.... und das Saallicht war
bereits angegangen, als Pearl Jam noch einmal auf die Bühne raus kamen.
Eddie Vedder ergriff das Mikrophon und sagte nur einen Satz: „Wir sind
glücklich und fühlen uns geehrt, dass wir heute Abend in dieser Halle
als Supportband für The Who morgen Abend spielen durften“. – Als
Dreingabe gab’s eine Pearl Jam Version von Baba O’Riley’. – Ist
das nicht schön?!
Leute, glaubt mir, unsere wiederauferstandene Rocklegende hat diese Ehre
wirklich verdient. Und es ist fast schon zum weinen schön. Nein, es ist
beileibe nicht nur Nostalgie von anno dazumal. Es sind Fakten und harte
Tatsachen, dass da oben zwei Rockveteranen am Werk sind, die weiß Gott
nicht mit irgendwelchen verstaubten Reliquien aus dem Jahre Schnee auf die
Tränendrüse drücken. Im Gegenteil, Roger Daltrey und Pete Townshend
sehen für ihren über - 60er noch mehr als fit aus. Und trotz jahrelanger
verschiedener Wege, Streit und Differenzen, haben sie ihr Handwerk nicht
verlernt und verstehen sich heute besser als jemals zuvor. – Und nein,
das Zauberwort heißt nicht nur Kohle, sondern es war wahrscheinlich der
Reiz es noch einmal zu versuchen, ob es noch funktioniert, ob die Musik
noch ankommt bei ihrer und auch bei der jungen Generation.
Ich habe The Who nach ihrer Reunion bereits im vergangenen Sommer in Ulm
am Münsterplatz gesehen und mich von den neuerlichen Tatsachen überzeugt.
Und heute überlege ich die ganze Zeit, was mir besser gefallen hat, das
hier oder der Einstand vor 12 Monaten. – Ich kann’s nicht wirklich
sagen. Die Atmosphäre war als Open Air eine andere, das steht fest. Aber
das De ja Vu auf der Leinwand heute Abend hat auch etwas für sich. (Live
Review Ulmer Münsterplatz)
Als junges Mädchen hab' ich mal wirklich geschwärmt für diesen
unerreichbaren Rockstar mit den blonden Engelslocken. Und seit dieser
Zeit, also den frühen 70ern bin ich ein Fan von - The Who und von Roger
Daltrey, besitze sämtliche Band-Alben und Soloalben nd hätte damals nie
gedacht, dass ich diese Gruppe auch irgendwann mal live erleben würde.
So here we go, und.......
“I wanna die before I get old’ war und ist der Schlachtruf der
Begründer der sogenannten Mods. Und ehrlich, sie können es sich
erlauben, diese Zeilen nach wie vor zu singen. Denn alt simma noch lange
nicht.
Im Vorprogramm - The Cult –
ebenfalls glücklich wieder vereint seit
einiger Zeit. Stilistisch passt
die Gangart zwar nicht wirklich zu den Klassikern von The Who, aber auch
hier gibt’s etliche Songs, die fast schon so etwas wie Kultstatus genießen.
Da wäre ‚Sweet Soul Sister’, „Lil' Devil“ oder „Wild Hearted
Son“, die mich augenblicklich in die Achtziger und Anfang 90er zurück
versetzen. Ian Astbury und Billy Duffy sind die zwei starken Egos in der
Band, die beiden Aushängeschilder, die sich anno 1981 gesucht und
gefunden hatten. Die restlichen Bandmitglieder wurden immer wieder
ausgewechselt. Astbury verkörpert nach wie vor den ewig jugendlichen
Rebell, der mit Provokation versucht, das Publikum zu gewinnen. So auch
sein Kommentar auf die Lahmarschigkeit der heute anwesenden Fans. „ich
glaube wir befinden uns heute hier innerhalb eines Aquariums in einem
Museum und nicht bei einem Konzert“. Leider funktioniert das nicht
richtig. Wahrscheinlich weil’s die Menge nicht kapiert. Erst als er
hinzu fügt: „und ich bin für 1860 München und nicht für fucking FC
Bayern“, - da kommt Leben in die Bude, allerdings eher durch zahlreiche
Buh Rufe. – Ja ja, man sollte mit Fußball-Äußerungen vorsichtig sein
in München. Einen Effekt hatte die Aktion jedenfalls, die Meute war
aufgewacht. –
Wie schon oft erwähnt, ist so ein Supportslot ein undankbarer Job, nicht
zuletzt durch den gedrosselten Energieschub on stage. Aber wenigstens
haben sich heute unter all den Who Fans auch so einige Anhänger von The
Cult eingefunden, die ihre Band sehen wollen. Und somit ist es auch zu früher
Stunde schon verhältnismäßig voll innerhalb des Wohnzimmers, in das
12.000 Seelen hinein passen. – Schlecht sind sie nicht, - The Cult, im
Gegenteil. Trotzdem wünsche ich mir, dass wir diese Band bald wieder live
hier erleben, allerdings in einem kleineren Venue und als Headliner. Ich
wette, da kommen sich noch drei Mal besser rüber als hier und heute.
