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26. 04. 2005 Augsburg / Spektrum

In Bayern hat man wieder die Südstaatenflagge gehisst, wie schon so oft in der Vergangenheit. Wir sind zwar nicht in Louisiana oder South Dakota, aber dafür hier am Weißwurscht-Äquator, gleich um die Ecke an anderen Erde des Globus. Aber egal, Rock’n’Roll ist schließlich universell und all over the world, - sagt man doch so schön.

Und wieder haben Bobby Ingram und Konsorten ein neues Album im Gepäck, dass sich eher Mittelalter-mäßig – „Warriors Of The Rainbow Bridge“ nennt. Nun, ich denk bei diesem Titel eher an irgendwelche Wikinger oder Raubritter aus der prähistorischen Raubritterzeit, als wie an verhasste Damn Yankees und die Kolonialzeiten. Aber wenigstens haben sie wieder die Fahne mitgebracht und den Cowboy Hut. – Nein, musikalisch hat sich seit dem letzten Mal rein gar nichts verändert. Ingram fidelt noch immer, oder sollte ich sagen - wieder, kreuzfidel seine Soli-Tonleiter rauf und runter, ohne auch nur eine Spur Langatmigkeit aufkommen zu lassen. Im Gegenteil, er ist ein wahrer Meister seines Faches und Improvisationen verstrickt er spielerisch  gekonnt in das Bett klassischer Hatchet Melodien. Mit der sogenannten Leichtigkeit des Seins – buchstäblich. Denn was sich an der Musik zu wenig, bzw. gar nicht verändert hat, das hat sich an seinem optischen Äußeren weiter entwickelt. Oder sagt man da besser zurück entwickelt? Denn aus dem, mindestens, 150 kg Mann bei grade Mal eine Größe von 1.70 m ist ein schlanker, grade Mal höchstens 75 kg Adonis geworden, der obendrein dank dieses Umstandes auch noch eben schnell 20 Jahre jünger wirkt. Alle Achtung Bobby! Du warst mir zwar schon immer sehr sympathisch, aber dank zusätzlicher erotischer Ausstrahlung bist Du für uns holde Weiblichkeit noch eine zusätzliche Augenweide. Dabei hat der gute Mann alles andere als eine leichte Zeit hinter sich inklusive dem plötzlichen Tod seiner geliebten Frau. Es hat ihn verändert, menschlich und auch musikalisch, allerdings keineswegs zu seinen Ungunsten. Phil McGormack ist natürlich auch nach wie vor mit von der Partie. Seit wie vielen Jahren eigentlich schon? – Never mind, wie der Ami sagt, aber trotz aller Sympathiewerte, - Phil, um ehrlich zu sein, - Du kannst noch immer nicht singen. (das übersetz ich lieber nicht auf meiner engl.Seite, sonst krieg ich nächstes Mal eins auf die Rübe) – Der Rest der Band hat sich erneuert – wieder einmal. An den Keyboards John Galvin, am Schlagzeug trommelt Exipitionist (siehe Diary) Shawn Beamer, den Bass bedient Tim Lindsey (Ex-Lynyrd Skynyrd)  und die zweite Gitarre bedient seit zwei Wochen Jim (ich hab seinen Nachnamen vergessen). – Ist auch nicht so wichtig. Tatsache ist, dass da oben sechs Amis stehen  und mit einer Leidenschaft die Mythologie der Südstaaten-History zum Besten geben, dass unsere Volksmusikhelden hierzulande mit Pauken und Trompeten – Ihr wisst schon was – gehen können. – Und quälend drängt sich mir die Frage auf, warum schaffen es Molly Hatchet immer wieder Europa zu beglücken, und Lynyrd Skynyrd, die eigentlich eine Stufe höher situiert sind, beklagen sich über beständige finanzielle Notstände. Aber lassen wir das. Die Retrospektive von Molly Hatchet umfasst wieder einmal das komplette Schaffen. Na ja, zumindest zurück bis 1989. Denn genau in diesem Jahr kam Bobby Ingram, jetziger Big Boss der Truppe, in diese Band, die bereits  seit den Siebzigern am Südstaaten-Horizont ihren Platz verteidigt. Tja, um es wörtlich zu nehmen, - Original-Line-up von Molly Hatchet kann man nur mit den Worten: „was war das damals noch gleich“ – beschreiben. Zumindest wird dem legendären Danny Joe Brown noch gebührend Ehre erwiesen in Form einer Dedication. – Und nach dem 25sten oder ist das jetzt das 29ste Molly Hatchet Konzert, - ach pfeif drauf, - wart’ ich noch immer auf meine beiden Lieblingstitel „Satisfied Man“ und „Stone In Your Heart“ vom brillanten Album „The Deed Is Done“. Leider kam dieses vor Bobby Ingrams Ära zur Welt, deshalb werde ich mich wohl nach wie vor mit dem Anhören der CD begnügen müssen. (das war ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl, wenn Ihr versteht was ich meine) – Aber keine Angst, - ich werd’ auch beim nächsten Molly Hatchet Intermezzo wieder zugegen sein, und sei es nur um den absolut umwerfenden Charme der Südstaaten Rocker live on stage und off stage zu genießen. Hoch lebe die Biker-Philosophie, Jacksonville/Florida, Joe Cocker (du weißt was ich meine Bobby) und eine Flasche Jack Daniels. Prost und wohl bekomm’s.


