97

13.05. 2006 München,  Backstage Werk
The Tony Levin Band

Jesus und Maria, so wahr ich hier sitze. Aber manche kriegen’s einfach in die Wiege gewindelt. Oder sie sind mit dem goldenen Löffel im Mund geboren, - sagt man doch so schön. Dieses akustische Gourmet-Dinner, das uns heute Abend serviert wird, ist so formvollendet, so vollkommen, so absolut und totsicher 100% perfekt, dass ich mich langsam aber sicher frage, ob  es da überhaupt noch eine Steigerung gibt.

Die Kehrseite der Medaille ist, dass den Namen Tony Levin, Pete Levin, Jerry Marotta, Jesse Gress und Larry Fast tatsächlich nur wirkliche Kenner, Insider und Fans kennen. Die breite Masse aber weiß damit leider noch viel zu wenig anzufangen. Es wären Musiker für Musiker, heißt es dann immer ganz lapidar als Excuse. Aber so darf man es meiner Meinung nach auch nicht begründen. Tony ist eigentlich Bassist bei Peter Gabriel und King Crimson (sofern’s letztere überhaupt noch gibt) Ja logisch, wir waren alle schon mal auf einem Gabriel Konzert. Und uns ist allen auch schon der große kahlköpfige Bassist aufgefallen, der, als einziger, abgesehen vom Meister selbst, eine herausragende Persönlichkeit darstellt. Tony hat auch schon eine stattliche Anzahl von Soloalben auf den Markt gebracht. Er hat bei unzähligen anderen Künstlern auf deren CDs mitgewirkt und er schreibt und fotografiert Bücher. Abgesehen davon führt er nahezu akribisch Tagebuch on tour. Kurz und gut und ohne Übertreibung gehört Tony Levin zu den weltallerbesten Bassisten überhaupt lt. Fachwelt. Und Kinder, ich schwör’s Euch, das ist er auch. Halleluja, da bleibt dir die Spucke weg samt Luft zum atmen.

Konnte unsereiner ihn bislang nur im Kreise von  Gabriel und Crimson bewundern, so ist er jetzt zum ersten Mal mit seiner Soloband zu Gast in Germany und selbstredend mit einem neuen Glanzstück namens ‚Resonator’ im Rucksack. Und es ist passiert. Mit dieser Scheibe hat er sich nämlich endlich verabschiedet vom schwermütigen, komplex-komplizierten Crimson Sound. Komplex ist die Musik immer noch. Aber sie ist fröhlicher, stimmungsgeladener und mit all der Leichtigkeit des Sein, zu der sie imstande ist. Ihm zur Seite stehen Bruder Peter der schon bei Jazzlegende Gil Evans und Annie Lennox am Keyboard saß. Jerry Marotta, wer kennt ihn nicht den Tausendsassa unter all der Schlagzeuger Elite, der ebenfalls bei Gabriel, aber auch Paul McCartney, Hall&Oates und Stevie Nicks, um nur einige zu nennen, getrommelt hat. Jesse Gress, Ausnahmegitarrist von der Todd Rundgren Band, der schon etliche Bücher geschrieben hat. Und Larry Fast gehört ebenfalls der Gabriel Family an, hatte bei Nectar seine Finger im Spiel, und überschaut das berühmte Synergy Projekt. Tja, und wenn man eins und eins, bzw. Eins und Drei zusammenzählt, dann kann bei soviel Talent und Können eigentlich nur eine multiple Klasse für sich zusammen kommen. – Leider Gottes haben das bisher nur wenige Musikfreunde gecheckt. Aber wie heißt es so schön: was der Bauer nicht kennt, frisst er nun mal nicht. Und das Zauberwort heißt wieder einmal – (fehlende) Promotion (Anm.:das gilt nicht für die Konzerte, sondern für die Künstler selbst & ihre CDs),  mit dem Ergebnis, dass sich zu den Germany Dates durchschnittlich nur jeweils um die 400 Gäste eingefunden haben. In München sind es noch um hundert weniger. Aber wen wundert’s. Unser schwieriges Pflaster hier ist ja sowieso nur allzu bekannt. It’s Showtime Boys. Und der Einzug der Toreros wird vom Supportact ‘Tom & Jerry’ gestaltet.

