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Jetzt bin ich wieder einmal bei einer Band angelangt, hinter der ich seit etlichen Jahren voll und ganz stehe, auf Grund ihrer Qualitäten. Aber andererseits bringen sie mich auch über all diese Zeit stets fast zum heulen. Warum?
Ganz einfach, weil die Schweden genau zu jener Sorte von Bands gehört, die sich fast nonstop den Arsch abstrampeln, saugute Musik und eine extrem energiegeladene Liveshow liefern und einfach auf keinen wirklich grünen Zweig kommen, zumindest was Deutschland betrifft. In ihrer Heimat dagegen, sind sie inzwischen wesentlich angesagter und füllen dort Hallen mit durchschnittlich 1.000 Besuchern. – Nicht so bei uns, wo sich Hardcore Superstar immer noch mit Miniclubs und 200 bis maximal 300 Fans begnügen müssen. Aber Ungerechtigkeit im Musicbiz war schon immer an der Tagesordnung. Und wenn ich mir unsere tollen Hitlisten anschaue, und was da alles herumkreucht, dann könnte mir mehr als nur flau im Allerwertesten werden. – Nach dem Motto: es geht doch nichts über die richtige Promotion und Beziehungen.
Euch Rockfans brauche ich Gott sei Dank diese Band nicht mehr wirklich vorzustellen. 12 Jahre und 7 bislang veröffentlichte Alben liegen hinter Joakim „Jocke“ Berg und seinen Kameraden. Bislang bekanntester Song ist definitiv „(I Don’t Celebrate) Sundays“. Musikalisch bewegen sich Hardcore Superstar auf einer etwas härteren Gangart des sogenannten Glamrocks. Zusätzlich zur schmissigen Musik der Kapelle, ist es wahrscheinlich vor allem Jockes täglichen 20 km Läufen zu verdanken, dass die Show von so viel Drive und Energie strotzt. Jocke meinte im Interview vor der Show: ohne die tägliche, zusätzliche Fitness könne er diese physiche Verausgabung auf der Bühne heute mit 35 Jahren nicht mehr bringen.
Nun gut, ich sehe Hardcore Superstar heute mindestens das 5te Mal seit dem Einstand im Jahr 2001. Und jedes Mal freue ich mich wieder auf die fetzige Rock’n’Roll Show, die über all die Jahre nie auch nur einen Wink nachgelassen hat. – Einzige Veränderung zum letzte Mal ist ein neuer Gitarrist namens Vic Zino, der für den ausgeschiedenen Thomas Silver gekommen ist, und natürlich ein weiteres neues Baby names ‚Beg For It’, das im vergangenen Juni erschienen ist.
Unser 59:1 Club im Herzen von München zeigt sich rammelvoll, was im Klartext ca. 250 Fans heißt, wovon so einige ihre herrlichste Klobürstenfrisur samt 3 Dosen Haarspray zur Schau stellen.



Aber erst mal sind Avatar angesagt, die ebenfalls Schweden als ihr Heimatland bezeichnen.

Noch nicht ganz so geläufig im Jargon als die Kollegen von HSS, aber auch sie sind nicht zum ersten Mal auf Deutschland Tour. So mancher Metalfan kennt die Formation aus ihren diversen Supportslots von Bands wie Megadeth, Stone Sour, Obituary, Hardcore Superstar, Evergrey und nicht zuletzt den InFlames.
Stilistik bezeichnen Avatar ihren Stil mehr oder weniger als Melodic Death Metal und halten sich auch visuell dunkel-schattiert, ohne irgendeinen überflüssigen, bunten Schnick-Schnack.  Über allem sind aber Avatar doch noch eine relativ junge Band,  sowohl was das individuelle Alter der einzelnen Musiker angeht, als auch die Band selbst, die sich 2001 im Land der Elche zusammen röhrte. -  2 Alben,  1 EP und 2 Singles zieren die Diskographie, wobei die jüngste volle CD „Schlacht“ auch schon wieder 2 Jahre auf dem Buckel hat. Zu dieser Tour hier mit HSS hat man denn zumindest eine neue Single namens ‚The Great Pretender’ zusammen gezimmert. Und diese gibt’s vor Ort für magere 2 Euro zu kaufen. Das lässt sich sehen, und das Teil findet demzufolge auch reißenden Absatz.
Live on Stage nehmen Avatar ihren Death Metal tierisch ernst und Sänger Johannes Eckerström versucht mit beschwörendem Blick und dazugehöriger Gestik das Hardcore Superstar Publikum auch ein wenig für sich zu begeistern. Und siehe da, seine Masche zieht tatsächlich, und die Band erntet anerkennenden, wohlwollenden Applaus, wenngleich auch ein wenig verhalten. Gitarrist Jonas Jarlsby fällt schon allein durch seinen voluminösen Dreadlocks –Look auf, und im ersten Moment ist die Konzentration auf sein Gitarrenspiel durch diese Haarpracht leicht abgelenkt. Der Rest der Band sticht weniger aus dem Gefüge da oben. Aber alles in allem hinterlassen Avatar doch einen relativ guten Gesamteindruck. Mal schaun, wie weit sie es zukünftig noch bringen werden....?!

http://www.avatar.net/





Und.... here they are again um 22.30 Uhr, und wie es scheint, keinen Deut älter geworden.