                                                                                                       
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PS.: ich weiß, ich tendiere dazu, Supportacts zu vernachlässigen, aber der, der Molly Hatchet angefeuert hat heute Abend ist es allemal wert erwähnt zu werden. Dave Evans aus Australien ist der Glückliche. Die Fünfzig schon weit hinter sich gelassen, präsentiert uns der allererste Sänger von AC/DC, - ja das ist er tatsächlich, eine Mischung aus straightem und schnörkellosem Rock’n’Roll ohne Punkt und Komma, schweißtreibend und anstrengend. Nicht so für ihn, der wahrscheinlich über mehr Kondition verfügt, wie so mancher zwanzigjährige Jungspund. Jesus, das hätt ich dem guten Mann nicht zugetraut. Zwar sonnt er sich noch immer im Glanz vergangener Tage, oder besser gesagt im Schatten von AC/DC, wobei ihm damals Bon Scott ziemlich schnell den Rang abgelaufen hatte, - noch vor der ersten Scheibe der Kultband. Aber nichts desto trotz ist der Aussie Rocker eine Sünde,- pardon ein Ohr wert, sich seine Weiterentwicklung des Rock’n’Roll anzuhören. (Anspieltipp – „Sinner“ sein einziges, in Europa erschienenes Album) – Evans hat Wespen im Hintern und spielt sich buchstäblich den Arsch ab. Und.... und das ist der springende Punkt, er ist wirklich gut. – Da verzeihen wir ihm sogar das Finale, das mit dem AC/DC Klassiker „Whole Lotta Rosie“ bestritten wird. Und sogar das steht ihm noch rechtlich zu. Denn schließlich hat er das Ding mitgeschrieben. Lasst uns also hoffen, dass wir von Dave Evans auch zukünftig noch öfter etwas zu sehen und zu hören kriegen. Lang lebe Rock’n’Roll – pur straight und ohne wenn und aber, genauso wie es uns gefällt. Yep, - und ich bin schachmatt... – um  4 Uhr morgens - (nach der Party!)

Dave Evans


siehe auch Diary


       

                                                                                          

                                                                                                 



24. 04. 2005 München  Kleine Elserhalle
James La Brie



siehe auch Diary

Bei aller Liebe zu hochwertiger Rockmusik mit komplizierten Strukturen. Aber die Toleranz für Frickelei ala’ Dream Theater hielt sich bei mir schon immer in Grenzen. Ja klar, das sind alles hochwertige 1A Klasse-Musiker, die ihr Handwerk wirklich verstehen, die sich selbst zumeist die höchsten Maßstäbe setzen. Perfektionisten, die eine Gitarrensaite behandeln wie ein rohes Ei, das auf einer Nadelspitze balanciert, oder ihrer Stimme nicht nur zwei, sondern gleich drei Oktaven abverlangen. James LaBrie gehört zur Gattung jener Stimmband-Akrobaten. Mein lieber Jolly, ein Sektkelch auf der Bühne würde Spitzenballett tanzen um nach wenigen Takten in 1000 Stücke zu zerspringen. Es ist allerdings ein etwas eigenwilliges Organ, dass der Franko-Kanadier sein eigen nennt, und das er alle drei Minuten mit Wasser und Kamillentee ölt. Und es ist vor allem nicht jedermanns Sache. -

