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02.10. 2003 München  Garage
Mike Tramp

Seit Jahren versucht Mike Tramp ohne seine damalige Erfolgstruppe White Lion ein Bein ins Getriebe zu bekommen. War das erst mit Freak Of Nature der Fall, dann versuchte er es später im Alleingang als Solokünstler. Dies gelang und gelingt ihm noch immer nur bruchstückweise. Logisch, Melodic Rock Fans lassen nichts auf ihn kommen, um Gottes Willen. Im Gegenteil, für jene Anhänger ist Tramp nach wie vor der glänzende Superstar, der er einst bei White Lion war. Live ist der gebürtige Däne  auch gar nicht übel was die Musikalität angeht. Und das wissen die anwesenden Fans auch zu würdigen. Da besteht kein Zweifel. Und dank seines Aussehens und der gewissen Arroganz strahlen die zahlreichen Blondinen in den ersten Reihen wie Christbaumkerzen um die Wette. Dieser Musikstil hat nur einen Haken. Er läuft sehr leicht Gefahr, dass alles irgendwie gleich klingt. Und das tut es in meinen Ohren auch. Irgendwie kann ich mich hinterher nicht mehr erinnern, was welches Stück war. Das ist eine straighte Linie ohne Ups und ohne Downs, - ohne Ecken und auch ohne Kanten, perfekt durch inszeniert und ohne Gefühlsausbrüche. Resultat, es langweilt. Einziges Highlight: "Broken Heart". Und das war nun mal der größte Hit von White Lion. Aber das allein macht die Sache nicht fett. Auch wenn über allem der Spirit von Phil Lynott schwebt, den Tramp von jeher als seinen Mentor und größten Einfluss erkoren hat. 

Ach ja, eigentlich wurde in einer Pressemitteilung verkündet, dass heute Abend als Überraschung und Sensation White Lion reformiert auftreten sollten. Dem war jedenfalls nicht so. Und es erfolgte auch keine Ankündigung in Bezug auf eine Reunion..... Warum wohl? Nun ja, gut gefüllt war der Club allemal. Und das war wohl letztendlich Sinn und Zweck der Sache. Es lebe die Propaganda!

                                                                                    

30.09. 2003 München Gr. Elserhalle
David Sylvian

David Sylvian kennen viele von uns älteren Semestern aus seiner Glanzzeit mit "Japan", der englischen Exzentrik-Popband, die mit Songs wie "Ghosts" und "I Second That Emotion" Anfang der Achtziger Jahre internationale Erfolge feierte . Im Original übrigens von Smokey Robinson & The Miracles. Leider war dieser Gruppe kein langes Leben beschieden, und David Sylvian versuchte sich mal mehr, mal weniger erfolgreich als Solokünstler. An einen Status von Japan ist er allerdings anschließend nie wieder heran gekommen. Auch die Arbeit mit Robert Fripp von King Crimson konnte seine Genialität der breiten Masse nicht näher bringen. Eigentlich schade, denn ein brillanter Musiker ist Sylvian allemal. Die Tatsache, dass er die künstlerischen Ansprüche an sich selbst fast schon in astronomische Höhen hoch geschraubt hat, behindert aber den berühmten Funken, der mit eben diesen sphärischen Klangwolken auf dem kommerziellen Markt einfach nicht zünden will. Das scheint nur  etwas für  anspruchsvolle Musikkenner zu sein, für Freaks, für Träumer, für Exzentriker oder für blutige Laien wie mich, die verzweifelt versuchen, die Philosophie von astral-symphonischen Tonsequenzen in einen verständlichen Rahmen zu pressen, um sich hinterher einzureden, dass dies das Non Plus Ultra an musikalischer Schaffenskraft ist. - 

Verdammt nochmal mein lieber Herr Gesangsverein, ich versuche es aber ich kann es nicht. Vor allem, wenn da oben drei, irgendwie weltfremde Individuen sitzen, die sich in verworrene Irrgärten von dividierten Zwischentönen subtrahieren, um diese dann unterm Bruchstrich wieder zu multiplizieren. Und obendrein wird man das Gefühl nicht los, dass der Rest der Band fehlt, auch wenn's gar keine gibt (bzw. der Zaster dazu wahrscheinlich nicht gereicht hat). Da hilft auch keine esoterische Videoprojektion auf Leinwand, die mir eher vermittelt, dass die Dioptrienanzahl meiner Kontaktlinsen demnächst erhöht werden muss. Fest steht, - jedenfalls für mich, - das ist auf alle Fälle Musik   für daheim, für desillusionierte Idealisten mit Tendenz zu leicht schwermütiger Kontrastperspektive mit Hang zum melancholischen Ambiente. Das ist Unterhaltung für Individualisten für Perfektionisten, oder eben solche, die glauben es zu sein. Und ich habe festgestellt, dass  all diese Charaktereigenschaften so in etwa zu mir passen, wie Boney M zu King Crimson. Ja sicher, auch mir gefällt King Crimson  - zu Hause, in der richtigen Laune, und in der  perfekten Gesellschaft.  Aber live in concert bevorzuge ich immer noch - "Highway To Hell", "Smoke On The Water", "Ace Of Spades"  -   oder zumindest "Tin Drums" von Japan. Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja demnächst eine weitere Band-Reunion, - zumindest damit der Rubel wieder rollt, - gell David?!!!

