richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sein, im Prinzip fast alles erreicht,
was man erreichen kann in einem Musikleben. Bleibt da überhaupt noch ein
Goal vor Augen übrig.
„Diese gesteckten Ziele kommen immer mit der jeweiligen Situation daher.
So war es unsere größte Ambition, die sechs Wochen Aufnahmearbeiten im
Studio in Vancouver fix und fertig zu stellen.“
–
Sechs Wochen sind eine sehr kurze Zeit. Andere Künstler basteln mitunter
ein Jahr an einem Album herum. - “Nein, das liegt uns nicht. Malcom und
ich hatten ja im Grunde genommen alle Songs fix und fertig zusammen
gezimmert. Meistens kam er mit 20 Ideen daher und ich mit einer (lacht)
und dann haben wir miteinander experimentiert bis etwas brauchbares dabei
heraus gekommen ist. Und als
wir alles ausgearbeitet hatten, gab es nichts mehr zu ändern oder gar zu
verfeinern. Ich meine, wir haben schließlich seit 2003 daran rum
gekleistert. Wir mussten die Arien nur noch einspielen. Und das war’s
auch schon. Klingt simpel und ist es auch“.
Nennt man so etwas wunschlos glücklich?
„Nein, ich habe noch
nie in meinem Leben Chuck Berry getroffen, einen meiner größten Heroes.
Er ist mein Vorbild und hat mich die Technik der One Riff Variante gelehrt
durch bloßes Abschauen. Ich vermute, ich muss mich dran halten, wenn ich
noch ein Autogramm von ihm haben will. So jung ist er schließlich auch
nicht mehr.“ – Aber immerhin tourt er noch mit 82 Jahren. – „Na,
da habe ich ja noch gute Chancen für mich selbst. Allerdings steht eines
fest. Ich möchte keinesfalls on Stage sterben. Dazu ist es nicht bequem
genug da oben.“
Also bezeichnest Du Chuck Berry als Deine größte Muse und Beeinflussung?
„Er war mit Sicherheit einer meiner Inspirationen, aber beileibe
nicht die größte. Das waren wohl eher all diese Kings.“ Äh,
wie bitte?! – „Alle
Kings, wie ich schon sagte. B.B.King, Albert King, Ben E.King und Freddy
King.“
– (Anm. das ist
einleuchtend!) Ist das das
Geheimnis, dass die AC/DC Songs so unverwüstlich sind? Die Faszination,
die zum Beispiel von ‚Highway To Hell’ ausgeht, hat über 30 Jahre
lang nie nachgelassen. Und es gibt immer noch einige Leute, die Bon Scott
als den einzig wahren Sänger von AC/DC betrachten. „Stimmt
bis zu einem gewissen Aspekt. Er war ein großartiger Sänger. Allerdings
gerieten wir so manches Mal in Panik, wenn wir mitbekamen, wie viel und
vor allem was er in seinen Body hinein presste. Ich habe gedacht, wenn er
nur eine Minute so gut aufrecht gehen kann, wie er singt, das wäre das
schon ein Wunder. Für Malcolm und mich war Bon so eine Art Vorbild,
sowohl in seinem Aussehen als auch in seiner Lebensphilosophie. Uns
faszinierten all seine Tattoos, die er aber schon seit seiner Jugend mit
sich schleppte, als er noch als Matrose auf einem Fischerkahn arbeitete.
Er war das Partyanimal und wollte uns zu Sex und Drugs und Rock’n’Roll
überreden. Das Faszinierende an ihm war, dass er noch so besoffen und
zugedröhnt sein konnte. Zu einem Termin mit der Band war er stets der
Erste vor Ort und zwitscherte dann wie ein junger Gott. Aber wir waren
einfach nicht so drauf wie er. Und
wahrscheinlich hat uns das letztendlich das Leben gerettet.
