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20. 11. 2004 München Metropolis
WASP

Okay, hier stehen wir wieder und sind gespannt, ob Wasp diesmal mit ihrer Präsenz aufwarten. Denn wir Münchner sind in Bezug auf dieses Thema schon ganz schön aufgewickelt und dementsprechend empfindlich. Wurde doch das ursprüngliche Date am 30. Mai dieses Jahres in allerletzter Minute aus unerfindlichen Gründen gestrichen. Und so einige Anhänger der Blacky Lawless Philosophie konnten sich vor verschlossenen Pforten erstmal überlegen, wie sie stattdessen den Rest des Abends gestalten sollten. Jetzt steht das Zugpferd zum zweiten Mal in den Startlöchern, und alles hofft auf ein – auf los geht’s los! Und das tut es auch – Gott sei Dank! Natürlich stellt sich mir konstant der Vergleich zu meiner damaligen Blitzaktion, wo ich, nachdem München abgesagt worden war, im Eiltempo am folgenden Tag nach Salzburg gejettet bin, um doch noch eine Review und Bilder der einstigen Kultband zu ergattern. (Anm. ...und dort gab’s dann wenigstens keine Last Minute Absage). Aber zurück zum hier und jetzt – Geschehen. Tja, vom Energieschub ala’ Salzburg ist diesmal leider nicht viel zu spüren, auch, oder obwohl das Programm haargenau das gleiche ist (siehe Setlist). Und deshalb zähle ich an dieser Stelle auch keine einzelnen Partien mehr auf. Meistro Blacky Lawless sieht immer noch so aus, als ob er eben grade einen Zeitsprung aus den 80ern gemacht hätte. Sein Konterfei würde sich gut  für das berühmte Doppelbild mit 5 kleinen Unterschieden eignen. Einer davon ist sicherlich die wahrscheinlich altersbedingte  Wohlstandsrundung, gut versteckt unterm Gitarren-Instrument. Ein weiterer Unterschied, der den meisten, inkl. mir nicht aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass anscheinend ein Großteil des Gesangs vom Band kommt. So jedenfalls wurde es in Insider-Kreisen verkündet. Aber wie gesagt, ein Fehler, der von den meisten unentdeckt bleibt. Die Begeisterung ist trotzdem grenzenlos. Schließlich steht der Leibhaftige....äh, ich meine natürlich Blacky, da oben auf der Bühne samt seinem Totenschädel - Artifakt. Der Rest, - na ja, nette Staffage sag ich mal. Wasp ist nun mal nur Lawless, verdammt noch mal, bzw. umgekehrt. Und hättet Ihr Wasp schon in den Achtzigern live gesehen, dann wüsstet Ihr, wovon ich spreche. Kurz und gut, das gleiche wie eh und je, gut verpackt mit fünf Unterschieden. Der dritte ist die fehlende Splattershow vergangener Tage, der vierte –  die Kürze des Set und der fünfte ... – Chris Holmes. – Aber ein Individuum genügt für Wasp, muss sich Blacky gedacht haben. Who knows, und schließlich und endlich ist die Message ja letztendlich : I wanna be somebody, be somebody me......

Zur Salzburg Kritik v. 31.5. dieses Jahres geht' s h i e r

                                                                                                  