                                                                                          

28.09. 2003 München  Backstage
The Donnas

Wär hätte das gedacht! Haben es diese vier Girls aus Kalifornien tatsächlich geschafft, sich im internationalen Hardrock-Business zu etablieren. Mit eingängigen Mitgrölnummern machten sich The Donnas sehr schnell einen Namen, auch wenn sie als Frauenband erst einmal ziemlich mißtrauisch beäugt wurden. Aber das hat sich inzwischen geändert. Die Mädels rocken ab was das Zeug hält. Mit einer Sängerin, die immerhin noch das meiste Sexappeal aufweist, einer Gitarristin, die visuell  fast schon banal an Dee Dee Ramone erinnert, aber wahrscheinlich noch besser Gitarre spielt als jener, Gott hab ihn selig. Die Bassistin rollt mehr über die Bühne als dass sie steht und geht, und in der Schlagzeugerin scheint ein Tier zu stecken. Sie haben sich musikalisch irgendwo zwischen Iggy Pop und den Ramones angesiedelt nicht ohne einen Touch traditionellem Rock'n'Roll. Und dies verfehlt mitnichten seine Wirkung. Die Bude ist zwar nur halbvoll, aber dafür drehen die paar Punkrockseelen im Publikum vollends ab. Da macht es auch nichts, wenn der eine oder andere Ton nicht ganz 100%ig stimmt. Sch... egal, Hauptsache die Post geht ab und die Party explodiert. 
Und ihre beiden größten Hits bis dato treffen den Nagel auf den Punkt - "I Don't Care"
weil sie sich um keine Konventionen scheren und ihr Ding straight durchziehen, - und "Who Invited You", - weil sie eben niemanden einladen. Kommen müsst Ihr schon von selber...... 

                                                                                  

23. 09. 2003 München  Backstage
Killing Joke

Eine Legende kehrt zurück. Himmel, wär hätte das gedacht, dass diese Kultband der späten 70er Jahre/Anfang Achtziger Jahre noch einmal an den Horizont des Showbusiness zurück kehrt. Und es ist fast alles so wie früher. Der Sound, die Show, die Aufmachung inklusive Horror-Make up. Okay, Youth ist nicht dabei auf dieser Reunion-Tournee. Aber der wäre auch gar nicht in der Lage dazu gewesen. Dafür ist Raven wieder mit von der Partie. Und das macht die ganze Sache mehr als wett. Wer von Euch Killing Joke von früher kennt, der weiß, wovon ich spreche. Jaz Coleman hat nichts von seiner Ausstrahlung verloren, auch wenn der gute Mann mittlerweile wacker auf die 50 zu marschiert. Er kann's noch immer. Und konditionell ist er fit wie ein Turnschuh. Killing Joke präsentieren hiermit auch ihr neues gleichbetiteltes Album, das widerum hart und kompromisslos ihren Stil vertritt. Und den Fans gefällts. - Yeah, da geht die Post ab. Killing Joke sind back again. Lasset uns beten, dass es auch so bleibt. 

                                                                                          

 

20. 09. 2003 Kaufbeuren  Zeppelinhalle
Krokus

Friede, Freude Eierkuchen, jau, das ist Rock'n'Roll, so wie wir ihn lieben. Die Herbstzeitlose stehen in voller Blüte. Das sind doch auch Krokusse oder?!! Nur eben etwas spätere. Aber die blühen dafür umso schöner. Da bleibt kein Auge trocken. "My Stick Goes Broom" macht eindrucksvoll den Anfang, wie auch immer man das auffassen mag. Aber ich bezweifle keinen Augenblick, dass er das wirklich tut in gewisser Hinsicht, was immer das auch heißen soll. 
Krokus sind jedenfalls besser als zu ihren besten Zeiten anno dazumal. Der Ton stimmt, die Stimmung stimmt und der Vibe ist nahezu perfekt. Rock The Block ist die Devise, straight durch die Wand, ohne Punkt und Komma. Wir stampfen mit und wir singen mit, und schwupps ist der letzte Ton verklungen. Das ist der große Nachteil bei Konzerten die wirklich begeistern. Die Zeit scheint einen Sprintlauf hinzulegen, und es kommt uns vor, als ob gerade erst die Aufwärmphase beendet wäre. Hilfe! Wo sollen wir hin mit all unseren Energien, die noch in uns stecken. Da reicht eine Zugabe mitnichten. Halt,  ich hätte da schon so eine Idee. Wie heißt es so schön? Bei den Alten ist man gut gehalten. Und schließlich sind wir selbst nicht mehr die Jüngsten, also - pfeif drauf. Jetzt geht die Party erst richtig los..... Und das noch hoffentlich viele Jahre......