Als
Bon dann starb, war unser erster Gedanke – das war’s dann. Aber es
sollte eben nicht sein. Und über all die folgenden Jahre hat sich Brian
Johnson so integriert in der Band, dass er inzwischen genauso zur Band gehört,
wie es damals Bon getan hatte. Ich denke mal, dass der riesige Erfolg von
‚Back In Black’ verantwortlich war, um ihn umgehend fest zu
etablieren. Heute würde ich sagen, ist es genau Brians Stimme, die neben
den One Riff Akkorden zum Markenzeichen von AC/DC geworden ist. Er sollte
nur langsam halblang machen was seinen Zigarettenkonsum betrifft. Der gute
Wille ist zumindest schon da mit diversen Stops and Go. Und was noch für
uns spricht, ist die Tatsache, dass wir seit dem Jahr 2000 bis heute mehr
Platten verkauft haben, als in all den Jahren davor. Das beweist doch am
besten, dass der Rock’n’Roll nicht tot zu kriegen ist“
– ‚
In Folge all der politischen Geschehnisse der letzten Jahre stellt sich
natürlich die Frage inwieweit AC/DC in dieser Hinsicht engagiert sind.
„Nein, das geht mir beim Arsch vorbei mit all dem politischen
Engagement in der Musik. Rock’n’Roll ist Entertainment und
international. Politik ist Politik. Und dabei sollte man es belassen. Außerdem
interessiert mich die Politik in dem Land am meisten wo ich meine Steuern
bezahle.“
Es gab in letzter Zeit mehrere Proteste von US Musikern, als Präsidentschaftskandidat
McCain deren Songs bei Wahlkampf Kampagnen spielte. (Anm.
eigenartigerweise besitzt Barak Obama hingegen sämtliche Narrenfreiheit
diverse Musiktitel für sich zu verwenden.. Wie würdet Ihr damit umgehen?
„Auch das ist
mir im Prinzip piepegal. Sollen Beide verwenden was sie wollen von unseren
Songs. Solange sie dafür bezahlen, ist mir alles recht.“
“ Wo bist Du denn wirklich zu Hause als schottischer Australier?
„Ich lebe überall
und nenne mich selbst Besucher, ob das jetzt in Australien ist, oder in
Großbritannien oder in den Niederlanden. Aber ich würde keinen Ort als
meinen Hauptwohnsitz bezeichnen.“
Ist somit die Privatsphäre
gesichert? –
„Sagen wir mal so, wenn ich die Schuluniform auf der Bühne
anhabe, dann bin ich Angus von AC/DC. Wenn ich wieder von den Brettern
herunter steige und das Kostüm ausziehe, dann bin ich wieder die
Privatperson und ganz normal wie jeder andere Mensch auch.“
Brian Johnson ist jetzt 61, ist zum zweiten Mal verheiratet und hat zwei
erwachsene Töchter. Du bist seit fast 30 Jahren verheiratet mit ein und
derselben Frau, (Ellen), was an sich schon eine Seltenheit ist im
Rock’n’Roll Business. Aber Du hattest nie Kinder. Wie das?!
„Es hat sich einfach nicht ergeben. Ich kann mich noch an meine
Hochzeitsreise erinnern auf irgend so eine abgeschiedene Insel. Ich hatte
keine Gitarre dabei und wurde jeden Tag nervöser. Schließlich begann ich
die ganze Insel abzugrasen und fand schließlich doch noch eine total
abgefuckte Klampfe. Ich glaube, es war das übelste Brett, das ich jemals
in Händen gehalten habe.
Meine Frau hat mir auch noch totalen Stress gemacht. Aber ich war happy,
und der Honeymoon war gerettet. Für mich sind meine Gitarren meine
Kinder, denke ich. Und mit denen bin ich rund um die Uhr, manchmal 24
Stunden lang, vollauf beschäftigt.“
Angus hat sich Gibson und Les Pauls verschrieben. Es war sozusagen Liebe
auf den ersten Blick. Und aufgrund dessen hat ihm die Firma Gibson ein
eigenes SG Signature-Modell mit speziell für ihn angefertigten
Tonabnehmern gewidmet. Was ist das Besondere an dieser Gitarre?
