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...und das mal etwas anders als gewöhnlich....
... das Ganze erinnert mich an die Aussage eines gewissen Herrn vor ca. 2 ½ Jahren, als dieser mir gegenüber meinte, dass er sich in ein paar Jahren nicht mehr im Lendenschurz über die Bühne wirbeln sähe. (hier zu finden - etwas runter scrolen bis zum Foto)  Nun, irgendwie hat sich sein Wunsch ja hiermit erfüllt, wenngleich auch nicht in der Bedeutung, auf die er damals anspielte. Aber jene lässt sich hoffentlich noch etwas Zeit, (Anm. Keine Angst, die kroatische Küstenlandschaft schwimmt schon nicht davon in den nächsten 5000 Jahren) - und zwischenzeitlich nehmen wir eben Vorlieb mit In Extremo in schicker 20er Jahre
Prêt-à-porter (Anm. Haute Couture wäre denn doch etwas zu hoch gegriffen) Und diesmal ist es kein mittelalterliches Fackelambiente, sondern vielmehr lädt die gemütliche Wohnzimmer Atmosphäre von Al Capone zum gediegen-akustischen Tete’ a Tete’ ein.
Nein, keine Angst, die musikalischen Extremitäten sind die selben geblieben. Nur sind diese, genauso wie deren Interpreten in einen fast schon exotischen Jargon gehüllt. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an, je krasser, desto interessanter. Den Anstoß zu dieser Idee, mittelalterliche Instrumentierung in die glory Twenties zu beamen, kam anscheinend von Marktsackpfeifer Flex dem Biegsamen, der im normalen Leben auf Marco Ernst-Felix Zorzytzky hört, und der in der Vergangenheit das goldene Jahrzehnt als Hauptthematik für den schönsten Tag in seinem Leben auserkoren hatte, - hab’ ich mir zumindest sagen lassen.

Aber sei’s drum. Ich finde die Idee recht amüsant, vor allem wahrscheinlich deshalb, weil es für viele Anhänger der glorreichen Sieben doch eher befremdlich wirkt und die allgemeine Frage im Raum schwebt: ‚ja was soll denn das jetzt? Und wo liegt der Sinn im vermischen von Mittelalter Thematik mit 20er Jahre Kultur? -  Nennen wir’s mal so: auf Walter von der Vogelweide hätte eine Schiebermütze und Knickerbocker wahrscheinlich so abstrakt gewirkt, wie die Drehleier auf Bonnie & Clyde, oder ein Hawaii Hemd  zur Zeit Kolumbus des Seefahrers, der immerhin die Neuzeit begründete. Aber genau darauf liegt offensichtlich der springende Punkt – je kontroverser, desto interessanter, also warum nicht. Ergo machen wir uns erst gar keine großen Gedanken, bezüglich des Warum und Wieso. Es ist einfach so, und ich muss sagen, die Choreographie hat was für sich, dieses spezielle Etwas, das nicht nur mit unergründlichem Sexappeal und verkappter Erotik zu tun hat.
Natürlich schmeckt die akustische Darbietung etwas prickelnder  als die herkömmliche Hau drauf Show und strahlt im Gegensatz zu jener, eine  verfeinerte Intimität aus. Dazu kommt das bestuhlte Ambiente in der Kongresshalle am alten Messegelände hier in München, das ausschließlich zum andächtigen Zuhören einlädt und nicht etwa zum üblichen abrocken. Für etliche Fans unter den 800 Verfechtern der In Extremo Muse hier, scheint diese Art der Unterhaltung allerdings etwas gewöhnungsbedürftig, und sie scheinen sich unschlüssig zu sein bzgl. ihres eigenen Urteils, und ob jenes nun positiv oder eher ablehnend ausfallen würde.   

Unseren sieben Rab... äh sorry, Spielleuten da oben  steht die Krawatte, die Hosenträger und der Gehrock jedenfalls gut zu Gesicht, genauso wie die extraterrestrische Darbietung von Hymnen wie ‚Merseburger’, das den Prolog darstellt, und ‚Spielmann’ und ‚Singpur’ um nur einige zu nennen. In der Tat erhalten diese altbekannten Stücke durch die befremdliche Vorgehensweise eine, fast schon neue Identität. Und von Fall zu Fall lassen sich sogar leichte Jazz- und Bluesanleihen heraus hören. 
Valentino a.k.a. Michael Rhein  - hingegossen aufs Kanapee  platziert, versprüht seine geistreichen Philosophien in den musischen Kurzpausen mit charmantem Charisma und hintergründigem Witz und scheint sich nach den ersten 10 Geboten selbst am meisten auf das eine oder andere Bierchen und die unvermeidbare Zigarette zu freuen.