 
16. 11. 2004 München  Metropolis
Pretty Things

..Yipppiieehh, und wieder haben wir den Beweis, - Alter schützt vor Rock’n’Roll nicht. Und das auch noch vor saugutem... Mein lieber Schwan, wer hätte das gedacht? Da steht sie nun oben auf der Bühne, - die böseste, die dreckigste, die wildeste Rockband der Welt. Nur mit dem Unterschied, dass das Image in den Sechzigern hängen geblieben ist. Und da waren die Pretty Things wirklich das, was ihrem Ruf voraus eilte, ein irrer Rock’n’Roll Haufen, der sämtlichen Klischees gerecht wurde.
Und heute stehen sie hier, sehen aus wie, na wie eben in die Jahre gekommene Altrocker, und lassen, ob Ihr’s glaubt, oder nicht, nach wie vor die Sau raus.... Okay, okay, das mit dem wild, dreckig und böse ist schon etwas überholt. Das macht wohl die Reife des fortgeschrittenen Erwachsenenalters. Aber verlernt haben Dick Taylor, Phil May, John Povey, Skip Alan und Wally Allen nicht, - ich meine was die Musik angeht. Gitarrist Frank Holland zählt nicht. Der kam als einziger erst vor etwa 3 Jahren in die Band und stellt bereits die next Generation dar. Wie auch immer, pretty sind sie allemal, und den Psychodelic Rhythmus haben sie auch keineswegs verlernt. Da wird gefidelt was das Zeug hält, allerdings ohne, dass es aufdringlich wirkt. Im Gegenteil, das Programm der Pretty Things ist ein kunterbuntes Potporree ihres gesamten Schaffens, inklusive einer brandneuen Scheibe. Das Beeindruckende ist, dass alle Hoochie Coochie Men in der Gruppe in irgendeiner Form jedes Instrument zu beherrschen scheinen. Mal spielt der Gitarrist die sechs Saiten, wie sich's gehört, dann wiederum zupft er den Bass. Oder der Bassist übt sich andersherum in Fingerakrobatik. Da wird’s einem keinen Moment langweilig. Und das Publikum, dass hauptsächlich aus Mitfünfzigern besteht, also Fans der ersten Stunde, schwelgt in verhaltener Nostalgie. – Na ja, sagen wir so. In dem Alter drückt sich Enthusiasmus halt nicht mehr so energiegeladen aus, wie bei zwanzigjährigen Fanapostel. Was aber nicht heißt, dass nicht jeder in diesem Raum wohlwollend mit den Zehenspitzen mit wippt. Und das ist schon eine Menge. – Also sollte man keine voreiligen Schlüsse ziehen was die eher verhaltenen Publikumsreaktionen angeht. Immerhin wird eindringlich nach Zugabe verlangt, die von unseren Vorzeige - Opis auch bereitwillig kredenzt  wird.

Hey Mann, was soll’s. – Sie sind nicht mehr wild, aber topfit, nicht mehr böse aber cool und nicht mehr dreckig aber oberaffengeil, (was die Musik angeht, meine ich natürlich. Alles andere entzieht sich meiner Kenntnis) und last but not least sind sie absolut liebenswert. Oldieband hin oder her. Dass was die Pretty Things hier und heute hinlegen aufs Parkett, muss ihnen so mancher Sprössling der dritten Generation erstmal nachmachen. Manchmal frag ich mich, ob es damals so was wie ein Patentrezept gab, oder ob es sich heute bei der next Generation oftmals ganz einfach um allgemeinen Verlust von Kreativität, Ausdauer und  Motivation handelt. Wie auch immer, - zumindest bleibt uns der Glaube, wie schon eingangs erwähnt, -Alter schützt vor Rock’n’Roll nicht, ob es sich um die Rolling Stones oder eben wie hier um die Pretty Things handelt. Allah sei’s getrommelt und gepfiffen, dass wir Euch noch immer und hoffentlich noch lange haben. Ruhestand ist sowieso ein Fremdwort in diesem Genre. Und ganz nebenbei erwähnt, für eine spezielle Aura braucht’s weder Robert Redford  Look noch  Valentino Flair. Das gewisse Etwas kann auch mit sweet sixtyone  noch äußerst interessant sein. – Äh... natürlich was die Musik und Erfahrung  angeht. Ich mein, die künstlerische... und überhaupt ... oh Jesus, warum wird immer alles falsch gedeutet was ich sage....

