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31.10. 2005 München, Schlachthof
Hamburg Blues Band / Boogie Stuff



Es fasziniert mich immer wieder aufs neue, wenn ich mir uralte Musikclips auf Video, bzw. DVD ansehe, in denen die Akteure mit Wallemähne und im Hippielook die damalige Beat- oder später dann die Flower Power Ära zelebrieren und mit verklärten Gesichtern ihre Musik und ihre Lebenseinstellung zum Besten geben. Eine Musik, die zwar etwas antiquiert anmutet und eindeutig aus einer längst vergangenen Epoche stammt, die aber dennoch nie vergessen,  und über Jahrzehnte an eine neue Generation weiter vermittelt wurde. Und seien wir mal ehrlich, hätte es diese Songs nicht gegeben, dann würde auch das jetzt und hier und heute ganz anders aussehen. – Und es fasziniert mich vor allem, wenn ich so einen Vertreter dieser Dynastie, gerade mal Anfang 20, in so einem Clip rum springen sehe, hübsch anzusehen und in vollem Elan seiner individuellen Philosophie. Und schwupps steht er dann ein paar Stunden später leibhaftig vor mir, nur mit dem kleinen Unterschied, dass zwischen  dem Videocut und der Realität grade mal eben 35 Jahre Differenz liegen. Und auch wenn der berühmte Zahn der Zeit doch so einige wesentliche physische Aspekte verändert hat, so bleibt doch der Grundtenor erhalten. Mike Harrison von Spooky Tooth ist so ein Exemplar dieser Spezies. Mit einer Mimik, die eine sicherlich ereignisreiche Lifestory erzählen kann, und mit weißem kurzen Haar stelle ich sofort fest, - ja das ist er eindeutig. Augen lügen nicht, und der etwas schiefe Zug um den Mund hat seine Position trotz Falten auch nie verändert. Und das schönste ist, Mike ist nach wie vor springlebendig, vergnügt und voller Feuereifer und Tatendrang. – 
                                                                               
                                                                                                
Die Nasenspitze ist immer noch dieselbe...
 

So erlebt an diesem Abend hier im Schlachthof vor leider nur etwa 250 Zuhörern. Schade, denn die Band die da oben ihren Blues zum Besten gibt, sind erstklassige Musiker vom allerfeinsten, eine Spezies von Instrumentalisten, die fast schon ausgestorben zu sein scheint. Allen voran Alex Conti, der sich in den Siebzigern, also etwas später als Mike Harrison, einen individuellen Namen mit einer Band namens Lake machte. Lake wurden oft als die deutschen Steely Dan bezeichnet und das zu Recht. Ich bleibe auch felsenfest bei meiner Meinung, dass Lake die beste und qualitativ hochwertigste Band ist, die Deutschland je hervor gebracht hat. Und unterstrichen wird diese Tatsache einmal mehr hier live on stage von eben Alex Conti, der nach wie vor zu den besten Gitarristen unseres Landes zählt. Leider wissen das nur noch die Alten und die Insider unter uns, diejenigen, die seine Karriere schon seit anno dazumal verfolgen. Und glaubt mir, er hat nichts verlernt, im Gegenteil, dass was Meistro Conti da oben abliefert, würde so manchen Nachwuchs Gitarrero vor Neid erblassen lassen. Aber es ist immer die Harmonie und das Zwischen- bzw. Zusammenspiel, dass dem Ganzen die Krone aufsetzt. Und Gert Lange steht seinem Kollegen weiß Gott in keinster Weise nach. Was für eine Stimme! Für den Blues geradezu geschaffen. Aber was schwärme ich da lang um den heißen Brei. Ich glaube, man muss das einfach live erleben um meine Begeisterung und die der restlichen 250 Seelen hier, teilen zu können. Hier wird der Blues nicht nur gespielt, hier lebt er und das mit einer offensichtlichen Spielfreude die ihresgleichen sucht! 


na, wenn das keine Spielfreude ist...?!



...was für eine Stimme...