'Das machen nur die Beine von Dolo.... nein, äh...Micha'



Diese Konzertreise steht nicht umsonst unter dem Motto  "Tranquilo – Entspann Dich", und jenes scheint sowohl on Stage als auch off Stage ungeschriebenes Gesetz zu sein. Der zweite Act kann beginnen. Und siehe da, die Pause wurde nicht nur für das Stillen männlicher Leidenschaften, wie vorhin erwähnt, genützt, sondern auch für einen Tausch in Sachen individueller Gewandung. Dabei bin ich mir jetzt nicht sicher, was mir besser gefällt, Ballonmütze und zierliche Bergsteigerstiefel, oder Gigolo Gel-Frisur und Barfuss - Zelebrierung.  Nun, mein persönlicher Geschmack spielt hier Gott sei Dank keine Rolle. Und im Grunde genommen kommt es ja bekanntlich vor allem auf die künstlerische Darbietung drauf an, die sich in neun weiteren Kapiteln fortsetzt. Diese, und überhaupt die ganze Party wird übrigens heute von Herrn Otto, und nicht Morgenstein, der z.Zt. etwas unter Unpässlichkeit leidet, am Paukenthron regiert. Herr Otto  macht seine Sache den Umständen entsprechend gut , was nicht zuletzt den diskreten Einsatzzeichen vom Cheffe im Vordergrund zu verdanken sind.

Wie auch immer, Hauptthematik von Akt 1 und Akt 2 sind die Alben ‚Sängerkrieg’ und ‚Mein Rasend ‚Herz’. Wobei das Titellied von zweit genanntem Werk, die Zugabe in Form einer Soloeinlage von Herrn Rhein und dessen Lieblingsgitarrist Sebastian Lange einleitet. Und der wiederum besitzt den unschuldigsten Augenaufschlag, den man sich nur vorstellen kann, so jedenfalls von meiner fotografischen Linse eingefangen. -

Aber dass In Extremo ein wenig von einem exotischen Chamäleon haben, unterstreichen sie spätestens jetzt mit einer äußerst kuriosen Version von AC/DCs - "It's A Long Way To The Top (If You Wanna Rock'n'Roll)", auch wenn hierbei noch nicht jede Textzeile 100%ig auswendig in den grauen Zellen sitzt, was Micha?! Aber don’t worry, wir werden schließlich alle nicht jünger, und gemerkt hat’s ohnehin kaum jemand. Also was soll’s. Und ich meine, wo kriegen wir schon mal einen AC/DC Klassiker mit Dudelsack serviert. Andererseits ist mit dem heutigen Abend mein Bedarf an Dudelsack Klängen wieder mehr als gedeckt worden für die nächste Zeit. Ja, schlagt mich bitte, aber ich konnt's noch nie wirklich leiden. Aber als Musikjournalistin muss man nun mal neutral sein. Und  ein Dudelsack ist schließlich auch nur ein Instrument und hat seine Daseins-Berechtigung. Abgesehen davon, soll er ja auch angeblich noch ziemlich schwierig zu bedienen sein... Also verdient jeder meinen Respekt, der sich von diesem Monstrum vernaschen lässt, so wie z.B. Yellow Pfeiffer. 
Und dazu wäre dann noch ein schmucker Schottenrock recht, damit man die Phantasie spielen lassen könnte.. - dann sag' ich ja noch nichts... :-))) Is' aber leider nicht.....
So, jetzt werden wir aber mal nicht ganz albern...

Herr Mannelig’ und die Aufforderung zu ‚Küss Mich’ beschließen das beschauliche Rendevouz mit einer Band, die hier gerade gezeigt hat wie wandelbar sie sein kann. Also schießt die Frage nach dem Warum und Wieso bzw. Mittelalter trifft goldene Zwanziger Jahre, ganz einfach in den Wind und genießt nachhaltig diesen kontrastreichen Eindruck zweier Stilbrüche, die in etwa soviel gemeinsam haben wie z.B. Raumschiff Enterprise und Aquire, der Zorn Gottes. Apropo, letzterer, bzw. dessen Darsteller war auch sehr wandelbar. Davon kann ich persönlich ein Lied singen. Aber das meine Freunde, - ist schon sehr lange  her und eine ganz andere Story......
http://www.inextremo.de/

zur Erinnerung - hier noch eine Psychoanalyse zu dieser Band