311


Eines ist sicher, die große Zeit der Boybands ist endgültig vorbei. Klar gibt’s immer noch Ausnahmen wie Tokio Hotel, die die Hysterie bei den jetzigen, und auch bereits entwachsenen, Teenie Girls wieder aufleben lässt. Aber im Allgemeinen hat sich dieser Hype über die letzten Jahre merklich gelegt. Gruppen wie Take That, New Kids On The Block, I’Nsync und eben die Backstreet Boys sorgten so wie einst die Beatles für diverse Massenhysterien. Einziger Unterschied zu den Pilzköpfen ist die Tatsache, dass all diese Boybands der 90er Jahre keine bahnbrechende Innovation mit sich brachten. Aber sie waren jung, hübsch anzuschauen und wurden, was das wichtigste ist, - richtig vermarktet. – Aber wie sagt man so schön? – Die Zeit bleibt nicht stehen. Wir werden alle älter und weiser (oder auch nicht) und verändern uns. Und dank des rückläufigen Hypes verschwanden auch die meisten dieser Boygroups wieder in der Versenkung. Auch die Tatsache, dass einige von ihnen heirateten, ließen sie für ihre zahlreichen einstigen Verehrerinnen uninteressant werden. -
Nun, ich bin mir nicht sicher, ob das neuerliche Aufflackern dieses Phänomens - Tokio Hotel zuzuschreiben ist oder ob finanzielle Gründe schuld daran sind, aber Tatsache ist, dass sich erst Take That wieder reformiert haben,  (allerdings ohne Magnat Robby Williams), gefolgt von den Backstreet Boys. Und seit kurzem steht fest, dass es auch die New Kids On The Block wieder gibt. – Die Frage ist nur: ist das noch dasselbe wie vor 10 oder gar 15 Jahren. Die Mitglieder der genannten Formationen sind inzwischen ausgewachsene Mannsbilder, mit Charakterköpfen. Können jene einstigen Jugendidole immer noch die Augen der 14- 18 jährigen Girlies zum Glänzen bringen? Nun, ich habe mir für heute Abend vorgenommen, diesen Umständen auf den Grund zu gehen.- Na ja, sagen wir mal so, - ein netter kleiner Fotoauftrag eines Magazins hat auch noch gewinkt. Also macht unsereins, also die Fotografenzunft das ja ohnehin gern, egal wer da oben aufgeigt. Es winkt einmal mehr eine Fotolizenz, seitens des Bandmanagements, die es zu unterzeichnen gilt, bevor wir unsere Gerätschaften in den Fotograben der Olympiahalle befördern. – 

Aber was muss mein wachsames Auge sofort feststellen....? Die Zuhörerschaft heute Abend in diesem Venue, in das normalerweise 12.000 Leute rein passen, hält sich leider mehr als deutlich in Grenzen. Ich schätze mal grob, dass sich nicht mehr als 2.800 weibliche und vielleicht 200 männliche Gäste eingfunden haben. Das ist bitter, erinnere ich mich doch noch an Auftritte in der selben Halle vor ausverkauftem Haus. Nun, zumindest eines ist gleich geblieben zu damals. Es befindet sich nach wie vor kein einziges männliches Individuum in der ersten Reihe. Und das Geschrei ist unbeschreiblich groß, als das Licht ausgeht. -
Aber halt, erst mal sind die deutschen Youngsters von ‚Stanfour’ dran mit einer 40 minütigen Einlage. 

Zwar geben sie 1994 als ihr Gründungsjahr an. Aber die Debütsingle ‚Do It All’ erschien erst im vergangenen Jahr, gefolgt von desgleichen namens ‚For All Lovers’. Und gerade erschien das komplette Album ‚Wild Life’. Als Support fungierten Stanfour bereits für John Fogerty in der Vergangenheit. Jetzt sind es eben die Backstreet Boys, die sie auf deren Tour begleiten. –
Sie werden zwar nicht ganz so enthusiastisch aufgenommen wie die Stars des Abends, aber es zeigt sich doch, und das vor allem hörbar, dass die Jungs von der Insel Föhr keine sooooo Unbekannte mehr sind. Der Stiefel steht und fällt vor allem mit Frontboy Konstantin Rethwisch, der wie ein Derwisch über die Bühne fegt und immer wieder in die Knie geht zwischendurch. Kommt ganz gut, muss ich sagen. Bruder Alexander Rethwisch äugt hinterm keyboard hervor. An der einen Gitarre zupft  Eike Lüchow, an der anderen - Christian Lidsba. Ferner sind für Sessions und Livegigs noch Tommy Andersson am Bass und Schlagzeuger Kasper Lindgren engagiert. Fest steht, die Musik von Stanfour ist handgemacht und auch live gespielt. (Anm. weiß man ja nie so sicher bei dieser Kategorie von Bands :-)) Aber die Melodien stechen nicht wesentlich hervor, und ehrlich gestanden kann ich hinterher einzelne Tracks nicht mehr auseinander dividieren.

