Wer auch immer bis jetzt angenommen hat, dass es hinter dem Brenner, mal abgesehen von den Kastelruther Spatzen, Hütten-Folklore und allenfalls Frei.Wild, nur noch italienischen Schnulzenzauber gibt, der befindet sich gründlich auf dem Holzweg. Im Gegenteil, die Musikszene Südtirol hat ihr Süppchen schon seit langem gar geköchelt, und die Zutaten sind so vielfältig wie die Tiefsee Fauna unterhalb von Sizilien. Aber gut, soweit wollen wir gar nicht ausschweifen. Wir bleiben hier im äußersten Norden Italiens, einem Landesteil, der sich zum Großteil immer noch hauptsächlich als Tirol sieht und nicht nur als Provinz des Stiefelstaates.

Einmal abgesehen von der riesengroßen Volksmusik - Gemeinde hier, existiert sehr wohl eine ebenfalls lebhafte Rockmusik Szene und eine, wahrscheinlich noch größere Techno-Dancefloor  Gesellschaft. Und sogar für den Blues und den Jazz setzen sich hierzulande einige Spezialisten mit sehr viel Herzblut ein, wohlwissend, dass es nur ein Tropfen auf den berühmten heißen Stein ist mit nur wenigen, einheimischen Liebhabern jener qualitativ, eher anspruchsvollen Muse.  
Wir haben uns etwas umgeschaut zwischen Etsch -  und Eisack  Tal, nicht nur nach dem, was gerade angesagt ist bei Jung und Älter, sondern auch in Sachen Veranstaltungen, Clubs und Info-Service. Und das erste was festzustellen ist, entpuppt sich als Tatsache nach dem Motto: „hilf dir selbst, dann hilft dir Gott, denn sonst hilft dir keiner von außerhalb der Landesgrenzen. Und so offenbart sich hier eine, zwar gemütliche, aber andererseits unermüdliche musikalische Landschaft, die sich ihre ganz eigene Lebensphilosophie kreiert hat und diese auch lebt.
Verglichen mit den nächsten Verwandten in Nordtirol, ist die Szene Südtirol sogar wesentlich lebhafter und aktiver  als die der Nordtiroler Kollegen welche nach wie vor darauf warten, dass von Deutschland her ein Wunder geschieht. (Anm.: Es gibt natürlich auch da einige wenige Ausnahmen, klar doch!)

Südlich des Brenners muss man gar nicht so weit blicken um das derzeitige Zugpferd Nummer Eins ausfindig zu machen in Brixen, und das heißt seit einiger Zeit Frei.Wild. – Rechtsradikale Schublade hin oder her, aber der Ausschluss beim letzten Echo Award war wahrscheinlich die beste Promotion, die die Band bekommen konnte. www.frei-wild.net  
                                                                                      
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Philipp 'Fips' Burger  - ein ziemlich bodenständiger Südtiroler -



Und wenn wir schon bei der Rockmusik sind, dann bleiben wir auch dabei und begeben uns ins benachbarte Ahrntal, aus dem die Dark Metal Band Graveworm stammt, die ebenfalls zu den Wenigen gehören, die es zu einem internationalen Bekanntheitsgrad gebracht haben.
www.graveworm.de

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Sich aber nur auf diese beiden Vertreter harter Klänge zu beschränken wäre ein Fehler, denn es gibt noch jede Menge solcher Bands und Musiker zwischen Brenner und Salurn, und zwischen Pustertal und Vinschgau. Ein weiterer erwähnenswerter Vertreter der, allerdings eher melodiösen Rockmusik wäre da Bruno Kraler aus Bruneck, der seit vielen Jahren versucht unter eigenem Namen oder wie derzeit wieder unter dem Pseudonym Laneslide,  den Melodic Rock salonfähig zu halten.
 

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 Zugegeben, das ist ein noch viel schwierigeres Unterfangen im Gegensatz zum angesagten Deutsch-Rock a la Frei:Wild oder zum Heavy Metal von Graveworm, und das ganz einfach aus dem Grund, dass jene musikalische Stilistik zwar qualitativ sehr gut, aber auch schlicht und ergreifend out of fashion ist. Trotzdem ist Bruno nicht totzukriegen und hält die Fahnenstange weiterhin hoch, immer wieder ausschweifend in benachbarte, deutsche Regionen, um zumindest dort etwas Aufmerksamkeit zu erhalten .www.laneslide.com

Weitere Südtiroler Rocker wären noch Sitting Bull, ebenfalls aus Brixen, die mehr oder weniger dem klassischen Hardrock frönen und stets bei diversen Hard Rock Open Airs vertreten sind.

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https://www.facebook.com/sittingbullband  


Etwas unterschiedlich orientiert ist die Folkpop Band Mainfelt, rund um Peter Strobl aus dem Vinschgau
http://www.mainfelt.com/ 
Und dann  wäre da auch die Rock-Truppe Feline Melinda die gerade Uriah Heep, und das schon zum zweiten Mal bei deren Auftritt am Kalterer See, supportet hat.
Sogar mit Reggae Rhythmen wird man in Südtirol beglückt, zum Beispiel von der Band Sisyphos  aus Sterzing.
https://www.facebook.com/Sisyphosreggae . Diese haben übrigens beim European Reggae Contest 2013 in Zürich den zweiten Platz belegt. Und auch Country Musik hat seinen Platz, zum Beispiel mit der relativ, neuen Gruppe Get Up Cowgirl, die sich momentan erste Sporen im Genre verdienen.

