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24. 10. 2003 München  Olympiahalle
Iron Maiden

Hallo meine lieben Freunde des gepflegten metallischen Wunschkonzerts!

Da bin ich wieder, Euer Krümel-Schmuse-Monster, dass den Fahnenmast der Eisernen Jungfrau aufrecht hält. Ja, ja, wirklich! Wenn ich nicht wäre, dann könnten die Jungs schon längst die Segel streichen. Aber keine Angst, Euer Eddie sorgt schon dafür, dass die Titanic  nicht sinkt. Verändert hat sich in unserer Jungfrauen Familie nicht viel, seit ich Euch das letzte Mal vor zwei Jahren die maidenische Philosophie auseinander dividiert habe. (siehe Eddies Fazit 1.Teil - click hier) Okay, wir sind wieder etwas älter, reifer und weiser geworden und haben ein neues symphonisches Liedgut am Start mit dem Titel: „Kiss Of Death“, überetzt heißt das Küsschen zum Träumen oder so ähnlich. Aber eigentlich klingt es so wie immer, typische - Beast – 666 – Rhythmen. Inzwischen bin ich übrigens in den Adelsstand erhoben worden und darf mich fortan „Sir Edward –The Great“ nennen. Hört sich doch cool an, oder?! –

Aber zurück zum eigentlichen Geschehen...  Dies hier soll nun unser Auftakt zur Europa Tournee gewesen sein. Aber ganz unter uns, eigentlich haben wir bereits drei kleine Stell-Dich-ein in Polen und der Tschechei absolviert, um etwas warm zu werden, - Generalprobe sozusagen. Aber das braucht ja keiner zu wissen. München war schon immer einer unserer Lieblingsorte, und das nicht nur wegen der berühmten Weißwurscht. Diesmal durften wir sogar in einer noch größeren Halle auftreten wie letztes Mal. Und wisst Ihr was?! Die Bude war ebenso rammelvoll. Vom kleinsten Provinzrocker bis hin zum Schicki-Micki-Pseudo-Rock’n’Roller war alles vertreten. Und das schönste war, ich hatte auch noch vollen Überblick. Allerdings frage ich mich nach wie vor, wie meine sechs Jungs auf die Idee gekommen sind, mir so einen Geisterschloss-Vorbau vor die Nase zu setzen. Und mir haben sie noch dazu ein Kostüm verpasst, dass ich den Eindruck hatte, ich  muss jetzt das Gespenst von Canterville spielen. Bei allen heiligen Rosenkranzprivilegien. Aber das ging fast eine Spur zu weit. Die eigentliche Inszenierung war wie immer fast die gleiche. Captain Brucey, unser Frontpilot, hat wieder einmal bewiesen, dass er fit wie ein Turnschuh und reif für den Iron Man auf Hawaii ist, mit braver Bubikopffrisur versehen. Wusstet Ihr eigentlich, dass unser Kleiner jetzt sogar schon große Verkehrsmaschinen fliegen darf? Es ist die Rede davon, dass er auf unserer nächsten Tournee sogar das hauseigene Band-Flugzeug von Auftritt zu Auftritt fliegen soll. – Na ja, ich werde auf jeden Fall vorher noch eine Lebensversicherung abschließen, da könnt Ihr sicher sein. Mir graut jetzt schon davor. Ich leide doch sowieso schon unsäglich unter nicht kurierbarer Flugangst.

Von Steve hat man außer Haare sowieso nicht viel gesehen. Beneidenswert. Der Kerl muss nie Angst haben, einmal Glatzkopf genannt zu werden.  Jannick macht mir langsam in Sachen Runzelface Konkurrenz. Dabei gibt es jetzt ein ganz heißes neues Antifaltenlifting. Leider konnte ich Euch das Ergebnis, dank der vermaledeiten Zipfelkapuze, die sie mir verpasst haben, nicht zeigen. Aber ich habe demnächst ein Fotoshooting bei Playgirl. Da könnt Ihr Euch überzeugen, und auch noch von anderen anschaulichen Kleinigkeiten!!!! Da heiße ich dann „Edward Chippendale“.