Somit auch mein Fazit: typische Boyband Musik nach dem herkömmlichen Strickmuster mit dem Schwerpunkt auf den visuellen Aspekt gelegt. Zumindest spielen sie ihre Instrumente selbst, und das beherrschen sie auch... Alle Achtung!  http://www.stanfour.com/ 



Dann wird’s spannend, samt schwarzem Vorhang und die, für die Mädels, nicht enden wollende Umbaupause.
Und jawohl – here we go, der Curtain fällt und der Boxring wird nach vorne geschoben, ich welchem Howie Dorough, Alexander James Mclean, Brian Littrell und Nick Carter zum imaginären Boxkampf antreten und dazu ihren Gassenhauer ‚Larger Than Life’ schmettern. 

Kevin Richardson ist ja bekanntlich vor 2 Jahren ausgestiegen. Offiziell getrennt waren die Backstreet Boys übrigens nie. Es fand nur so etwas wie eine kreative Pause statt, und speziell Nick Carter konzentrierte sich auf eine Solokarriere, die aber nicht so recht fruchten wollte. Tja, es zieht halt nun nicht jeder das große Los eines Robbie Williams. -
’Unbreakable’ erblickte das Licht der Welt im vergangenen Oktober und erzielte bis jetzt 1.3 Mill. Plattenverkäufe. Hört sich viel an, ist es aber nicht. Verglichen mit dem Album ‚Millenium’ aus dem Jahr 1999 mit 30 Mill. verscherbelten Einheiten, nimmt sich das geradezu als Tropfen auf dem berühmten heißen Stein aus. Aber gut, wir rechnen hier jetzt in einigen Größenordnungen höher, als bei den meisten Rockbands. Traurig aber wahr. – 


Back to the action hier, und eines muss man dieser Produktion hier lassen. Die Choreographie ist nahezu perfekt. Hier sitzt jeder Schritt, jede Bewegung und einfach alles. – Übrigens, die Nummer ‚Larger than Life’ hat was, das ist nicht zu bestreiten. Ich könnte mir vorstellen, wenn dieser Song mit einem Hardrock Riff unterlegt wäre, würde das richtig gut runter gehen. Tut es aber auch so, - muss ich gestehen..... Im weiteren Verlauf der Show erhält jeder der Burschis seine Soloeinlage, wobei Nick Carter am besten die Popstar Attitüde an den Tag legt. Abgesehen davon verändert sich auch das Bühnenbild von Song zu Song. Performt wird einmal am Kartentisch beim pokern, dann wieder auf Barhockern, die vorne auf der Bühne postiert sind. Nein, man kann nicht behaupten, dass der Zauber langweilig ist. Ach ja, und wahrscheinlich wurde auch hier live gesungen. Zumindest was ich so heraus gehört habe. Begleitet werden die Backstreet Boys von einer 7köpfigen Backgroundband.

Viel mehr gibt’s hier nicht zu sagen, außer dass 2.500 Girls einen ebenso hohen Geräuschpegel in Sachen Kreischen hinlegen können, als wenn hier 12.000 gewesen wären. Und auch wenn Nick, Brian, Alexander und Howie deutlich erwachsener wirken wie zu den glorreichen Zeiten, so ziehen sie die weibliche Klientee trotzdem  immer noch an, wie der Honig die Bienen. Der Schwarm ist nur deutlich geschrumpft, was aber eher dem gegenwärtigen Zeitgeist entspricht. Für Tokiohotel Fans sind die Backstreet Boys zu alt. Und deren einstigen Verehrerinnen sind zum Teil auf ganz natürliche Art und Weise dieser Phase entwachsen.http://www.backstreetboys.de/

Ich für meinen Teil, mache nach ca. einer Stunde die Fliege, und sause bei dichtem Schneegestöber gegen 22 Uhr von der Olympiahalle im Norden Münchens zum Metropolis in der Kultfabrik gleich hinterm Ostbahnhof, um dort noch ein bisserl vom Kuchen, bzw. exzellenten Gitarrenspiels eines Eric Sardinas mit zukriegen. – Tue ich auch...... – siehe
Review 312.......