                                                                                               


11. 11. 2004 München  Gr. Elserhalle
H-Blockx

Jawohl, ja und Gott sei’s getrommelt und gepfiffen. Ich fühl mich wieder mal wie Claudia Schiffer. Ich mein was meine schlanke Linie angeht. Und ich verschwende heute im Fotograben mal keinerlei Gedanken daran, dass mein Hintern wieder zu fett wirken könnte in dieser oder jener Hose, oder mich zu viele Leute argwöhnisch begutachten. Denn, solange der eigentliche Star nicht auf den Brettern, die die Rock’n’Roll Welt bedeuten, erschienen ist, und die Aufmerksamkeit der Fans beansprucht, wird man als Fotograf, noch dazu als weiblicher, meist begutachtet, wie ein Ausstellungstück auf dem Präsentierteller. Aber unser guter alter Henning Wehland, der sein Flagschiff H-Blockx wie eine Gallionsfigur an einem Wikingerkahn ziert, und nicht unbedingt die dynamische Silhouette von Hermes dem Götterboten versinnbildlicht, zumindest was die zart besaitete Figürlichkeit angeht, nimmt jeden Wind aus den Segeln, und vergessen ist meine Wenigkeit da unten im Handumdrehen. Unter Konditionseinbußen mangelt es dem Dickerchen jedenfalls nicht, hinsichtlich der phyischen Action und der stimmlichen Qualitäten. Henning ist ein Profi, und das seit vielen Jahren. Und er versteht es durch beschwörende Gestik und Artikulation, wie sie ein scheinheiliger Politiker bei der Parlamentsdebatte nicht besser performen könnte, die aufgebrachte Meute augenblicklich in seinen Bann zu ziehen. Nur geht’s hier nicht um Paragraphen und leere Versprechungen, sondern um Brachialsound ala’ H-Blockx eben. –
Ganz so weit wie beim letzten Mal geht unser liebenswertes Moppelchen jetzt nicht mehr, (wir werden schließlich auch nicht jünger) und überlässt das Stagediving diesmal lieber den Youngsters im Publikum. Die Menge liebt ihn trotzdem und ist wahrscheinlich dankbar, dass der Kleine solche Action in Form eines schwungvollen Hechtsprungs nicht noch als kleinen Bonus eingeplant hat. Das wollen wir nun wirklich nicht... Die Best of…. mit neuen Songs-CD  wird aus marketing-strategischen Gründen gründlich durch geackert, und Höhepunkte sind nach wie vor “How Do You Feel”, “Step Back”, “Move” und Johnny Cash’s „Ring of Fire“ als Zugabe.  Von diesen Stücken werden die deutschen Cross-Over Rocker wohl auch noch in 10 Jahren zehren. Der Powerschub entlädt sich mit nicht mehr ganz so viel Energie wie früher über unsere Häupter. Das mag an der fortgeschrittenen Gesetztheit, oder auch ganz einfach an einem schlechten Tag liegen. Who knows! Aber nichts desto trotz ist die Bude gut gefüllt, und das Echo hallt vielfach wider. Und das ist schließlich das non plus ultra. Und ich frage mich immer noch wie bringt es unser Süßer nur
fertig, die mindestens 3.000 verarbeiteten Kalorien an jedem Abend so schnell wieder einzufangen, um dann einen Tag später den Bühnenboden erneut wohl proportioniert zum schwanken zu bringen. Resultat des heutigen Abends ist jedenfalls ein vorzüglich mundender Gourmet-Leckerbissen, wie eh und je, nur der Pfeffer fehlt, wie schon mal erwähnt, ein wenig. Es mundet trotzdem vorzüglich, setzt kein Fett an, und mein angeknackstes Selbstbewusstsein bezüglich meiner unglücklich verteilten Proportionen ist wieder mal in die Stratosphäre geschossen, dank der Tatsache, dass es keiner Modelfigur bedarf, um absolut erotisch zu wirken, trotz  Haute Couture Ringelshirt . Nix für ungut Henning! Und was gibt es schöneres on stage als guten Sound und Sexappeal....
Johnny Cash hätt’s bestätigt!