Um dem Intermezzo noch die Krone aufzusetzen hat man sich als Gäste Clem Clempson von der Band Colosseum  geholt und eben Mike Harrison von Spooky Tooth. (Anm: übrigens ‚die’ gibt’s auch wieder im Original Lineup) Und jawohl, es funkt. Clempson muss sich zwar als kleine Stütze ein Notenblatt zur Hilfe nehmen. Aber dank seines Talents und der typischen – very britischen – Distanziertheit, fällt jenes, diskret hinter einer Säule versteckt, kaum ins Auge. Harrison ist allerdings das berühmte Tüpfelchen auf dem i. Er gibt dem Schauspiel das gewisse Etwas, den zusätzlichen Drive. Und in Kombination mit Conti und Co. wird  der Auftritt ganz schnell zum Tanz auf dem Vulkan. Alte Spooky Tooth Songs erleben den zweiten Frühling und klingen moderner als so mancher momentaner Hitparadenstürmer, und überhaupt bekommt man ganz schnell den Eindruck, dass der Blues aktueller ist als je zuvor. Nur schade, dass die Medien und die Industrie das  meistens etwas anders sehen.
Egal, Tatsache ist, da oben steht der lebende Beweis, dass der Blues noch lange nicht tot ist, dass Oldies Goldies sind und nie aus der Mode kommen werden, dass Spooky Tooth und Lake wieder auferstanden sind. - Und ja Mike wir haben uns schon früher einmal getroffen. Allerdings war das nicht 1969, wo Du ausgesehen hast wie ein junger Gott und ich vermaledeit und zugenäht und dummerweise erst ganze sieben Jahre alt war, sondern irgendwann während der letzten paar Jahre.
Wie heißt es so schön: man trifft sich immer zwei Mal im Leben, nun ja, vielleicht auch drei Mal, - who knows!
Lang lebe die Hamburg Blues Band und der Jungbrunnen, der sich Rock’n’Roll nennt.


Auch diesmal wieder ein abschließendes Wort zur Supportband heute Abend. Boogie Stuff  ist das Pseudonym, das die Fortsetzung des musikalischen Erbes garantiert. Das sind drei Musiker, die an das glauben was sie da produzieren und dies auch exzellent vermitteln. Klar, als Supportact hat man nie den allerbesten Stand und kämpft meistens mit örtlichen Widrigkeiten. Aber das wissen wir ja und finden uns damit ab. Es geht halt nun mal nicht anders. Aber trotzdem kann man sehr deutlich das Potential der Jungs aus Freilassing und Salzburg erkennen. Da steckt viel Herz dahinter, noch mehr Talent, vor allem was die Gitarre betrifft, und ich bin mir sicher mit etwas Glück und wie sagt man so schön – sich den A... wund spielen – könnten sie  es tatsächlich schaffen ihr Ansehen deutlich zu vergrößern.
Wie ich vorhin schon erwähnt habe, es liegt nicht an ihnen. Es liegt am Zeitgeist der breiten Masse. Und der arbeitet im Augenblick leider Gottes gegen den Blues’n Boogie. Deshalb auch danke an alle, die hierfür noch ein Ohr offen haben. -
Blues will never die.... Man muss nur dran glauben !


                                                     
Mehr Live-Pics.  gibt's hier                        siehe auch Diary für Aftershow Fotos  



Boogie Stuff




Achtung: 27.11.2005 München, Schlachthof - Live
zusammem mit Rev.Rusty & The Case und Ron Evans





....und diesmal sind sie Headliner......





                                                                                               

30.10. 2005 München  Backstage Club
Rev.Rusty & The Case



...nach wie vor einer unserer besten lokalen Blues'n - Boogie - Rock'n'Roll Acts

Siehe auch Review vom 29.01.2005  hier (runter scrawlen) Seitdem hat sich die Rezeptur nicht viel verändert. Immer noch Boogie heiß mit einer Prise 
Rock'n'Roll und viel Blues, - hervorragend aufgekocht und mit viel Charme serviert. - Mahlzeit und wohl bekomm's !

Foto anklicken für die offizielle Homepage


am 27.11. 2005 noch einmal live in diesem Jahr zu sehen im Schlachthof, München !!!

Weitere Tourdates - siehe hier