79

18.02. 2006 München, Olympiahalle
Alice Cooper / Deep Purple

Böse Zungen behaupten, jetzt müssen sie schon miteinander on tour gehen, damit die Bude noch voll wird. Und wenn wir ehrlich sind, bezogen auf die Größenordnung der gebuchten Hallen, haben sie nicht ganz unrecht. Nein eigentlich ist es sogar 100%ig sicher, dass weder Deep Purple noch Alice Cooper allein die Olympiahalle füllen könnten. Fragt man die Künstler selbst, - so geschehen, backstage kurz vor dem Event, dann hat natürlich keiner eine Ahnung und schiebt diese Konstellation auf die Planung des Veranstalters.

Im Grunde genommen ist es ja auch egal, und wir sollten uns über die Eintrittspreise von € 60,-- nicht aufregen. Denn würden wir Alice Cooper oder eben Deep Purple allein und für sich in einer kleineren Halle anschauen, würden wir mit Sicherheit mehr als die Hälfte dieses Preises für jeden Act bezahlen, was im Endeffekt auf Beide zusammen bezogen mehr als eben 60,-- ausmachen. „Got me?“ – würde der Engländer jetzt fragen! Na, appelliert an Euren gesunden Menschenverstand, denke ich mal schon. Andererseits, wenn man an die Menge der vielen Veranstaltungen denkt, die im Kalender stehen, und die man vielleicht noch besuchen will, dann tun solche Eintrittspreise schon etwas weh. Aber egal! Nach dem Motto: zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, haben sich sämtliche Purple und Cooper Fans aus Bayern und Umgebung aufgerafft, um ihren Idolen zu huldigen.
                                                                                         
                                                                                                            
für mehr Alice Cooper Live Pics hier klicken
 

Ich bin mir nicht sicher, was das Erfolgsrezept von unserem Schockrocker aller Omis und  Klosterschwestern ist. Vielleicht ist es der Umstand, dass er dank seines Haute Couture  Outfits und, immer gleich bleibendem Make-ups nicht altert. Oder, dass er nach einem kurzen Ausflug in musikalisch heftigere Gefilde und einer unmaskierten Phase vorher, dann doch letztendlich seinem ureigenen Stil treu geblieben und zur „Schools Out Forever“ Strategie zurück gekehrt ist. Eventuell spielt auch noch jener Umstand eine Rolle, dass sich Alice wieder mal mit einem neuen Jungbrunnen umgeben hat. Dieser heißt: Ryan Roxy (git), Damon Johnson (git) Chuck Garric (Bass) und Eric Singer (drums) .
Und letzterer ist ja kein Unbekannter, dank seiner Tätigkeit bei Kiss und diversen anderen bekannten Rockbands. Allerdings muss ich gestehen, haben mich die Schlagzeugkünste des inzwischen auch schon  48jährigen Drummers  an diesem Abend nicht vom Hocker geholt. Aber das hat nichts zu sagen, jeder hat mal einen schlechteren Tag. Alice Cooper selbst ist auf alle Fälle in Bestform und läuft zur absoluten Hochform auf . Wie ein bunter Blumenstrauß zieht sich sein Potpourri an Hits durchs Programm. Christus, so lieben wir unseren guten alten Cryptkeeper. Da wird nichts, aber auch rein gar nichts ausgelassen, inklusive Zauberstab, Zylinder, Alice-100-Dollarnoten, Juwelen und Fallbeil, mit viel Kunstblut versehen und getoppt durch einige skurrile Gestalten, die ihn bei der Gruselshow tatkräftigst unterstützen.
Jawohl, die Zeit ist stehen geblieben und doch aktueller als nie zuvor. „Billion Dollar Baby“, “Eighteen”, “School’s Out”, No More Mr.Nice Guy”, “Feed My Frankenstein” (das übrigens im Original nicht von Alice sondern vielmehr von Zodiac Mindwarp ist)  und nicht zuletzt “Poison” finden Platz auf der Setlist. Und man muss dem guten alten Alice lassen, er macht seine Sache wirklich gut, alle Achtung. Nur eine hat gefehlt...... und die ist 8m lang und hört auf den Namen Boa Constrictor. Aber wie man sieht, - es geht auch ohne.....