Wie auch immer, aber alle einheimischen Künstler aufzuzählen würde den Rahmen hier sprengen, denn Fakt ist, es gibt derzeit über 400 Bands und Künstler in Südtirol. Eine komplette Liste findet man unter:
http://bands.airbagpromo.com/  Diese Website informiert zudem über diverse Events und Aktionen.

Und es gibt, ebenfalls im Gegensatz zu Nordtirol, ein Medium, das genau jene lokale Rockgrößen und deren Interessen vertritt. Und dieses nennt sich Radio Freier Fall und sendet jeden Donnerstag von 19.40 Uhr bis 22 Uhr auf Rai Sender Bozen der in Südtirol frei empfänglich über UKW ist.

Bei Interesse außerhalb des Sendegebietes gibt es natürlich noch den Internet-Stream http://www.raibz.rai.it/de/index.php

Aber der gepflegte (Blues)Rockfan will auch ausgehen, sich mit seinesgleichen treffen und über AC/DC bis Iron Maiden philosophieren. Tun kann er dies zum Beispiel in der Taka Tuka Bar in Schlanders im Vinschgau, in der Sketch Cocktailbar im Hotel Aurora in Meran
http://www.sketch.bz/  oder im Aurora in Auer und im Ufo in Bruneck. http://www.ufobruneck.it Auch hierbei sei wiederum auf die Webseite von www.airbagpromo.com oder auf www.kultur.bz.it  verwiesen aber auch auf http://www.szene.it/


Ein weiterer Tipp in Sachen Rockmusik-Produkte sei gegeben mit dem bestens  sortierten Platten- und CD/DVD Laden Disco New in Bozen in der Spitalgasse 1
http://www.disconew.it/  

Chef und Szene-Insider Walter Eschgfäller berät seine Kunden kompetent und steht mit Rat und Tat zur Seite und gibt noch so manchen Tipp nebenbei. Bei ihm werden so gut wie fast  alle fündig in Sachen Rock’n’Roll.

Und einen weiteren Herrn darf man nicht vergessen zu erwähnen, der vor allem für den Blues steht. Und das ist Clemens Riegler, welcher jedes Jahr aufs Neue etliche internationale Künstler ins Vereinshaus nach Steinegg bei Bozen holt.

Die Liste der bereits aufgetretenen Künstler liest sich wie das Who is Who, von Johnny Winter bis Roger Hodgson und viele andere. Für diesen Herbst sind denn auch schon wieder Walter Trout angesagt und auch, man möchte es kaum glauben, der Urvater des Rock’n’Rolls Chuck Berry. Infos und Tickets gibt es unter:
http://www.riegler.it/steinegglive/festival/tickets.htm   

Nebenbei kommen auch Freunde des gepflegten Jazz auf ihre Kosten, wenngleich nicht ganz so ergiebig. So sei zumindest das, alle Jahre, im Juli, wiederkehrende Meraner Jazz-Festival erwähnt, das von, ebenfalls internationalen Künstlern gekrönt wird.
http://www.meranojazz.it/

Aber neben den Randgruppen Rock’n’Roll, Blues und Jazz, existiert neben der allmächtigen Volksmusik und dem volkstümlichen Schlager noch ein Musikstil, der mit Sicherheit den führenden Marktanteil inne hat, nämlich die elektronische Dancefloor Musik. Und diese wird vor allem von der, momentan, jungen Generation geschätzt, wobei diese sich deutlich in zwei Altersgruppen abgrenzt. Da wären nämlich die 16- bis 25jährigen, und die 25jährigen bis ca. 40jährigen – jungen und junggebliebenen Anhänger. Es handelt sich dabei um ein so breitgefächertes Spektrum, dass wir kurzen Prozess gemacht haben und uns einen der angesagtesten Südtiroler DJs für ein Interview vor das Mikrophon geholt haben, damit er uns seine Philosophie von Techno Beats und Dancefloor auseinander dividiert.
Sein Name: DJ Patex, das muss reichen. Denn der bürgerliche Name gehört zu seinem Privatleben, das er streng getrennt hält vom öffentlichen Dasein als DJ. Zusammen mit einem Kollegen hat er bereits im Alter von 14 Jahren Space Melody gegründet
 „Andere Kids in meinem Alter wollten Autoscooter fahren, ich wollte immer nur einen Plattenspieler besitzen“ gibt Patex zu bedenken. Und aus seiner Passion wurde im Laufe der Jahre ein Job.