’I
Can’t Explain’ ist der
Opener, mit dem Townshend, Daltrey und Co. einsteigen in eine Show, die wie
eingangs erwähnt, fast zum weinen schön ist. Man kann’s wirklich nicht
erklären, was diese Magie ausmacht, die hier in der Luft hängt. Roger
Daltrey sieht mit seinen 63 Jahren fast 20 Jahre jünger aus, und Pete
Townshend ist konditionell immer noch on top, rudert wie eh und je mit dem
Arm durch die Luft, bevor er die Saiten seiner Gitarre rasiert. – Es hat
sich nichts, na ja – fast nichts geändert. Ein kraftvolles Riff wird von
einer noch kraftvolleren Stimme unterstützt. Die Beiden ergänzen sich nach
wie vor so perfekt, dass man fast meinen könnte, sie wären niemals
getrennt gewesen. – Waren sie ja auch offiziell nie. Es gab nur, - wie
sagt man so schön, - immer wieder sehr lange Pausen dazwischen. Waren diese
bedingt durch das Ableben von Drummer Keith Moon Anfang der 80er, oder der
plötzliche Tod von Bassist John Entwistle vor ein paar Jahren, es sei dahin
gestellt. Oder war es interne Zwistigkeit, die sie oft niedergeworfen
hat, aber sie sind immer wieder aufgestanden, so wie auch jetzt wieder.
Nun gut, das neue Album ist nicht so 100%ig gut runter gegangen bei den
Fans. Wahrscheinlich weil Rockopern heutzutage nicht mehr so gefragt sind.
Aber das tut den Live-Auftritten der Band keine Abbuße. Daltrey und
Townshend werden von Pino Palladino am Bass, John Bundrick am Keyboard,
Simon Townshend (Petes Bruder) ebenfalls an der Gitarre und Zak Starkey
(Ringo Starrs Sohn) am Schlagzeug ergänzt. Das sind alles erstklassige
Musiker, die auch ihr Rampenlicht bekommen für kurze Zeit.
Aber natürlich sind es unsere beiden Helden, die da vorne für viel
Stil, Sentimentalität und Stimmung sorgen. Das Programm umfasst sämtliche
Meilensteine der Who History und werden nur zwei oder drei mal durch neues
Material unterbrochen. Und
genau hier erfolgt der kleine aber feine Unterschied zu so manchen anderen Künstlern,
die wieder und immer wieder ihre alten Kamellen auftischen. Die Musik von
The Who wirkt auch heute noch up to date und von Oldie Feeling ist keine
Spur. Ob dank der modernen Darbietung oder einfach der unwiderstehlichen
Magie. The Who sind definitiv wieder voll da, und ich hoffe inständig, dass
das nicht das erste, bzw. für mich das zweite und letzte Mal war, dass ich
diese Band live erlebt habe. Roger und Pete bestreiten die allerletzte
Zugabe alleine ohne den Rest der Crew vor den ca. 7.000 anwesenden Fans.
Und genau hier entsteht der tatsächlich einzige Moment, wo man sentimental
werden könnte. Ich sage – könnte. Denn alles in allem bleibt als Fazit
nur noch zu sagen, so wie die alten Herren heute noch rocken, - Kinder
machts nach, danach reden wir weiter.....
PS: nur mein persönlicher Who
– Lieblingssong ist wieder mal auf der Strecke geblieben.
„Love
Reign Or’ Me’ aus Quadrophenia. Aber was soll’s
- Die Devise heute ist und war:
We wanna live before we get old – und das noch seeeehhhrrrr lange....
Ein Interview mit Roger Daltrey von Dez. 2005 findet Ihr unter
Interviews - hier
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