Oje, jetzt wird’s schon schwieriger, und Deep Purple haben als der eigentliche Headliner keinen leichten Stand nach Coopers gelungenem Streich. Bereits nach ca. 10 Minuten frage ich mich langsam aber sicher, steht da oben jetzt Deep Purple, oder Steve Morse feat. Deep Purple. Heilige Sch..... , sorry ich schmeiß schon wieder mit frommen Ausdrücken um mich. Aber ich bin mir bis heute nicht sicher, ob Morse zu dieser Band überhaupt passt. Stilistisch die Faust aufs Auge verglichen mit seinem Vorgänger Ritchie Blackmore, aber nicht minder gut, spielt der Amerikaner jetzt doch schon seit mehr als 12 Jahren die erste Geige bei der Hardrock Legende, was wiederum beweist, dass er sich gut gehalten hat im Bandgefüge, und das nicht nur äußerlich. Und ich tue mich wirklich schwer zu entscheiden, ob ich Steve Morse eher als Tupfen auf dem i für die Gruppe bezeichnen soll, der für den nötigen Schwung sorgt, oder als genialen Fremdkörper, der mit seinem außerordentlichem Können die alten Knacker Gillan und Co. ganz schön blass ausschauen lässt. 
                                                                                          
                                                                                                           
für mehr Purple Live Pics hier klicken
  


Denn eines ist sicher, würde man Morse, der immerhin auch schon 50 Lenze zählt, entfernen, dann wäre, zumindest heute Abend, so ziemlich auch das letzte Pfefferkorn verstreut. Man versucht diesen Umstand durch überlange Soli der einzelnen Musiker zu kompensieren. Viel zu lange Intermezzos, die zwar musikalisch astrein sind, aber auch für so manche Gähner sorgen. Tja, und last but not least wird vor allem das neue (unsägliche) Album ‚Rapture Of The Deep’ promotet mit etlichen Tracks. Ob diese Tagsache unbedingt dem  allgemeinen Vibe zugute kommt, bezweifle ich, wird doch gerade diese Platte nur äußerst zwiespältig von den Fans aufgenommen. Erst bekannte Töne wie ‚Black Night’, Space Truckin’ und Perfect Stranger’ wecken die bereits etwas ermüdeten Geister wieder auf und sorgen für einen Energieschub. ‚Smoke on The Water’ bildet wie immer den krönenden Abschluss des offiziellen Sets. Und die Begleitmusiker von Alice Cooper stürmen die Bühne zum Grand Finale nach dem Motto: all together now,  und zelebrieren den Abschluss einer Classic Rock Night mit Kultniveau und mit dem Fazit: schön war’s, hoch lebe die Nostalgie, Opa und Enkel haben gerockt und Alice Cooper ist Gott..... 
Na ja,.... vielleicht noch Steve Morse feat. ....... ?!

PS.: in diesem Sinne - ein Hoch an meine Top-Journalisten - Kollegen einer anderen örtlichen Tageszeitung, die in ihrer Review nicht nur die Songsauswahl der Gruppen nach Belieben verwechselten, sondern gar auch den ca. 30jährigen Cooper Gitarristen für den  Meister selbst hielten.  Kein weiterer Kommentar !

                                                                                                          siehe auch Diary für Backstage Fotos





                                                                                          
14.02. 2006, München, Olympiahalle
Depeche Mode




Fest steht, Bombast hat einen Namen, und der heißt Depeche Mode! Heidarassa, da bleibt kein Auge trocken, im Namen von Laser, Lichtorgien und verklärten Soundeffekten. Selten hat unsere gute alte Olympiahalle so gestrahlt wie an diesem Abend inklusiver seiner 12.000 Schäflein, die mit glänzenden Augen die Dinge verfolgen, die sich auf dem Altar abspielen.

