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München, 16.10.2009
Backstage Werk


Running Order

Sodala, da hamma sie jetzt… “Geschichten aus der Gruft” – Die Zweite. Nur sind unsere heutigen Trauerweiden lange nicht so greislig wie die von kürzlich (siehe Review 470   ) sowohl vom Ausschauen als auch vom akustischen Aspekt her. Und wieder wird uns ein flotter Vierer serviert, - düster- traurig und ganz nach dem Motto: heute beerdigen wir unseren Humor für Lust und Lebensfreude und frönen der gruseligen Atmosphäre in unserem Backstage Mausoleum (Werk). Auf geht’s zum schichtln der morschen Gebeine, und der Leichenschmaus beginnt kurz nach 19 Uhr mit der Vorspeise.


Und die trägt den bezeichnenden Namen Dope Stars Inc.

Ehrlich gestanden, muss ich erst mal minutenlang überlegen, ob es sich bei dem Frontvogel um ein männliches oder weibliches Nachtschattengewächs handelt. Das ist nämlich gar nicht so leicht eruierbar, zumindest auf den ersten Vampirblick. Ob das jetzt gewollt ist, oder einfach nur eine Laune der Natur, sei dahin gestellt. Aber fest steht, die Gruftis stammen aus Bella Italia und beweisen allein damit, dass es neben Exportschlager wie Adriano Cellentano  und Eros Ramazotti auch Angebote aus der Subkultur des Landes gibt. Dabei muss man Dope Stars Inc eines lassen, sie sind gar nicht mal so ohne, haben sie doch bereits musikalisch und stilgerecht zu drei Soundtracks der SAW Filme mitbeigesteuert. Immerhin dürfte das für so einiges klingeln in den Kassen geführt haben, na und vor allem wurde natürlich damit das individuelle Renommee’ wesentlich verbessert. Eigentlich sind Castus, Cerberus und Po.... oh sorry, ich meine natürlich tar, Synthesizers, Drum Machine; La Nuit: Guitar, Live Backing Vocals; Darin Yevonde: Bass, Live Backing Vocals.) ei(Victor Love: Producer, Vocals, Guin Trio. Aber da man live schlecht 3 Instrumente gleichzeitig bedienen kann, hat man sich noch einen zusätzlichen Schlagzeuger und Keyboarder an Bord geholt. (fragt mich aber bitte nicht nach deren Namen) Obwohl... bei diesen Fürsten der Dunkelheit muss man so ziemlich auf alles gefasst sein. Musikalisch ganz dem Genre angepasst, schlägt dann doch die Stimme etwas aus dem Rahmen, die nicht wie üblich im Bass/Bariton Bereich liegt, sondern eher tenor-, oder Sopran - mäßig.... wie auch immer... in gellende Grenzbereiche hörbarer Frequenzen reicht, und das bei deutlich überhöhtem Dezibellevel. Für die/den König(in) der Nacht und seinen Hofstaat bleibt denn auch nur karge 25 Minuten, um die Gläser springen zu lassen. Nur das gelingt ihnen nicht ganz, denn jene sind, wie immer bei solchen Events, aus kugelsicherem Plastik.

Ciao und Arrividerci  bello mia... und mehr über die italienischen Nachteulen gibts unter:
http://www.myspace.com/dopestarsinc



Aber jetzt beginnt das Fegefeuer erst richtig zu lodern. Denn der Kryptkeeper zaubert... nein, nicht Birthday Massacre, wie ursprünglich vorgesehen, aus seinem Sarkophag, sondern Lacrimas Profundere, die eindeutig vom bayerischen Heimvorteil profitieren.