 

                                                                                     

18.09. 2003 München  Olympiahalle
Santana

Über Santana will ich diesmal nicht viele Worte verlieren, da sich dieses Konzert in nur geringfügigen Abweichungen von dem Event zur VÖ des aktuellen Albums unterscheidet. Okay, diesmal war's die Olympiahalle und zwar gleich 2x hintereinander ausverkauft. Diesmal war keine Michelle Branch dabei. Und diesmal hat die Band doppelt so lange gespielt, genau gesagt, dreieinhalb Stunden. Die Setlist war so ziemlich die gleiche, Santanas Soli auch, wie immer brillant präsentiert, und Dennis Chambers hat einmal mehr bewiesen, dass er zu den weltbesten Schlagzeugern gehört. Einen Unterschied gab es dann doch. Ich hatte keinen Fotopass. Wie auch immer, es war wieder einmal eine perfekte Darbietung, fehlerlos, vollkommen und formvollendet. Die neuen Stücke wechselten sich mit den Klassikern (Black Magic Woman, Samba Pa Ti etc) ab und taten ihre Wirkung. Nur eine Sache wundert mich immer wieder. Warum ignoriert Meister Carlos nur immer Material von Alben wie dem vorzüglichen "Inner Circle". Auf diese Frage werden wir wohl so schnell keine Antwort erhalten, dafür aber jegliche Menge an Vorträgen in Bezug auf esoterische Tiefenpsychologie. Denn darin ist Santana mindestens ebenso bewandert wie in seinem Gitarren - Salto Mortale. 

                                                                                  

09. 09. 2003 München  Gr. Elserhalle
The Cramps

The Cramps. - Den Namen haben viele zwar schon oft gehört, aber wissen trotzdem nicht viel damit anzufangen. Egal! Die Cramps, das ist Punk. Die Cramps sind der Schatten der Sex Pistols und die Cramps sind grottenschlecht. So schlecht, dass man darüber sogar schon wieder lachen kann. Aber, und das ist der springende Punkt, sie gehören eben genauso in die Punkhistory wie die Sexpistols oder die Ramones. Dementsprechend viele Sid Vicious Verschnitte befinden sich im Publikum. Es bleibt obendrein alles in der Familie, und die Dame, die die Saiten zupft ist nicht nur das Girlfriend des Sängers sondern auch saumiserabel in ihrer Darbietung. Fest steht, es wird mehr für's Auge als für's Ohr geboten inklusive akrobatischer Verrenkungen und einer Fast-Selbstbefriedigung. Das Gesangsmikro wird vergewaltigt und fast verspeist. Aber eben nur fast, weil es doch etwas unverdaulich wäre. Unterhaltsam war's allemal, also was soll's...... 

                                                                                       

15.8. 2003 München  World Nature Festival
Zodiac Mindwarp


Für die Kritik klickt bitte Bild an

                                                                                            

 

9. 7. 2003 München  Tollwood Festival
YES

"YES" - wieder in Original-Besetzung. Nun ja, wenn man es ganz genau nimmt, stimmt es nicht ganz. War doch Bill Bruford in den Sechziger Jahren der erste Schlagzeuger von Yes. Aber Alan White ist schließlich auch schon seit Anfang der Siebziger dabei, und vor allem war er mit von der Partie, als die Band ihre größten Erfolge feierte. Viel interessanter ist, dass Steve Howe und Rick Wakeman wieder zurück gekehrt sind in den heimatlichen Hafen, aus was immer für welchen Gründen. Ist ja auch egal, hauptsache, die Fans kommen auf ihre Kosten, und die Rechnung stimmt. Aber man höre und staune. Die, etwas in die Jahre gekommenen Jungs haben es wirklich noch drauf. Jawohl! Trotz, teilweiser 20-minütiger Soli wird es keine Minute langweilig. Steve Howe beweist einmal mehr, dass er zur absoluten Gitarristen Elite gehört, und Wakeman bearbeitet sein Keyboard, als ob es kein morgen mehr gäbe. Ian Andersons Stimme und gleichzeitig Markenzeichen von Yes, macht nach wie vor jedem Eunuchen von Bagdad Konkurrenz und Chris Squire rollt zwar mehr über die Bühne, als das er steht und geht, aber das dafür um so beeindruckender. Yes spielen kein Konzept-Konzert, sondern einen bunten Reigen ihres gesamten Schaffens mit sämtlichen Raffinessen. Und genau das lässt das Adagio so kurzweilig wirken. Nur ein Song wird ganz bewusst ausgelassen, - warum wohl?! Nun, dafür soll's im nächsten Frühjahr ein neues Album geben - in Originalbesetzung versteht sich....
Owner of a lonely.... Verzeihung - hopefull heart....