 http://www.space-melody.com

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Über  jene Space Melody Website kann man das, inzwischen vierköpfige DJ Team für diverse Events und Clubs engagieren – zumindest theoretisch, denn praktisch ist das Quartet ohnehin so gut wie immer ausgebucht mit vier bis fünf Jobs in der Woche. „Aber die DJ Szene ist auch nicht mehr das, was sie einmal war“ gibt Patex weiter zu bedenken. „Früher besorgte man sich die Platten und gab die Richtung vor als DJ in einer Diskothek. Heute kennt jeder dank Internet ohnehin schon alles, und man präsentiert nichts Neues, deshalb muss zumindest die Präsentation umso ausdrucksstärker sein.“ – Trotzdem ist das einstige jugendliche Hobby zur Passion geworden. Und mit 18 Jahren hatte der, inzwischen 30jährige Südtiroler seine ersten eigenständigen Auftritte, die er mit seinem Team bstreitet. Da wäre noch Gianni der das Booking macht, DJ Totti, DeeJay A-Dee und L-Jay Skizzo. Und die Clubs sind meist sehr gut besucht, wo die Crew von Space Melody auftaucht. Ob es sich da um das B52 in Brixen handelt, das Boxenstopp in Hafling oder das Ecstacy, wobei Patex zu bedenken gibt, dass ihm inzwischen das Auflegen in Pubs wie dem Gravensteiner in Marling oder dem Noah in Kaltern und dem Apres’ Club in Gargazone bedeutend lieber sind als die Schaum- und Farborgien in den großen Diskotheken. „Das Wichtigste ist natürlich der Kontakt zu den Besuchern.

Und so sind wir meistens zu zweit unterwegs. Einer ist für die Technik zuständig, der Andere sorgt für das passende Ambiente. So funktioniert es am besten. Der Nachteil an dieser Tätigkeit ist, dass man selbst kaum mehr als 4 Stunden Schlaf hat in so einer Nacht. Deshalb gilt als oberstes Gebot für uns selbst: no Alcohol at all.“
Dass bei alldem das eigene Privatleben mehr als zu kurz kommt, bleibt überflüssig zu erwähnen. Trotzdem behält die DJ Leidenschaft die Oberhand - noch!!! Ein großer Bekanntheitsgrad ist bereits erzielt, einer bei dem es auch Tücken gibt wie zum Beispiel die Kontrollen der Società Italiana degli Autori ed Editori (in Deutschland die Gema) Deshalb werden bei Space Melody fast ausschließlich Orignal CDs verwendet und keinesfalls irgendwelche Mash Up MP3s , die im Internet zusammengesucht worden sind. Mit berühmten Kollegen wie etwas David Guetta möchte sich Patex nicht vergleichen und auch gar nicht so sein wie dieser, die wie er sagt, gar nicht mehr zum eigentlichen Tun kämen vor lauter jetsetten von MTV bis sonst noch was. – Auch gegen Rock’n’Roll hat Patex nichts. „Man muss nur ein Gefühl entwickeln, wann man etwas wo einsetzt. Denn was habe ich davon, wenn ich AC/DC und ‚Highway To Hell’ spiele und dann betrunkene Gäste beginnen, die Gläser zu zerschlagen. Wenn  sich so eine Nacht dem Ende zuneigt, versucht der DJ mit entsprechend-passender Musik der lokalen Atmosphäre ein Aufbruchs-Feeling einzuverleiben. Facebook ist übrigens ebenfalls eine ideale Sache. Denn ich poste oft von einem Event mittendrin in Action und schicke Fotos. Und wer immer das dann gerade entdeckt, überlegt es sich kurzfristig, auch noch schnell da oder dort vorbei zu schauen – je nachdem.“ –  
www.facebook.com/patex

Auch  wenn die elektronische Musik mit Sicherheit marktführend ist, so ist der Beruf des DJs eine Frage der Zeit. Deshalb wird auch über die Grenzen der Provinz geguckt, ob weiter unten im Süden, wo der Rhythmus der Gleiche - und nur das Zeitschema verschoben ist, oder oben im Norden, wo Space Melody noch nicht wirklich angekommen ist.
Für diese Musik sehr empfehlenswert ist übrigens Radio Sonnenschein, in Südtirol frei empfangbar, aber auch im Internet präsent. Alle Infos zum Sender mit dem glockenreinsten Klang südlich der Alpen gibt es unter:
http://www.sunshine.it/


Und unser Star DJ hier gibt last but not least noch zu bedenken, dass, wenn er doch einmal einen freien Tag hat, keinesfalls zu erreichen sei, und auch die Musik eine Pause macht.
Fakt ist, dass sich der  Dancefloor eines, doch deutlich  positiveren Feelings erfreut im Gegensatz zur Rockmusik, was nicht zuletzt an der Jugend von Heute liegt. Trotzdem ist auch der Rock'n'Roll nicht totzukriegen – noch nicht! Südtirol versucht beide Szenen zu pflegen, und wie man so schön sagt: wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Frei.Wild haben es vorgemacht. Und seien wir mal ehrlich: es gibt letztendlich doch nur zwei Arten von Musik, nämlich gute und schlechte, ob diesseits oder jenseits vom Brenner....
EBL

Dieser Artikel ist auch in der brandneuen Ausgabe des westösterreichischen Szene- & Veranstaltungsmagazins Westpoint abgedruckt....