Tja, nur eigentlich spielt sich im Grunde genommen nicht so übermäßig viel ab. Keyboard und Percussion sind in überdimensionalen Suppenschüsseln platziert, die erhaben über dem Thron nahezu schweben. Da verschwindet das Schlagzeug fast ein wenig, das nur seitlich mit Ach und Krach noch ein Plätzchen gefunden hat. So wirkt es zumindest. Die Bühne ist riesengroß inklusive Präsentierteller, - ich meine Laufsteg. Nur, der wird von Aushängerschild Dave Gahan fast gar nicht genutzt, bis auf wenige Ausnahmen. Nein, er hat sich nicht viel verändert seit den 80er Jahren, als die Band anna dazumal wie ein Komet am Pophimmel aufstieg. Die Haare sind wieder mal kurz, die spindeldürre Silhouette ist nach wie vor die selbe genauso wie seine Stimme. Und auf letzteres kommt es im Endeffekt ja auch an. Aber wenn man ihn als eines nicht bezeichnen kann, dann ist das, als schillernd. Im Gegenteil, eigentlich wirkt der gute Dave ganz schön verloren auf dem Riesenteil da oben. Und vielleicht hat man genau deshalb zusätzlich die überdimensionale Videoprojektion aufgefahren. Wer weiß. Fest steht, es schindet Eindruck. Außer ihm tritt allerhöchstens noch Martin Gore in Erscheinung, der anfangs in einem skurrilen Gockelhahn Outfit, den Fokus der Fans auf sich magnetisiert. Der Rest des augenblicklichen (wieder) Überfliegers aus England versteckt sich in seinen, vorhin schon erwähnten Untertassen. Aber es ist die Produktion, die diese Schwächen überbrückt.
                                                                                     

Musikalisch sind Depeche Mode ihrem Stil treu geblieben, was sicher nicht verkehrt ist. Die neue Scheibe schlug voll ein, und die gegenwärtig laufenden Tournee ist ausverkauft. Was will man mehr. Ein Urteil über die Darbietung ansich traue ich mir fast nicht zu, weil das komplette Intermezzo vom Zauberwort Technik beherrscht wird. Soundeffekte wechseln sich mit Licht- und Schattenspielen ab. Lediglich Gore sticht einigermaßen hervor mit ein paar interessanten  Variationen auf seinem Instrument, und Andy Fletcher, der sich selbst als bester Ein-Finger-Keyboarder der Welt bezeichnet, stimmt eine, doch ganz  interessante Pianoversion  von ‚Shake The Desease’ an. Aber das war’s auch schon. Alles andere wird von dem anfangs erwähnten Bombast beherrscht, von einer Light/Video Show der absoluten Superlative und, jawohl,  glasklarem Sound. Und letzteres ist nicht gerade der Regelfall in diesem Venue, wie so mancher Einheimische von uns weiß.
Yep, es hat seine Wirkung nicht verfehlt. Die Begeisterung kennt keine Grenzen, und der Mitgrölchor der 12.000 Seelen lässt die Grundmauern der Kathedrale erzittern. Und was immer man von der Musik Depeche Modes halten will, man muss ihnen neidlos lassen: besser geht’s nicht. Der zweite Frühling, bzw. Triumpfzug der Aida, sorry,  von Depeche Mode wird mit Sicherheit noch eine Zeitlang anhalten, und das größer, strahlender und exklusiver als jemals zuvor.

PS: ich frage mich nur, wie diese Band herüber käme, wenn man ihnen all den Firlefanz drum herum weg nehmen würde und sie in einen Club mit nur ein paar stinknormalen Scheinwerfern versehen, stellen würde. Aber das werden wir sicherlich so schnell nicht erfahren. 

                                                               
mehr Live Pics. hier