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Über unsere schillernden Spielleute habe ich in der Vergangenheit ja schon mehrmals berichtet, einmal hier in München, bei einem kurzen Blitzauftritt tagsüber bei einer Werbeveranstaltung, und einmal hier über einen Besuch in Kaltenberg bei den Ritterspielen. Da wo Corvus Corax schon seit vielen Jahren die Haus- und Hofkapelle sind, die für die fröhliche Untermalung bei den Vergnügungen einer immer wieder kehrenden illustren Gesellschaft sorgt.
Aber ich sehe die Truppe heute zum allerersten Mal im Rahmen eines normalen vollen Konzertes. Man verzichtet auf sogenannte Anheizer und Supportacts und spielt lieber früh, aber dafür in zwei Sets auf. Gut so, denn diese Art der Unthaltung benötigt keinen Vorläufer. Pünktlich um halb neun, drehen wir das Rad der Zeit um ca. 800 Jahre zurück. Und mit passendem Glöckchengeläut marschieren die bunten Paradiesvögel auf die Bühne, die mit allerlei ziemlich exotisch ausschauendem Gerät bestückt ist. Dabei handelt es sich ausschließlich um mittelalterliche Musikinstrumente, wie den guten alten Dudelsack, eine Schalmei oder Pauke und und und.... Ehrlich gestanden, hab’ ich mir all die ulkigen Namen nicht merken können. Aber ich werde nach dem Auftritt noch ausführlich belehrt, dass all diese Monstren liebevoll der Marke Eigenbau entstammen.


Zugegeben, man muss schon ein gewisses Faible  aufbringen für diese Art der Unterhaltung. Und ein Konzert von Corvus Corax (lat. Wort für Kolkrabe) hat nichts, aber auch rein gar nichts mit den üblichen Veranstaltungen musikalischer Art zu tun. Es fängt damit an, dass die schrillen Töne des Dudelsacks nicht jedermanns Sache sind. Der wiederum stammt übrigens nicht, wie fälschlicherweise oft angenommen aus dem schottischen Hochland, sondern anscheinend aus dem guten alten Deutschland, wie uns Castus Rabensang zwischen den Tönen eines besseren belehrt. Trotzdem bestimmt vor allem die Pauke den allgemeinen Tenor. Und die wird gleich mit dreifachem Echo gedroschen. Die lieblichen Melodien der grauen Vorzeit, bzw. des dunklen Mittelalters, schwellen zu einem überdimensionalen Klangvolumen an, der von unseren Berliner Junkern mit einer Leidenschaft formvollendet interpretiert werden. Und die rund eintausend Seelen des anwesenden Fußvolks schwingen begeistert das Tanzbein.

Was mir persönlich im Gegensatz zu anderen Verfechtern dieser vorzeitlichen Rhythmen so gut gefällt, ist die Tatsache, dass bei Corvus Corax wirklich ausschließlich Werkzeug und Melodien aus jener Epoche verwendet, und nicht etwa mit modernem Gerät oder gar Rockmusik vermischt wird. Lediglich die Gewandung der munteren Gesellen entspricht nicht ganz der damaligen Jahrhunderte, sondern ist mit viel, liebevoll kreiertem Beiwerk fantasievoll verziert. Deshalb auch meine anfängliche Bezeichnung ihrer selbst als Paradiesvögel. Ich nehme mal nicht an, dass man im Mittelalter schon Dreadlocks kannte. Oder doch? Wie auch immer, hübsch anzuschauen sind sie allemal, und für’s (weibliche) Auge ist da oben auf der Bühne mindestens ebensoviel geboten wie die Musik selbst. Wir werden aufgefordert mit zu tirilieren, immer abwechselnd – einmal die Frauen, und einmal die Männer. Und das tun wir auch lautstark und mit Nachdruck. Nur der Bitte, sich der Kleidung zu entledigen, um dann umso befreiter mitzugrunzen, im Schweiße unserer Angesichter, entsprechen wir dann doch lieber nicht. :- )  -  Das Motto dieses Aufspiels heißt natürlich ‚Venus Vina Musica’, dem aktuellen Werk schöner Künste, das selbstredend hinten links im Erker des Bollwerks zu erwerben ist.
Schön war’s wieder mal. Und der Heavy Metal des Mittelalters, wie ich es zu nennen pflege, hat uns once again in seinen Bann gezogen und uns straight – forward to the Past katapultiert.  Hoffen wir also, dass der Rabe noch lange krächzt und uns mit seinen lieblichen Weisen weiterhin beglückt.
In Sanktus Nominee Padre... fidibus oder weiß der Geier, pardon.... -  Kolkrabe was.....

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