Wer zum Teufel ist das, hab’ nicht nur ich mich gefragt. Die Antwort erfolgt umgehend. Tom Griesgraber ist der eine Teil des Duos und einer der wenigen selektierten Musiker, der den ach so schwierig zu bedienenden, Chapman Stick spielen kann. Und das tut er tatsächlich mit Bravur. Jerry hingegen, - nun ja, es gibt nur einen Jerry auf diesem Trip, und der heißt nun mal Jerry Marotta und übt auf dieser Konzertreise quasi einen Doppeljob aus. Eine CD von den Beiden gibt’s übrigens auch schon namens ‚Waking The Day’. Klasse gemacht Jungs, auch wenn Jerry live on stage lieber für die Scheiben von Spezl Tony wirbt, und das ganz schön vehement.
                                                                  

And here they are. Vier Weltklasse Musiker, die sich gegenseitig so perfekt und harmonisch ergänzen, dass es ein wahre Freude ist zuzuhören und zu gucken. Und ich bin weiß Gott kein Musiker, der sich in detaillierten Klangstrukturen auskennt. Aber das was ich als Laie und einfacher Musikfan imstande bin heraus zu hören, ist verdammt gut, wenn nicht nahezu genial. Tony lässt die Puppen... sorry, den Geigenbogen über den Bass tanzen. Er klopft den 4Saiter mit seinen zwei berühmten Tabsticks und zupft den Chapman Stick mit einer Leichtigkeit, dass man vergessen könnte, wie überaus schwierig es ist, dieses Instrument überhaupt zu spielen. Larry vergisst sich am Synthisizer bei einer überaus amüsanten Version von Katchaturians ‚Säbeltanz’. Und Led Zeppelins ‚Black Dog’ bekommt eine neue Unterwäsche.

Nein, hier sind keine Perfektions-Frickler am Werk, die toternst und stocksteif irgendwelche 20 Minuten Soli vom Stapel lassen mit Grabesmienen. Hier musizieren vier, nicht mehr ganz junge Oldies but Goldies, die vor allem eins haben, nämlich Spaß an der Sache. Die sich austoben in ihrer ganz eigenen Art der Interpretation mit viel Freiraum für Details, aber doch einer zielstrebigen Strategie. King Crimson war vorgestern. Das ist das Heute – brilliant genial, aber doch locker vom Hocker.

Es darf gelacht werden, vor allem bei Jerrys humorvollen Spaß-Dialogen, wie zum Beispiel das Beobachten eines ca. 4 Minuten Kusses im Publikum während der kompletten Länge eines Stückes. Es scheint ihn jedenfalls schwer beeindruckt zu haben. – Und noch mal Gott sei Dank. Denn wir hier heute Abend sind kein Publikum, das mit verschränkten Armen und besserwisserischen Mienen bewegungslos dasteht, sondern mitgeht, klatscht und viel Reaktion zeigt. Und genauso wünschen es sich unsere Virtuosen hier und bedanken sich mit einer, letztendlich fast zweieinhalb stündigen Show. Der Resonator hat  Resonanz gefunden, und das Echo spiegelt den Widerhall.
Und last but not least kann ich nur noch hinzu fügen: schade, dass nicht alle Konzerte so eine Befriedigung hervor rufen wie dieses hier. Da bleibt wirklich kein Au.... kein Wunsch mehr offen – höchstens noch ein 4-Minuten Kuss, was Jerry ?!!! 

 
  & 
hier gibt's noch mehr Live Pics      

für Aftershow Pics 
Diary klicken 
   




  Promo-Videoclip  - (linked from YouTube)