Schuld an allem ist der Song ‚When I’m Gonne’, der mich überhaupt auf
diese Band aufmerksam gemacht hat. Einmal gehört, und er sitzt mit ewigem
Wiedererkennungswert in der Großhirnrinde. Und jetzt, wo sie endlich in München
sind, heißt das natürlich – nichts wie hin. Diese Band aus dem französischen
Teil Kanadas, genauer definiert, aus Montreal, machen zwar nichts
bahnbrechend neues, aber das dafür wirklich gut. Straighter, klassischer
Mainstream Poprock, so würde ich den Stil von Simple Plan beschreiben. Und
zwar solcher, der sofort ins Ohr geht und da auch stecken bleibt. – Drei
Alben haben die Frankokanadier jetzt im Backrohr – ‚No Pads,No Helmets,
Just Balls’ erschien 2002, gefolgt von ‚Still Not Getting Any’, ein
Jahr später, und vor zwei Monaten kam das dritte und selbstbetitelte Teil.
Darauf ist auch jener Song zu finden, in den, nicht nur ich mich sofort
verliebt habe. Dabei hatten die Jungs schon so einige Gassenhauer auf den
Markt geworfen in der Vergangenheit. Als größter Wurf erwies sich bis
jetzt mit Sicherheit das Stück ‚Welcome To My Life’, das in ihrer
Heimat 2004 sogar Nr. 1 in den Charts war. Sie sind jung, voller Tatendrang
und noch mehr Energie. Und jetzt sind sie das zweite Mal in Deutschland,
diesmal nur für ganze vier Dates. Der Auftritt hier in München ist das
Grand Finale, und es absolut ausverkauft, was in der Muffathalle soviel wie
ca. 1.200 Freaks bedeutet. Davon ist wahrscheinlich keiner älter als 20.
Ich frage mich wirklich, was so einen Hype auslöst. Sie sind zwar jung,
sehen gut aus und machen tolle Musik, aber sie sind auch keine dieser
typischen Boybands. Sie spielen ihre Instrumente selbst und das gar nicht
mal übel. – Trotzdem ist das Gekreische groß bei der überwiegend
weiblichen Klientee, die sich hier gegenseitig fast an die Gurgel springt für
einen Milimeter weiter vorne.
Fakt ist, - ich war schon sehr oft in dieser Halle, und auch sehr häufig
bei ausverkauftem Haus, aber so dicht hab’ ich es hier noch nie erlebt.
Das Resultat ist letztendlich, ich bin gezwungen nach den drei üblichen
Fotografier-Songs, die Show vom Fotograben aus zu verfolgen. Ein Rauskommen
is’ einfach nicht - no chance.
Support kommt übrigens von Justin Nozuka, der ebenfalls aus Kanada stammt.
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Seine Musik ist etwas ruhiger und gediegener,
und lehnt sich eher an das amerikanischen Songwriter Feeling an. Er singt
und spielt Gitarre und wird von einer professionellen Background Band
unterstützt. Ein, bislang erschienenes Album hat er im Gepäck, ‚Holly’
von 2006, das übrigens nach seiner Mutter benannt ist. Und
auf dem Sampler Borrowed Tunes II: A Tribute to Neil Young, steuerte
er seinen Beitrag „Bad Fog of Loneliness“ dazu.
Er wird gut aufgenommen, aber trotzdem spürt man nur zu gut, dass die Fans
vor allem auf den Headliner warten.
–
http://www.justinnozuka.com/
Und der stürmt im wahrsten Sinn des Wortes die Bühne und zwar auf einem
derartigen Geschwindigkeitslevel, das meine Kamera Probleme hat, das
Geschehen einzufrieren, zumindest was Sänger und Frontmann Pierre Charles
Bouvier betrifft.
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Ich bin übrigens allein auf weiter Flur da
vorne drin. Heiland Sakra, das ist eine Power, da kann jede Heavy Metal Band
einpacken dagegen. Keine Ahnung, ob das hauptsächlich am jugendlichen Elan
liegt oder am enormen Push up den sie sich selbst, bzw. durch die Fans
inspiriert, verpassen. – Jene sind nicht mehr zu halten.
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Nun, sagen wir so: beim 20. Fast-Ohnmachtsfall höre
ich auf zu zählen. Das sind Kids, die teilweise seit 10 Uhr vormittags vor
der Halle gewartet hatten, ohne Nahrung, ohne etwas zu trinken. Kein Wunder,
dass da so manches Girl in der jetzigen Hitze des Gefechts schlapp macht.
Banner werden gehisst, und Zettel ans eigene T-Shirt geheftet mit der gut
lesbaren Message für die Band: ‚Please Give Me A Pic’.
– Diese regnen auch zahlreich von der Bühne, landen aber zum Großteil
im Graben. Und ich werde von hinten gezogen und gestupst, begleitet von
Hilferufen, die Pics doch einzusammeln und weiter zu reichen. Somit wird
mein Photocall ein Tanz auf dem Vulkan mit abwechselnden Kniebeugen, um die
begehrten Trophäen an die richtige Adresse weiter zu leiten. -
Wie ich schon bei den Backstreet Boys einige
Tage vorher beschrieben habe, ist die Zeit der Boybands ansich vorbei.- Aber
im Gegensatz zu jenen, sind Simple Plan eigentlich keine Boygroup, sondern
eine ganz normale Rockband, auf die sich die Teenies da eingeschossen haben.
Und sie sind vor allem wirklich klasse. Sie, das sind, wie schon vorher erwähnt:
Pierre Charles Bouvier, dann David Phillippe Desrosiers (Bass), Jean-François
„Jeff“ Stinco (Leadgit.), Charles André „Chuck“ Comeau (Drums) und
Sebastien „Seb“ Lefebvre (Git./voc), die sich da oben nichts schenken,
um ihre Fans zufrieden zu stellen. Da heißt es z.B. :“ wir dachten verrückter
als die Hamburger Fans geht’s nicht, aber ich glaube, wir haben uns getäuscht“.
– Klingt jetzt wie einer der üblichen Standardsprüche. Aber wenn ich mir
dieses Irrenhaus so anschaue, dann glaub’ ich die Ansage sofort. -
90 Minuten dauert der Zauber, und Sänger Pierre stürzt sich in die
Massen, einmal vorne an der Barriere, dann per Seilwinde hinten am
Mischpult. – Der treibende Beat putscht die Fans immer mehr auf, und ich
mache mir langsam ernsthaft Gedanken,
um die stetig steigende Massenhysterie.
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Jau, selten habe ich soviel
Kraft innerhalb eines Konzerts erlebt wie hier. Und das ist in erster
Linie Simple Plan zu verdanken. Im Endeffekt bin ich mir nicht mal sicher,
wer sich da mehr verausgabt, die Band oder die Fans. Bei der Zugabe finde
ich dann doch einen Durchschlupf und rette mich durch den Backstage Ausgang
nach draußen, wo gerade zum fünften Mal die Ambulanz mit Blaulicht vorfährt.
– Bravo, das war ein wirklich guter Einstand von Simple Plan. Und wieder
kommt mir der Gedanke: hoffentlich gibt es sie im nächsten Jahr auch
noch.... (Anm. ist ja
heutzutage nicht mehr so sicher...)
http://www.simple-plan.de/
Von der Muffathalle geht’s in Windeseile zur Kultfabrik, die Gott sei Dank
nur eine S-Bahnstation entfernt liegt, um eventuell noch ein bisschen von
den Schwedenrockern Poodles zu erhaschen.......
(siehe
Review
314)
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