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Jawohl, ich höre Musik von Chick Corea und den Petshop Boys, John Lee Hooker und Bootsy Collins.
Was aber nicht heißt, dass ich mir heute Abend nicht Meistro Cavalera und Co. in unserem Backstage Tempel antue. Denn, um es immer wieder zu betonen, es gibt im Grunde genommen nur zwei Arten von Musik, - nämlich gute und schlechte. Alles andere ist eine Sache des individuellen Geschmacks und der Bereitwilligkeit für ein offenes Gehör für Neues und ungewohntes Terrain.
Heidarassa, Mäxchen lässt die Puppen tanzen und das mit einer Durchschlagkraft, dass sich die Schlacht um Rom  dagegen wie ein Seniorenkränzchen für Über-Neunzigjährige ausnimmt. 
1 = um
  2 = dois 3 = três damit beginnt fast jedes zweite, zart besaitete Liedgut, das mit Überschallgeschwindigkeit auf sämtliche, versammelte Apostel der Thrashmetal-Kultur nieder prasselt. Ausverkauft heißt die Devise, und das bedeutet hochgerechnet in etwa 1.200 bayrische Verfechter brasilianischer Folklore ala’ Soulfly. – 

Support kam kurzfristig von Hämatom, einem germanischen Metal- Gerinnsel, das meiner Aufmerksamkeit allerdings zum Teil entschlüpft ist, dank, fast schon chronischem Zu spät Kommens. Aber das, was ich noch am Rande mitbekommen habe, klang gar nicht so uninteressant. 

                                                                                             

                                                                                              

Wenigstens erwartet mich umgehend eine positive Offenbarung. Nämlich, dass es nur einen Vorläufer gibt und nicht ein halbes Dutzend, wie schon so oft in der Vergangenheit bei Events dieser Art erlitten. Man ist als Fotograf ja zumeist für den Startenor des Abends ab beordert. Aber da man nie genau weiß, wann jener beliebt zu erscheinen, findet man sich zeitig ein, nach dem Motto, der frühe Vogel fängt den Wurm, und stellt dann zu seinem Entsetzen fest, dass man erst mal drei oder gar vier Pre-Stimmungskanonen über sich ergehen lassen muss, bis man dann letztendlich zum Sinn und zur Zweckerfüllung seiner persönlichen Präsenz gelangt. Ich will ja nicht bestreiten, dass der eine oder andere Vorreiter immer wieder mal mein Interesse weckt, und ich dabei schon so manches Talent für mich selbst entdeckt habe. Aber wie schon erwähnt, eine Antriebskurbel würd’s für mich persönlich auch tun bei diesen Metal - Cafe-Kränzchen, speziell wenn man, so wie ich, fast schon im Guinnessbuch der Rekorde steht was die Anzahl jener Konzert Besuche betrifft. – Nun heute Abend hab’ ich Glück gehabt und Punkt 21 Uhr 45 klettert Maximiliano Antonio Cavalera der Große samt seinen Seelenfliegen auf’s Podest und verwöhnt uns mit filigranen Melodien brasilianischer Thrashmetal Kunst. Und damit wird auch gleichzeitig das 10jährige Jubiläum von Soulfly gefeiert.  

Heiliger Christopherus, man möchte gar nicht glauben, wie schnell die Zeit verfliegt. Neben Max stehen noch Gitarrist Marc Rizzo und Bassist Bobby Burns auf dem Tablett, und im Hintergrund sorgt Joe Nunez für den nötigen Swing. Mäxchen zwitschert wie immer seine negative Erwartungshaltung und Endzeitstimmung  ins stilgerechte Sprachrohr, dessen Grashalm-verzierte Gasmaske blicklos das Gesamt-Image vervollständigt. ‚Dark Ages’ heißt passend auch das aktuelle Teil, das im März 2005 das Licht der Welt erblickte.

Nebenbei ist der gebürtige Portugiese auch noch unter die Trendsetter gegangen mit seiner Bob Marley  - Dreadlock – Fönfrisur, deren Nachahmung ich noch mindestens 3-Dutzend Mal im Publikum entdecke.
So what? Bob Marley ist Gott für Max, und Max ist Gott für den Rest der Welt.

Und ja, man möchte es kaum glauben, aber mitten im Wechselstrom Gewitter brasilianischer Klangwolken ertönen mit einem Mal tatsächlich sanfte Töne unverkennbarer lateinamerikanischer Folklore, hervorgebracht von Gitarrist Marc Rizzo, der damit einmal mehr zeigt, dass er wirklich Talent besitzt. Der Chef hingegen benutzt hingegen die hohe E- und die H-Saite seiner Gitarre nicht, deswegen nennt er seine Gitarren "4-Stringz".  Das nur am Rande erwähnt. 100% eruieren lässt sich das live on Stage ohnehin nicht bei jener Sorte von Kammerkonzert. Und ach ja, selbstredend ist der gesamte Cavalera Clan wieder mit von der Partie, und Sohn Ritchie bekommt sogar sein eigenes Vokal-Solo da oben, nach dem Motto, wie der Vater so der Sohn. Das ist somit bereits der dritte Break im Soulfly Monolog nach dem, vorhin erwähnten, Folklore Ausflug und einem mehrminütigen Dreifach – Trommelwirbel, vollführt von Bassist und Gitarrist und last but not least Max und einem Fan in der goldenen Mitte. 

Fakt ist, der brasilianische Regentanz hat sich ins Backstage verlagert und sorgt für fliegende Fi... pardon... Leiber, schwitzende Dampfwolken und ein undefinierbares Knäuel an bewegender Masse. Max brüllt zwar seine Message  zum Großteil wie immer in reinstem Gastarbeiter Englisch durch die Halle, aber kapieren tut ohnehin niemand ein Wort. Aber das wiederum ist sch... egal, denn das was da oben gewittert ist Max samt Dreadlocks und Zahnlücke (Anm. letztere gähnte schon 1988 in seinem Mund, als ich ihn das erste Mal im Londoner Marquee Club sah) – Nun, ich nehme an, Markenzeichen sind dazu da um gesetzt zu werden, und behält man auch, koste es was es wolle, inklusive individueller Attraktivität. Aber Max wäre nicht Max ohne seine Zahnlücke – aus, Schluss und basta.

Ende gut alles gut, der Erfolg gibt ihm wieder mal recht und lässt auch zukünftig auf weitere Arien und Entwicklungen aus dem Amazonasbecken hoffen. Erstmal ist ein gemeinsames Projekt mit Bruder Igor geplant, und dann schauen wir weiter, wenn’s wieder heißt:  1 = um 2 = dois 3 = três  wie gut, -  dass es Europa, bzw. Deutschland gibt.....


PS: ..... und erwähne nie.. nie... und niemals den Namen Sepultura gegenüber Max..... sonst........
http://www.soulflyweb.com/