„Sie ist leicht, und
ich kann sie besser halten. Außerdem ist sie ein eher günstigeres
Exemplar. Ich würde niemals eine teure und wertvolle Gitarre kaufen und
verwenden. Das wäre viel zu schade. Denn meine 6 Saiten müssen bei
unserer Show schon so einiges aushalten. Und genau das kann die Gibson SG.
Deshalb bleibe ich auch bei ihr, auch wenn sie nicht das allerneueste und
modernste Up to Date Modell ist. Hauptsache ist doch, dass man sich mit
seinem Instrument wohl fühlt. Dann spielt man auch sein ‚eines’ Riff
gut.“ –
Um noch mal auf das neue Album ‚Black Ice’ zurück zu kommen, so wurde
vor kurzem bekannt, dass dieses nicht über Apple iTunes zu erwerben sei.
Was ist der Grund dafür?
„Black Ice’ ist
unser Baby, etwas, das wir geschaffen haben als Kunstwerk sozusagen. Es
ist eine Arbeit auf die wir stolz sind. Und wir möchten diese nur auf
straightem Weg an den Mann bringen, entweder über den Thekentisch bei
Walmart in Amerika, oder in Plattenläden außerhalb der USA. Und natürlich
kann man sie über unsere Website beziehen.“
Zusammen gekleistert wurde das Teil von Brendon O’Brien, einem
anerkannten Produzenten, der sich in der Vergangenheit durch die Arbeit
mit vielen Persönlichkeit aus der Rock’n’Roll Welt bereits eine Namen
gemacht hatte.
„Es war toll mit ihm
zusammen zu arbeiten. Brendon hat alles aus uns heraus gepresst, auch
Dinge, von denen wir selbst gar keine Ahnung hatten, dass wir dazu fähig
wären. Das betrifft nicht nur den druckvollen Klang, sondern auch die
Tatsache, dass der Gesang noch rauer und ursprünglicher klingt und das
Ganze von einer ungeheuren Kompaktheit begleitet wird. Man hört jede noch
so kleinste Kleinigkeit heraus, auch die Slidegitarre, die ich beim Song
‚Stormy May Monday’ spiele. Kennst du das Gefühl, wenn alles 100%ig
passt? Es ist ein wunderschönes Gefühl, auch wenn ich mich beileibe
jetzt selbst nicht als Perfektionist bezeichnen möchte.“
Tatsächlich
gefällt den meisten Leuten die neue CD weitaus besser als die
vorhergehende ‚Stiff Upper Lip’. Aber rührt das tatsächlich nur
daher, dass diese Scheibe ein Meisterwerk geworden ist. Oder ist es bei
vielen auch nur die Euphorie, nach acht langen Jahren endlich wieder eine
AC/DC Scheibe in den Händen zu halten? Fakt ist, AC/DC machen es im
Grunde genommen goldrichtig. Sie verkriechen sich für lange Zeit in ihren
Maulwurflöchern. Und wenn sie dann nach multiplen Winterschlaf wieder
hervor gekrochen kommen, laben sie sich an den ausgehungerten Mäulern
der, immer noch, zig tausend Fans, die ihnen über all die Jahrzehnte
bedingungslos die Treue gehalten haben. Inzwischen sind AC/DC nicht nur
mehr eine Band, sondern eine ganze Maschinerie und natürlich eine
Instutition. Und es gibt nur noch wenige andere Rockbands, die ihnen das
Wasser reichen können. Allenfalls die Rolling Stones schaffen das noch
und vielleicht noch Led Zeppelin wenn es sie noch geben würde. Aber
ansonsten kann man AC/DC mit gutem Gewissen als eine der größten, noch
existierenden Rock’n’Roll Bands der Welt bezeichnen. Nicht nur die
neue CD ‚Black Ice’ beweist das, sondern vor allem die ungeheuerliche
Nachfrage bei den angesetzten Konzerten. Das gilt nicht nur in Deutschland
oder Europa, sondern für die ganze Welt. Es wird wieder Millionen von
Dollar Einnahmen geben.