                                                                                         

24. 6. 2003 München  Zenith
Jethro Tull


         Derwisch Ian Anderson
Also, entweder habe ich Jethro Tull schon zu oft live gesehen, oder meine Stimmung ist  nicht die allerbeste. Oder ist  schlicht und ergreifend einfach der Saft raus aus der Performance. Im Vorprogramm aber fungiert erstmal Leslie Mandoki (alias Mr. Dschingis Khan) samt einer Truppe illustrer Gäste unter dem  Namen seines Projektes  "Soulmates". Mit dabei sind  ein hervorragender Chris Thompson, die junge Sängerin Masha,(Tochter von Frank Elstner)  sowie Ian Anderson samt Bandkollegen himself. Diese Mischung verschiedener musikalischer Parallelen erweist sich als abwechslungsreicher Cocktail mit einem Schuss Experimentierfreudigkeit und Liebe zum Detail. Bravo! Hoffen wir, dass die Soulmates in was immer für einem zukünftigen Line up noch öfter von sich hören lassen.
Bei Jethro Tull hingegen hat sich so gut wie gar nichts verändert. Ian Anderson ist noch Immer Tull, und die anderen sind Staffage. Auch wenn es sich hierbei ebenfalls um hervorragende Musiker handelt. Die Songs werden noch immer in unendliche Länge gezogen, dank konstantem Querflöten Intermezzo, das sich austobt, als gelte es einen neuen Weltrekord zu erzielen. Und Meister Anderson tobt noch immer wie ein wildgewordener Derwisch über die Bühnenbretter. Musikalisch einwandfrei können Jethro Tull ihr, zum größten Teil älteres Publikum durchaus überzeugen. Aber wie gesagt, wahrscheinlich habe ich diese Rocklegende einfach schon einmal zu oft gesehen, als dass sie mich aus meiner Lethargie heraus holen können. Das Finale  wird mit Locomotive Breath, wie sollte es anders sein, abgeschlossen, unterstreicht das Kapitel XY und die Akte wird wieder einmal geschlossen. 
Und Feierabend, - meine Herrschaften! 

                                Chris Thompson

                                                                                     

18. 6. 2003   Wörgl Tirol  Komma
Krokus

Es hat sich wieder einmal bewahrheitet. Immer wenn die Erwartungen nicht allzu hoch geschraubt sind, werden sie am ehesten erfüllt. Wauw, was für eine Band!!!  Fernando v. Arb und Mark Storace beweisen, dass Oldies halt doch Goldies sind und mitunter mehr Energie aufbringen, als so manches junges Gemüse. Himmel, wo habt Ihr Euch denn Euren Jungbrunnen erstanden? Da bleibt kein Auge trocken und kein großer Zeh ohne Wackelkontakt. Die Hits von Krokus aufzuzählen, erübrigt sich. - Jawohl, natürlich sind sie alle vertreten - quer durch die Bank, und sie zischen ab wie anno dazumal. "Easy Rocker", "Long Stick Goes Boom", "Eat The Rich" und "Screaming In The Night", um doch noch einige zu nennen. Yes!!!! Das ist, was man wirklich Rock'n Roll nennt und noch einiges mehr. Eine Performance, bei der man anschließend das Gefühl hat, dass die komplette Energie Opfer der eigenen Verausgabung geworden ist und absolute Befriedigung im Sinne des Rock'n'Roll hinterlässt. Krokus haben schon auf ihrem aktuellen Album bewiesen, dass sie's  immer noch können. Das hier stellt nur noch die schriftliche, pardon - musikalische wollte ich natürlich sagen, Bestätigung dar,- und zwar mit Sanktus, Siegel und mit Fidibus......
PS.: nur mein Alltime-Lieblingssong "Bad Love" hat noch gefehlt.