Adrian und Dave hielten sich wie stets, etwas im Hintergrund. Die Beiden sind wirkliche englische Gentlemen. Wobei ich gestehen muss, dass Adrian vor der Show bei einem Interview den Namen unseres neuen Scheibchen komplett vergessen hatte. Die Erinnerung kehrte auch nicht mehr zurück. Unter uns gesagt, mache ich mir da langsam wirkich etwas Sorgen in Bezug auf altersbedingte Vergesslichkeit. Aber gut, solange Adi nicht seine Noten auf der Bühne vergisst, ist das andere noch verzeihbar. Drücken wir also ein Auge zu. Unser Dave kam erst kurz vor dem Start der Europa-Tour aus seinem hawaiianischen Domizil zurück. Zwar gut erholt, aber die Inselküche hat sichtbare Merkmale hinterlassen. Mein lieber Honolulu - Kakadu!! Ich denke, wir werden unseren Aloha-Murrey erst einmal auf Diät setzen müssen für eine Weile. And last but not least ist da natürlich noch Nicko, unser Vereinsspaßvogel in der Runde. Mit seinen drei Nummern zu großen Liebestöter-Shorts im latest Up-To Date-Hip-Hop-Fashionstyle macht er mir fast schon Konkurrenz. Äußerst sexy, ala´ James Bond im 3/4 Takt. Nur mit dem Unterschied, dass unser 007 noch etwas fixer ist, was das Bearbeiten der Trommelfelle angeht. Quasi nach dem Motto: er kam, trommelte und siegte. 

Aber, und das ist schließlich und endlich das wichtigste, es war wieder einmal eine perfekte und höchstprofessionelle Performance auf Grund eines 100%ig aufeinander eingespielten Teams. - Inklusive mir versteht sich. Meinen ersten Auftritt hatte ich diesmal etwas eher im Set, schon beim Song „Iron Maiden“. Nur war ich leicht angesäuert, denn ich durfte gerade mal nach oben schauen im Hintergrund und winke winke machen. Dann musste ich schon wieder kuschen und meine Knie am Parkett reiben. Wieder eine dieser Ungerechtigkeiten, von denen ich Euch letztes Mal schon erzählt habe. Ich bin schließlich auch vollwertiges Bandmitglied und obendrein noch Maskottchen. Und die Fans lieben mich. Ihr hättet sehen bzw. hören sollen, wie sie jubiliert haben, als ich in Erscheinung trat. Erst bei der Zugabe, die unter anderem aus meiner Hymne „Number Of The Beast“ bestand, durfte ich dann komplett nach vorne kommen und grazil über die Bühne hinweg schweben. Und wie habe ich es genossen!!! Denn schließlich wartet im Grunde genommen jeder Maiden Fan letztendlich nur auf diesen Höhepunkt. Nämlich auf mich,  - Eddie, - nein, Edward – The Great. Und ich habe mich wieder einmal vorbildlich benommen, wie,  - na wie es sich eben für einen adligen britischen Gentleman geziemt. – Und soll ich Euch was flüstern?! – Was quasi der Dank dafür war?! Die Saubrüder sind wieder einmal ohne mich zum bechern an die Hotelbar geflüchtet, und ich durfte im Bretterverschlag wie immer dem Rumoren der Holzwürmer zuhören bis zum nächsten Auftritt. Ich finde das jedenfalls nicht sehr nett und werde mich bei gegebener Gelegenheit revanchieren. Hoch lebe die Gerechtigkeit und alle seine Konsequenzen.

                                                                                                                         

Euer Eddie..... nein - Edward The Great – natürlich…. 

 

15. 10. 2003 München  Backstage
Spock's Beard / Cal.Guitar Trio

Jawohl, Ihr erinnert Euch richtig und habt sie hier in Deutschland bereits live spielen sehen. Einmal im Vorprogramm von King Crimson 1995, und davor waren sie als Robert Fripps "Crafty League of Guitarists" 1991 hierzulande. Das California Guitar Trio, wobei man betonen muss, dass keiner von ihnen wirklich aus dem Sunshine State stammt. Hideyo kommt aus Tokyo, wo er nach wie vor beheimatet ist. Paul stammt aus Seattle, und Bert ist Belgier. Dank Crimson Mastermind Fripp fideln sie jetzt gemeinsam die Tonleitern rauf und runter und vollführen wahrhaft akrobatische Kunststücke. Und - mein Gott - sie fideln sie nahezu perfekt. Das sind drei Akustikgitarren, Marke Eigenbau, die 100%ig aufeinander abgestimmt sind. Bei allen Erzengeln und ihren Geigen und Trompeten - die sind nämlich nix dagegen. Das Repertoire des California Guitar Trio umfasst immerhin bislang sechs Alben. Trotzdem widmet man Queen eine Homage mit Bohemian Rhapsody. Übrigens eine Spontanaktion, zu der man sich diesmal on stage von einer Sekunde zur anderen entschlossen hat, wie man mir später offenbart. Nur die Muse der klassichen Musik hat man diesmal außen vor gelassen, dabei wäre doch gerade Beethovens "Neunte" eine echte herausforderung, wie das Trio Infernal beteuert. Aber es passt halt nicht so ganz zu den progrockigen Klängen, welche das komplette Bandpaket betimmen.Macht nix, - einen bleibenden Eindruck haben die drei Sunnyboys allemal hinterlassen, auch wenn deren Auftritt gerade mal 30 Minuten gedauert hat. Auf ein baldiges Wiedersehen freuen wir uns schon heute. Hoffentlich nächstes Mal mit der "Neunten" , pardon... - mit Schutzpatron Tony  (Levin) im Gepäck.....    Versprochen ist versprochen! - 
PS.: Es gibt hier auch noch woanders gute Hamburger - Hideyo - ehrlich!