Was macht ein stinknormaler Typ wie Angus Young, der weder unter Starallüren
leidet, noch unter krankhaftem Geltungsbedürfnis, mit all der Kohle?
„Gar nichts im Grunde
genommen. Ich bin kein Freund von materiellen Dingen, da ich, wie vorhin
erwähnt, ständig unterwegs bin. Ich will nur Rock’n’Roll machen, das
ist alles. Und dabei laufe ich definitiv mit keinem Armanianzug herum,
sondern in meiner ältesten Jeans.“ –
Du hast aber keine Kinder, wer erbt dann später mal alles? –
„Jesus, da
mache ich mir keine Sorgen. Unsere Familie ist riesengroß. Ich habe
sieben Geschwister und etliche Cousins und Cousinen. Die haben wiederum
etliche Kinder. Da findet sich bestimmt der eine oder andere, der sich
meiner paar Habseligkeiten erbarmt.“ (lacht).
(Anm. es sei dazu gesagt, dass Angus Young, dank seines Wohnsitzes
im niederländischen
Aalten, zu den 500 reichsten Holländern gehört.)
Es gibt noch eine Kuriosität im AC/DC Lager. In der über 30jährigen
Karriere der Band gab es bislang noch nie eine wirkliche Best of.... CD.
Wie kommt das? „Wir
haben das nie für nötig empfunden. Seien wir doch mal ehrlich, diese
ganzen Sampler mit Best of’s... sind doch im Grunde genommen nur
Geldschneiderei, um noch ein bisschen mehr aus den Fans heraus zu kitzeln.
Aber die haben ja im Prinzip schon alle Platten. Also warum ihnen dann
noch so ein überflüssiges Teil rein drücken? Wir lassen uns auch von
keinen Medien oder Profithaien erpressen. Wir ziehen unser Ding so durch,
wie wir es für richtig halten.“
Kunststück eigentlich, wenn man finanziell so unabhängig ist wie die
Mitglieder von AC/DC. Gerade in der heutigen, schnelllebigen Zeit, in der
alles nur vom Geld abhängig ist, die von jenem enormen Druck beherrscht
wird, der schon so viele hat scheitern lassen in diesem Business. Nicht so
AC/DC, die es sich eben leisten können nur alle paar Jahre aktiv zu
werden. Dafür räumen sie dann wieder ab in einer Dimension, die manch
anderer Künstler Zeit seiner Karriere nicht erreicht. Trotzdem hat man zu
keiner Zeit den Eindruck, dass es sich bei Angus und Malcolm Young, Brian
Johnson, Cliff Williams und Phil Rudd um selbstverliebte Superstars
handelt, die sich gerne in Szene setzen. Im Gegenteil, lieber rennt man in
abgewetzten Jeans und ausgeleierten T-Shirts herum und hört... jawohl, -
klassische Musik in seiner Freizeit.
„Ich liebe Beethoven
und Mozart Musik. Es kann herrlich entspannend sein. Und seien wir mal
ehrlich, klassische Musik stirbt nie, und ist keine Zeiterscheinung wie
Grunge, Rap und Teenie Pop Phänomene. Rock’n’Roll stirbt auch nie.
Ich bin auch kein Freund von Deep Purple, die für mich nur eine Art Verlängerung
von Led Zeppelin sind. Auch diese ganze komplizierte Progressive Rock
Partie, die immer viel zu ernst genommen wird, kann mir kreuzweise den Rücken
runter rutschen. AC/DC war nie eine Band, die Musik zum nachdenken und
konzentriertem Zuhören gemacht hat. Unser Stil ist straight through the
Eye, ohne großartigen Ecken und Kanten und doch einmalig. Alles was wir
wollen, ist, dass die Fans automatisch mitgehen und Fun haben, dass der
Beat durch Mark und Bein geht, und der mittlere Zeh wack....“ (ja
okay, wissen wir schon.....) .