Im Gegenteil, Vic Zino der neue Gitarrist bringt bei Hardcore Superstar noch einen Hauch mehr Jugend rein. Und kaum legen unsere schwedischen Glamrocker in altgewohnter Manier los, schießt einem augenblicklich der Gedanke, dass diese Bühne hier, eindeutig viel zu klein ist für die ständigen akrobatischen Einlagen von Frontmann Jocke. Nun, - die Kopfstände und Überschläge die er früher noch zusätzlich praktizierte, lässt er nunmehr lieber sein, da sie ihm irgendwann nur noch Verrenkungen und einen eingezwickten Ischiasnerv beschert hatten. (Hardcore Superstar anno 2001) Aber nichts desto trotz ist sein Bewegungsradius und die physische Power nach wie vor fast schon überirdisch bzw. Olympia-reif. Am beeindruckendsten dabei ist die Tatsache, dass Jocke gleichzeitig auch noch (live) seinen Kehlkopf überstrapaziert. Andere Künstler hingegen, speziell im Pop- und Funkbereich, gehen da lieber auf Nummer Sicher und bedienen sich der Playback Technik zu den diversen Tanzeinlagen. Nicht so unser Frontkaspar hier, der für so was nur ein verächtliches Kopfschütteln übrig hat. Vor allem legt die Band nur bei jeden zweiten oder dritten Song eine künstlerische Pause ein, in der ein Schluck Mineralwasser konsumiert wird und die nächste Ansage erfolgt. Ansonsten geht alles Schlag auf Schlag ohne Verschnaufpause, genauso wie es sich eben für diese Art von Musik gehört. Glamrock meets LA Garage Rock, was auch immer man sich darunter vorstellt. Im Grunde genommen ist aber einfach nur schneller, harter Rock’n’Roll mit einer klaren musikalischen Struktur und einem hohen Fun Aspekt. Und Gitarrist Vic Zino, der zwar nicht ganz so sleazerockig aussieht wie sein Vorgänger, hält spieltechnisch was uns versprochen wurde.

Ein Knaller jagt den anderen, ohne Punkt und Komma, und das 59:1 feiert eine einzige wilde Rock’n’Roll Party, die die ganze Nacht hätte dauern können.

Aber das wäre dann doch etwas zuviel des Guten gewesen, vor allem weil die Beginnzeiten in diesem Club ohnehin schon sträflich spät ausfallen. (Anm: übrigens weiß ich jetzt, dass dies weniger am Bestreben des Wirtes liegt, die Besucher zu erhöhtem Getränkekonsums zu ermuntern, sondern es resultiert aus der Tatsache, dass sich oben drüber eine RA Kanzlei befindet, deren Anwälte oft Überstunden machen. – Und unser Betreiber und Chef einer Münchner Konzertagentur legt sich zwar gern mal mit diversen Leuten an, aber mit Sicherheit nicht mit einem halben Dutzend Rechtsanwälten. – Fazit also: sperren wir den Laden halt später auf.) Und so endet im 59:1 Club im Prinzip kein Konzert vor Mitternacht. Meistens wird’s sogar noch später. Unser Feuerwerk heute Abend endet mit, wie sollte es anders sein: „(I Don’t Celebrate) Sundays’. Ohne diesen Song geht eine Hardcore Superstar Show nie über die Bretter.

Die Band weiß last but not least zudem wie man seinen Popularitätslevel noch etwas höher setzt, und ein paar T-Shirts und CDs mehr verkauft, und setzen sich anschließend noch für eine geschlagene Stunde an den Merchandise Stand um geduldigst Autogramme zu schreiben. 1 : 0 wieder für die Schweden, alles andere hätte mich auch gewundert. Bleibt nur zu hoffen, dass doch noch irgendwann mal der berühmte Knopf aufgeht in Sachen  Bekanntheitsgrad, größere Venues und noch etliche mehr Fans. Verdient hätten sie’ schon seit langem, es sollte nur noch nicht sein.
Auf alle Fälle kann man nichts falsch machen, wenn man sich für den Besuch eines Konzerts der Truppe entscheidet. Das Wort Entäuschung gibt’s nicht, und Jocke ist sicherlich schon seit langem reif für den Ironman auf Hawaii. – 2 Uhr morgens – und ich sage Gute Nacht und – come back soon.....

http://www.hardcoresuperstar.com/

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