Spock's Beard

Beim Barte des Proph.... nein Spock's Beard natürlich muss es heißen. Da fehlen einem echt die Suren des Koran, und die Ehrfurcht ist Richtung Mekka, bzw. die Bühne gerichtet. Vorweggenommen sei, dass ich den Ausdruck "Prog Rock" nicht leiden kann, genauso wie Hatschi Halef und dieses ganze Nischen-denken. Das hier ist hervorragend dargebotene Rockmusik vom feinsten. Da sind Künstler am Werk, die nicht mehr lange überlegen. Die ganze Philosophie der Rock'n'Roll DNA sprudelt aus ihnen heraus wie der Ganges aus den nepalesischen Hochalpen. Wie auch immer, wir befinden uns nach wie vor in westlichen Gefilden und Gesängen trotz der exotischen Vergleichsziehungen. Obwohl, - exotisch sind Spock's Beard allemal, nicht nur was ihren impulsiven Keyboard-Henker Ryo Okumoto betrifft, der sein Baby mit aller Liebe zum Detail in tausend und eins Stücke zerlegt. Die Technik stöhnt jedesmal,-  weniger wegen Ryos Zerstörungswut, als vielmehr anhand der Tatsache, den Rest des Sets in Rosenkranz-Gebetsstellung verbringen zu müssen, um den Opferaltar nach leidlicher Wiederherstellung in vertikaler Stellung zu halten. (siehe Beweisfotos) Hauptsache, das Ganze kommt von Herzen. Welche Band kann schon von sich behaupten einen der etabliertesten Schlagzeuger im Business zu besitzen, der sich wie ein Chamäleon von pink in rosa verandelt nach einschneidenden Line up Veränderungen. Der Typ kann singen wie eine Nachtigall, spielt Gitarre wie Apollo und sieht aus, - na ja - eben zwar nicht wie Apollo, aber dafür wie der große Bruder von den Backstreet Boys. Aber hallo Mädels, ihr versäumt da was!!! Nick D'Virgilio macht einerseits den Eindruck - als kuschliger Teddybär in den Arm genommen zu werden, -  um sich andererseits als rotzfrecher Lümmel da oben auf der Bühne einen Spaß zu machen. Und letzteren hat er mit Sicherheit. Da biegen sich die Balken, meine Herren. Und damit wir nicht ganz vergessen, dass er eigentlich Drummer von Beruf ist, setzt er sich unter anderem mehrmals an sein geliebtes Instrument und setzt die Snare schachmatt. Um diese Bravuraktion noch zu unterstreichen, tänzelt sein, für ca. 10 Minuten arbeitslos gewordener Ersatz grazil wie Nurejew an die vorderste Front und probiert die brandneueste Stagediving Technik aus. Dank Jimmy Keegans elfenhafter Figürlichkeit samt Fliegengewicht - für das Publikum keine Verletzungsgefahr. Man lässt ihn kurzerhand quer durch die Halle auf Händen getragen, schweben. Übrigens, auch er ist kein Unbekannter im Showgeschäft, hat er doch vor nicht allzu langer Zeit zusammen mit Santana dessen Glanzteil  "Supernatural" eingespielt. Fazit: die Rente ist auf jeden Fall gesichert. Aber auch die Leadgitarre geht nicht unter im Getümmel. Alan Morse - nach dem  Motto - it's cool Man - legt eine Performance hin, dass sich die Balken biegen, teils konzentriert mit Grabesmiene, teils mit Witz und einer Flasche Heineken Helles. Prosit, wohl bekomm's. 