Nein, hat er mir noch vor dem Auftritt beteuert, sein Soloausflug habe absolut nichts mit seiner Haus- und Hofband Dream Theater zu tun. Es wäre etwas komplett anderes, etwas, das er schon immer einmal verwirklichen wollte. – Nun, entweder besitze ich kein Feingefühl für gravierende Unterschiede, oder ich habe mich noch nicht genügend mit der Dream Theater Philosophie befasst. Aber ehrlich gestanden Leute, das, was uns LaBrie hier und heute Abend präsentiert, hat zumindest für mich ziemliche Ähnlichkeit mit der Stilistik von DT. Sicher es handelt sich um komplett andere Songs, Stücke von seinen drei bisherigen Soloausflügen. Er will sich schließlich abgrenzen von der üblichen Linie. Aber kein Mensch kann seine künstlerischen Wurzeln verleugnen. Und so schließt sich letztendlich doch wieder der Kreis, und man gewinnt den Eindruck, das Traumtheater hat letztendlich doch seinen Einfluss auf LaBries spirituelle Selbstverwirklichung triefen lassen. – Und da diese Annahme sowieso jeder gläubige Dream Theater Fan von vorne herein gemutmaßt hat, besteht die anwesender Zuhörerschaft, - logisch – aus 100% DT Fans. Mit einem Unterschied allerdings. Während bei einem regulären Konzert der sogenannten Artrockband mindestens 1.500 Frickel-Fetischisten   ihren Weg ins jeweilige Auditorium finden, sind hier gerade mal magere 150 Verfechter des 12-Ton Salto Mortales anwesend. Aber die wiederum  danken es James dafür doppelt und dreifach, dass  dieser trotz der ungewohnten Umstände den selben Einsatz an den Tag legt, wie bei einem Groß-Event mit DT.
 
Wie gesagt, immer mit ein paar Schluck Tee und Wasser zwischen den Zeilen. Ich frage mich nur, wie soll das erst funktionieren, wenn die männliche Diva, - und das ist er im wahrsten Sinn des Wortes, - erst einmal am Broadway brilliert. So sieht  jedenfalls sein Zukunftstraum aus, hat er mir verraten. Musicals beinhalten gewöhnlicherweise keine Trinkpausen. Aber noch ist das Thema nicht spruchreif. Und vorerst begnügt sich unser Rock’n’Roll Caruso auf die Bretter diverser Rock’n’Roll Konzerthallen. Tatsache heute abend ist, - es gefällt ihm selbst, und er sonnt sich sichtlich im Glanz des spärlichen Scheinwerferlichts unserer kleinen Elserhalle. Fast zweieinhalb Stunden beglückt uns die Stimme von Dream Theater mit seinen Single-Ausflügen in experimentelle musikalische Stratosphären und erfreut uns mit seinem durchdringenden Sangesorgan, das nicht jedem Zuhörer die Ohrmuschel salbt. Um noch ein Wort zu LaBries Mitstreitern zu verlieren. Gratuliere, da hat er sich vier, – noch – No Name Talente an Land gezogen, die uns tatsächlich hoffen lassen, dass die Zukunft brillanter Musiker gesichert ist. Einziger wirklicher Minuspunkt an diesem Abend ist die Tatsache, dass, nachdem vorher schon  Evergrey mehr als eine Stunde ihre Supportact-Rolle erfüllt hatten, meine Füße nach insgesamt 4 Stunden Stehvermögen, ein Vater Unser gebetet haben, sich endlich hinsetzen zu dürfen. Oder werd’ ich langsam alt? Alles in allem eine solide Performance dem individuellen Geschmack entsprechend, - aber nächstes Mal mit Logensitzplatz bitte.