Und das scheint denn auch das größte Erfolgsgeheimnis von AC/DC zu sein.
„Wir sind immer
unserer Linie gefolgt und haben weder nach rechts noch nach links
geschaut, wie bereits oben so ähnlich erwähnt. Kleine experimentelle
Ausrutscher gibt es aber
jetzt auf Black Ice trotzdem, wie eben bei
“Stormy May Day” wo Angus mit der
Slidegitarre hantiert. “Der Song ist nun mal ziemlich bluesig.
Ich bezeichne mich mitnichten als Slidegitarrist, aber Produzent Brendan
O`Brian hat mich wirklich gepuscht, dass ich das versuche. Und ich muss
sagen, ich war selbst überrascht, wie gut das herüber kam”.
Das neue Album ist mit 4 verschiedenen Cover erschienen, und das betrifft
nicht nur die Farbe im
Schriftzug . Wenn man genau hinsieht, variiert auch das Muster im
schwarzen Hintergrund. Fanatische Sammler sind also wirklich gefordert,
welche, oder ob sie gleich alle vier Exemplare beziehen sollen. Eine
weitere Besonderheit ist, dass ‚Black
Ice’ erst das zweite AC/DC Album nach ‚Ballbreaker’ ist, in dem die
kompletten Songtexte abgebildet sind.
„Wir sind oftmals
gefragt worden bezüglich unserer Texte. Also haben wir sie diesmal wieder
mit rein genommen ins Cover, damit auch der letzte Fan zufrieden gestellt
wird“. –
Fakt ist aber auch, dass ‚Black Ice’ weit vor dem offiziellen Release
knappe 500.000mal über BitTorrent oder RapidShare heruntergeladen wurden.
In Deutschland entspräche das schon einer Platin-Auszeichnung. Das heißt,
die Band hat die erste, inoffizielle Auszeichnung schon erhalten und dabei
keinen müden Cent verdient.
„Da kann man nichts
dagegen machen im Zeitalter des Internets. Auch wenn es nicht okay ist,
aber man muss sich wohl oder übel damit abfinden. Und Gott sei Dank läuft
es ja auch so ganz gut“.
Nun, das dürfte wohl noch leicht untertrieben sein, was die aktuellen
Verkaufszahlen betrifft. Zumindest ist bei den Tonträgern, im Gegensatz
zu Konzertkarten, ausreichend für Nachschub gesorgt.
Kurz und gut, ‚Black Ice’ klingt wie alles was AC/DC in den letzten 35
Jahren gemacht haben, und trotzdem besitzt es eine gewisse Eigenständigkeit,
die es anmuten lässt, als wenn es „das“ AC/DC Album ist, auf das wir
seit 28 Jahren und seit ‚Black In Black’ gewartet haben. AC/DC sehen
auch aus, als ob die Zeit stehen geblieben wäre, und trotzdem hat sich
der Rock’n’Roll Traum fortgepflanzt in sich selbst sozusagen. Und im
13. Song auf dem Album „Rock’n’Roll Dream singt Brian Johnson unter
anderem: ...es könnte das letzte Mal sein....Hoffen wir, dass das kein böses
Omen ist. Andererseits herrscht bei AC/DC die Devise: take it easy und
rock ‚till you drop’. Fakt ist auch, dass das neue Album mit
Sicherheit eine der besten Neuveröffentlichungen in diesem Jahr ist, dass
die Tour die bestlaufendste der letzten 12 Monate ist und auch
wahrscheinlich im nächsten Jahr sein wird. Und totsicher ist auch, dass
AC/DC eine der besten Rock’n’Roll Bands der Welt ist. Bleibt da überhaupt
noch etwas übrig was es als Schlusswort zu sagen gibt
„Oh da gibt es schon
noch etwas....!“
grinst Angus bedeutungsvoll. – „Ich
würde gern noch etwas wachsen“!
Wenn’s weiter nichts ist......
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