(PS: wetten, dass die meisten Nichtlateiner den Namen immer noch falsch aussprechen?!).  Anyway, ich kann mich noch gut an einen Auftritt dieser Truppe erinnern, als deren Frontmann in hohem Bogen vom Altar gesegelt kam und direkt im Fotograben auf meiner rechten Schulter landete. Heiland Sakrament, damals habe ich buchstäblich die Fledermäuse flattern gesehen vor dem geistigen Auge. Aber die Gefahr für ein erneutes Fall Down Risiko ist inzwischen gebannt, denn das Aushängeschild hat sich in der Zwischenzeit um einiges verjüngt und hört nunmehr auf den Namen Rob Vitacca. Hmmmm?!  Um ehrlich zu sein, der Knabe mit seinem feschen Mützerl könnte genauso gut die Reinkarnation von Ville Valo von HIM sein, oder zumindest dessen jüngeres Bruderlein. Aber Finnland ist weit weg. Und unser Augapfel hier ist offensichtlich deutscher Herkunft. Zugegeben, er macht sich gut da oben in jeder Hinsicht. Das dunkle Timbre passt aufs Outfit, auf die Stimme und sogar beim Lidstrich wurde peinlichst genau auf einen dezenten Dunkelbraun Ton geachtet. Respekt, - Robby fügt sich perfekt in die Riege ein, die ihm übrigens in nichts nachstehen und auf ihren Jüngsten sorgsam achtet.  Auf 16 Jahre Lichtentzug und 8 schwarze Werke können Lacrimas Profundere in wechselnder Konstellation  inzwischen zurück blicken. Lediglich  Urheber Nikolas Schmid hat von Beginn weg die Stellung gehalten.

Alles in allem kommt die zweite Partie aus der „Twilight Zone“, hier sehr gut an. Und ihr erfrischender Espirit noire erfreut alle angeschwärzten Seelen der ca. 600 anwesenden Freunde exklusivster Zombikultur. 

Well done kann man das finstersten Gewissens nennen. Und die Geschichten aus der Gruft sind um ein Düster-Kapitel erweitert.
http://www.lacrimas.com/


Aller glorifizierten Dinge sind drei, - sagt man doch so schön, - und vor allem sind sie international. Nach dem (un)sonnigen Italien und unserer Heimat Germanien, hält nun die schwedische Gothic Kultur Einzug.

Wobei man betonen sollte, dass diese äußerst attraktiven Fürsten der Mitternachtsstunde ein sehr ausgeprägtes Selbstbewusstsein hervorkehren. Vielleicht rührt das aus dem Umstand heraus, dass die Deathstars fast schon als Dauer-Stammgäste in unseren Breiten zugegen weilen. Anscheinend gefällt es ihnen hierzulande ganz besonders gut, und sie scheinen sich demzufolge pudelwohl zu fühlen. Und es ist nicht nur ihre Musik, sondern auch die individuelle deathstar’sche  Fashion Linie, die so manche(n) Anhänger(in) gefunden hat, vor allem was die schmucke Kopfbedeckung betrifft. – Abgesehen davon dominiert nach wie vor die morbide Blässe, deren Steigerung nur noch die sogenannte Leichenstarre sein kann. Nun gut, letzteres ist höchstwahrscheinlich beabsichtigt, um dem Motto des Bandjargons und heutigen Abends gerecht zu werden. 

Vorzustellen brauche ich die schwedischen Sunnyboys mit Sicherheit nicht mehr. Acht Jahre und drei Alben später wird da oben ein weiterer schwarz-weißer Gottesdienst zelebriert, versehen mit vielen tiefen C’s und D’s von Andy Bergh alias Whiplasher usw usw.... und visuell unterstrichen durch die üppige Erscheinung von Jonas Kangur alias Skinny Disco. Jener 4 Saiten Akrobat unterstreicht die grazile Mannequin Figürlichkeit neben seiner musikalischen Tätigkeit noch mit einer Nebenbeschäftigung  als Stage Ventilator mit mindestens 3 Umdrehungen in der Sekunde. Respekt: der Kalorienverbrauch muss astronomisch sein. Kein Wunder, dass unser Bass-Zombie kein Fett ansetzt. Auf alle Fälle hätte Karl Lagerfeld mit Skinny und dessen, für die Pariser Modelwelt perfekten Maßen seine helle Freude. Aber es ist letztendlich dann Emil Nödtveidt alias Nightmare Industries, der Hahn im Korb bei allen weiblichen Schleiereulen ist. Kein Wunder, so sexy wie er posiert keiner sonst (siehe rechtes Pic).