Das Beeindruckende an Spock's Beard ist die Tatsache, dass es sich hierbei um ausgetüfftelte,  in sich verschlungene Melodienstrukturen handelt, die sich, je nach Laune bis in mathematisch - ausgeklügelte Improvisationen steigern, um dann streckenweise wiederum in Ohrwurm - Mitsing -  Passagen einzufließen. Und das alles wird auch noch mit einer Lockerheit vorgetragen, dass ich mir ab und an nicht mehr sicher bin, ob ich in einem ernsten Frickelrock - Konzert oder in einem Kabarett mit Musikeinlagen gelandet bin. Yes!  - So soll es sein! Gute Musik, vorgetragen mit Witz und Ironie und der Leichtigkeit des Seins. Mr. Spock gibt seinen Segen, pilgert nach Mekka und lässt uns hoffen, dass der Bart noch lange nicht rasiert wird. 
Nick! - Irgendwann rollt der Rubel, Du wirst schon sehen.....

noch mehr Bilder - h i e r

                                                                                            
                

5. 10.2003 München  Backstage
Living Colour

"Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann"...hat Trude Herr (Gott hab sie selig) schon 1964 geschmettert, als der Rock'n'Roll noch in den Kinderschuhen steckte. Ich übrigens auch! Nun, jetzt ist heute, und schokoladig sind sie allemal, die Jungs von Living Colour, zumindest was die äußere, ziemlich ansprechende Optik angeht. Aber wer glaubt, dass sie deswegen "Dancing On The Ceiling" säuseln wie Schnulzbacke Lionel Richie, der befindet sich auf dem Holzweg. Das hier ist knallharter Rock, was Vernon Reid, Corey Clover, Will Calhoun und Doug Wimbish vom Stapel lassen. Was die Vier übrigens bereits vor mehr als 15 Jahren in ihrer Glanzzeit praktiziert haben. Songs wie "Type" oder "Love Rears It's Ugly Head" avancierten zu Klassikern. Fest steht, die künstlerische Pause, aus was immer für welchen Gründen, hat ihnen nicht geschadet oder weh getan. Heute sind die vier Schoko-Rastas nach wie vor up to date, und noch dazu jünger, besser und explosiver als je zuvormit neuem Hairstyle inklusive. Yes, da tanzt Jimi Hendrix im Himmel Tscha Tscha Tscha, spielt Roulette mit Elvis und gibt seinen Segen. Living Colour sind der lebendige Beweis dafür, dass Black Music nicht Soul sein muss, und Soul auch noch rocken kann. 

Aber wie!!! Ein Ausbruch des Ätna nimmt sich aus wie die Wiener Sängerknaben,  vergleicht man diesen mit der Dezibelexplosion der kolleidoscopischen Delegation aus Amiland. Mein lieber Schwan, da zittert die Hütte da wackeln die dritten Zähne, vom drohenden Gehörsturz ganz abgesehen. Wohl dem, der nicht vergessen hat seinen Ohrenschutz zu benutzen und zwar richtig. Andererseits gehört diese Lautstärke zu Living Colours Musik wie eben die Lava zum Vulkan. Die Wirkung wäre sonst nicht dieselbe. Beeindruckend auch die Festung aus der sicherlich weltgrößten Gitarren-Pedalen-Sammlung, die ich jemals bei einem Konzert erspäht habe. Weltrekordverdächtig postiert sich diese fast ohne Lücke aus allen Himmelsrichtungen um den Meister aller Klassen, welcher chancenlos in seinem Quadrat gefangen, die Komandozentrale bewacht, bedient und sich damit auch noch perfekt auszukennen scheint.  Scotty an Maschinenraum, fertig machen zum biemen.- Aber trotz all der Technik wirkt der Sound keinesfalls steril. Da ist Seele drin, Herz und wie gesagt jede Menge Power. Zweifel beginnen  zu nagen, ob das Erdbeben Stärke 10 nun von der Beschallung oder vielmehr von der eigentlichen Intensität herrührt. Und über allem thront- Jimi Hendrix zum krönenden Finale mit - "Crosstown Traffic" - Amen - Peace - und Happiness. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Außer vielleicht - kommt bald wieder, denn ich will noch mehr Schokolade und ... ach Quatsch, Ihr wisst was ich meine.....
....Die Kritik ist Dir gewitmet - Will !