.... Okay ich hab’s doch noch geschafft, nach einer ziemlich chaotischen
und überhasteten Autofahrt von der Olympiahalle und den Backstreet Boys
(siehe
Review 311)
zum Metropolis und zu unserem Gitarren-Wunderkind Eric Sardinas. Zwei
Konzerte an einem Abend sind eindeutig etwas anstrengend. Wobei man vor
allem, logischerweise keines zur Gänze auskosten kann. Von ersterem ca.
eine Stunde genossen, eile ich zum anderen Event, und bekomme davon,- dank
seiner Länge, ebenfalls noch runde 60 Minuten mit. Mein Bonus ist zudem,
dass ich beide Künstler früher schon ein-, bzw. sogar drei Mal live erlebt
habe, und somit im Prinzip vorab wusste, was mich in etwa wieder erwarten würde.
"Ich spiele Slide, ich spiele
Blues, aber es ist der Rock'n'Roll Blues, den ich auf meine Art und Weise
interpretiere", so beschrieb sich Eric Sardinas selbst in einem
Statement.
Was kann ich über diesen Ausnahmemusiker also noch groß erzählen? Denn
eigentlich ist es ein trauriges Kapitel. Und er gehört einmal mehr in die
Kategorie unserer sogenannten ‚Lost Talents’. Dabei handelt es sich um
jene Künstler, die trotz ihres exzellenten Könnens dem wohlverdienten großen
Erfolg ihr Leben lang nachrennen. Aber gut, noch ist nicht aller Tage Abend.
Und wer weiß, vielleicht geht eines Tages doch noch der Knopf auf. Ich
denke mal, in seinem Fall ist es eine Sache der momentanen Trendwende. Und
die spricht im Augenblick nicht unbedingt für Bluesrock, zumindest was die
breite Masse angeht.
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Der schöne Mann (im wahrsten Sinn des Wortes) zählt
inzwischen 38 Lenze, und sieht aus wie der typische LA Glamrocker, was aber
trügt. Denn Sardinas hat sich zu 100% dem Mississippi Delta Bluesrock
verschrieben. Elmore James oder Muddy
Waters sind seine Vorbilder. Der Nachkomme kubanisch-italienischer
Einwanderer greift mit sechs Jahren zum ersten Mal zur Gitarre.
Später spielt er an Straßenecken
in
LA um ein paar Kröten zu verdienen. Dort trifft er auch auf den
Bassisten Paul Loranger und den Drummer Scott Palacios. Zusammen ziehen sie
als das Eric Sardinas Project bis Ende der 90er Jahre durch Bars und Clubs
und geben bis zu 300 Konzerte im Jahr. Ende des Jahrzehnts beginnt er CDs in
Eigenregie zu
veröffentlichen. 1999 erscheint die erste volle Scheibe ‚Treat
Me Right’. Es folgen ‚Devil’s Train’ 2001, und ‚Black Pearls’
2003. Bereits seit dem zweiten Teil
unter den Fittichen von Steve Vais Label Favoured Nations Entertainment, hat
er gerade eben sein viertes Album ‚Eric Sardinas & Big Motor’ veröffentlicht.
Auch auf diesem Teil versteht es der Meistro auf den sechs Saiten den
traditionellen Blues mit einem sehr rockigen Touch ins moderne Gewand der
Gegenwart zu hüllen. – Aber die Scheibe ist nicht das einzige Neue, das
der Gitarrist zu bieten hat.
Da wäre noch das Line up seiner Band, das sich
nunmehr aus Levell Price am Bass und dem Italiener Patrick Gaccia am
Schlagzeug zusammen setzt. Beide sind ebenfalls erstklassige Musiker, die
sich gut und gerne auf dem selben Qualitätslevel wie ihr Chef befinden.
Bei seinem letzten Europa Besuch war Sardinas als Supportact von Steve Vai
zu bewundern und erhielt dadurch eine wesentlich größere Zuschauer
Klientee’. Folglich hat er sich nun bei diesem Besuch
in unseren Breiten für seine neuerlichen Headliner Shows mit
Sicherheit ein breiteres Publikum erhofft. – Aber dieser Wunsch hat sich
nur bedingt erfüllt. Und der Unterschied beträgt, wenn’s hoch kommt,
durchschnittlich so etwa 100 Zuschauer mehr pro Gig. Es ist in der Tat wie
verhext. Vielleicht hätte Sardinas auch erst noch mal für eine namhafte
Band spielen sollen, so wie es die meisten anderen Super-Gitarreros,
inkl.Steve Vai, gemacht haben, bevor sie sich selbst namlich heraus
kristallisierten. Aber er ist nicht der Typ dafür. Er fing als Straßenmusikant und
Einzelgänger an, und er wird es immer bleiben, auch mit dem Risiko, dass er
eventuell eines Tages back again auf der Straße endet. Nein, ich denke nicht,
dass er letzteres wieder tun wird. Dazu ist der Mann viel zu gut.
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Man hat den Eindruck, Sardinas spielt sich während
eines Konzertes in eine Art Trance Zustand. Er prügelt und liebkost sein
Instrument gleichzeitig, das sichtlich schon bessere Tage gesehen hat.
Aber es gelingt ihm, trotz dieser Gitarren Akrobatik, die sich über
längere Strecken hinweg zieht, keine Spur von Langeweile aufkommen zu
lassen. Diese Gabe muss er sich von Mentor Steve Vai abgeschaut haben, der
es ebenfalls versteht, neben dem Gefidel, absolute Showman Qualitäten an
den Tag zu legen. Das Programm umfasst vornehmlich Songs aus den vier
bisherigen Alben. Allerdings ist diesmal von einer Setliste weit und breit
keine Spur. Dazwischen bekommen
auch Price und Gaccia ihr Solo-Scheinwerferlicht, wobei speziell der kleine
Italiener seine Fähigkeiten unter die Buschtrommel stellt. Denn er bearbeitet nicht
nur sein Baby im Hintergrund, sondern stürmt die Front und zeigt, dass auch
eine Monitorbox gut und gerne als Snaredrum herhalten kann. Die Zugabe wird
dann noch oben ohne bestritten, wobei immer wieder das opulente Rücken- und
Brusttattoo
von Sardinas die allgemeine Aufmerksamkeit zieht.
Anyway, dank der Überlänge des Auftritts von 2 Stunden, war mir
letztendlich dann, wie anfangs erwähnt, etwas mehr als die Hälfte vergönnt.
Und die haben meinem Feingespür für gute Musik, denn doch wesentlich mehr
entsprochen, als vorher die überperfekte Performance der
Backstreet Boys am selben Abend. Was für Gegensätze..... – aber sicherlich eine
Erfahrung wert !
http://www.ericsardinas.com/
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