Die Deathstars ziehen jedenfalls alle gruftigen Register ihrer gespenstischen Unterwelts-Performance und werden dafür mit sehr viel Gegenliebe seitens ihrer Anhängerschaft belohnt. Ihr Selbstbewusstsein ist heute Abend garantiert noch um 5 Grad höher auf der  persönlichen Depri-Skala von 1 – 666 gestiegen. Auch ich bin wieder einmal positiv eingenommen vom schwarzen Charme unserer Schwedenbömbles. Allerdings kann ich mich des sachten Eindrucks nicht erwehren, dass bei der musikalischen Performance doch ein wenig  dazu gezaubert wird aus der Konsereve.

Aber gut, das lassen wir jetzt mal dahingestellt. Hauptsache unsere Nachtpflanzen haben wieder ein paar Popularitätspunkte hinzu gewonnen. Und das haben sie mit tödlichster Sicherheit.....
http://www.deathstars.net/

Und last but not least kommen wir zum Schlusslicht des heutigen Abends, bei dem ich mir jetzt echt ernstlich Gedanken mache um mein musikalisches Allgemeinwissen. Denn lt. Infos gibt es die Band ‚Diary Of Dreams’ schon an die 20 Jahre.

Ich aber habe, ehrlich gestanden, noch nie etwas von ihnen gehört. Hmmmm? Ist da wirklich etwas an mir spurlos vorbei gegangen oder war ich bislang so ignorant? Ich weiß es nicht. Mein einziger Trost ist, dass man eben nicht allwissend sein kann. – Wie auch immer, für alles gibt’s ein erstes Mal, und dieser Auftritt von Diary Of Dreams ist halt für mich die Vampir-Taufe. Erwähnen sollte man auch noch, dass in allen anderen Ländern auf dieser Tour die Deathstars als Headliner fungieren. Lediglich in Deutschland hat man den Spieß umgedreht. Warum? Nun, vielleicht weil Diary Of Dreams als hiesige Band einen Heimvorteil genießen. – Und ich bin mir 100%ig sicher, dass unsere Traumtänzer hier mit 10 Studioalben, 1 Live CD und etliche Eps und Single- Veröffentlichungen in der Gothic Rock Szene einen etablierten Namen besitzen.
                                                    
Man kann das was sie da fabrizieren auch nicht unbedingt als Rock bezeichnen, sondern eher als eine Mischung aus Dark Wave und Electro Synthi Pop. Nun, soweit Ihr Euch was darunter vorstellen könnt. Was sofort auffällt, ist die Tatsache, dass diese Grufties hauptsächlich aus Sänger und Frontträumer Adrian Hates besteht. Der nimmt nämlich mit seiner voluminanten Erscheinung über die Hälfte der Bühne ein. Der Rest gehört einem Herrn mit dem kuriosen Namen Gaun:A.  Jener wiederum passt mit seiner klassischen Punkerfrisur nicht wirklich in das Puzzle, und man würde ihn eher in Dead Kennedys oder The Clash Kreisen suchen. Im Hintergrund lassen sich noch Keyboard und Schlagzeug erahnen. –


Ehrlich gestanden ist mir der Stoff von Diary of Dreams ein wenig zu monoton. Tonfolgen, die sich immer und immer wieder wiederholen ohne großartige Breaks. Na ja, zumindest stimmen die gespenstischen Beleuchtungsverhältnisse, um ein paar, dem Genre entsprechenden, Eindrücke einzufangen. 

Wie auch immer, ich gestehe ehrlich, nach ca. weiteren 30 Minuten samt meinem Foto-Urnenkoffer hinaus zu flattern aus dem Fledermaus-Vampir-Tempel, nicht aber ohne vorher noch festgestellt zu haben, dass die eigentlichen Stars des Abends schon vorher gespielt hatten – die Deathstars. Draculas Urenkel im Publikum zeigen nämlich zum Teil offensichtliches Desinteresse am hiesigen Headliner. –

Trotzdem, wer mehr von Diary Of Dreams erfahren will, der geht am besten auf: http://www.diaryofdreams.de/ 
Und ich schwebe jetzt endgültig meiner heimatlichen Gruft entgegen.