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...schon wieder! Nein ganz so stimmt das nicht, denn hier in München war er bis dato noch nicht zu Gast, seit er seinen zweiten Frühling erwachen hat lassen. Vielmehr war es im vergangenen Jahr das Augsburger Spectrum, das die Ehre hatte, den ehemaligen Frontmann der Babys und von Bad English bei sich  begrüßen zu dürfen (hier).  Und alle die damals dort vor Ort waren, zerflossen trotz mageren, akustischen Verhältnissen schier in Enthusiasmus dank der großartigen Vorstellung, die uns der Engländer dort geboten hatte. 
Tja, und lange hats ja nicht gedauert, bis er uns hier und heute im Rahmen einer kleinen Europa Tour wieder beehrt, und das sogar mit einem neuen Livealbum im Reisekoffer.
John Waite genießt zwei große Vorteile. Zum einen ist er nach wie vor ein hervorragender Sänger und Showman, und zum anderen besitzen viele seiner Songs so etwas wie einen Kultstatus. Ich denke da nur an ‚Every Time I Think Of You’ mit den Babys, oder  ‚Price Of Love’ mit Bad English, oder 'Missing You' oder das ach so beliebte ‚Mr.Wonderful’, das ein Solohit für ihn war. All diese Stücke haben sich über die Jahre hinweg zu Evergreens entwickelt, besitzen einen hohen Wiedererkennungswert und werden dank der Kommerzialität auch noch oft im Radio gespielt.
Wie schon in meiner letztjährigen Review erwähnt, war es lange Zeit sehr ruhig
gewesen um diesen Mann, bis er... ja bis er 2006 zusammen mit Country Superstar Alison Krauss eine Neuversion von ‚Missing You’ aufnahm und damit in die Billboard Top 40 ging. Und dieser Streich muss ihm wohl gezeigt haben, dass er es nochmal versuche die Solokarriere anzukurbeln. – Nun, auch einstige Erfolge bedeuten noch lange nicht, dass die Auferstehung jetzt eine leichte sein würde. Ist es auch nicht, und wie sagt man so schön? Vorerst müssen wieder ganz kleine Brötchen gebacken werden, bevor es vielleicht wieder schnackelt, wie wir in Bayern und Tirol hier sagen. – Im Prinzip hat sich auch seit letztem Sommer außer den Örtlichkeiten nicht viel verändert. Und die jetzigen Venues liegen in etwa in der gleichen Größenordnung wie die von 2009.
Neue Musik gibt’s noch keine. Man hat sich, wie gesagt, erst mal auf ein Livealbum beschränkt, das ja auch einfacher und schneller herzustellen ist als ein komplett neuer Studio-Longplayer. Außerdem wäre letzteres ein ziemliches Risiko, denn es stellt sich die Frage: wird John Waite dem damaligen hohen Standard an Songqualität heute noch gerecht? Ich meine, die Zeiten ändern sich schließlich, und jünger werden wir alle auch nicht. Selbst meint der gebürtige Engländer, der seinen very british – Akzent nie ablegen konnte, dass er sich erst wieder langsam heran tasten müsse. Aber im Spätfrühjahr soll zumindest schon mal eine brandneue EP mit 4 Songs erscheinen, quasi als Test, ob und wie es noch funkt. Vorerst aber gilt es, anhand von ausgiebiger Livearbeit, sowohl in  seiner Wahlheimat Amerika, als auch hier in Europa die Leute an damals zu erinnern, an die große Zeit mit den Babies und Bad English und natürlich an seine Solokarriere, die vor allem in der ersten Hälfte der Achtziger beheimatet war, und deren Erfolge er seit damals nicht wiederholen konnte. Heute ist John Waite fast 58 Jahre alt und drauf und dran sich noch einmal einen Schub zu verpassen, damit seine musikalische Leidenschaft nicht stirbt.
Und hier sind wir nun im Münchner Metroplis, dass in etwa 250 Gäste zählt, und warten drauf, ob oder was sich seit letztem Jahr, oder für viele – seit mehr als 20 Jahren - verändert hat, oder auch nicht.


Den Anfang machen Xing (Crossing) aus München, die endlich mal zusehen sollten, dass sie ihre Livearbeit etwas auf die Sprünge kriegen.

Denn ehrlich gestanden, seit ihrem Auftritt als Support von Nazareth anno 2007 habe ich von dieser Combo nichts mehr gehört. Und das meine Freunde merkt man auch ein wenig. Trotzdem muss ich sagen, dass mir Xing, im Vergleich zu damals, diesmal um einiges  besser zusagen. Keine Ahnung warum das so ist, aber eventuell liegt es einfach nur an der positiveren Ausstrahlung und Allgemein-Einstellung. Zugegeben, mir persönlich liegen die Melodien jetzt nicht so sehr, aber das ist eher eine individuelle Geschmackssache. Sehr gut hingegen gefällt mir diesmal Gitarrist Umberti Caretti, der hier tatsächlich zeigt, was er so alles drauf hat. Alle Achtung: wie mir schon kürzlich bei einem lokalen Kollegen dieser Zunft aufgefallen ist, - es gibt ja doch noch wirklich gute Musiker in München und Umgebung. Ups, sorry, nichts gegen den Rest der Gang oder deren individuellen Talente.

Aber es ist meistens diese gewisse kleine Etwas, dass meine Aufmerksamkeit auf Alarmstufe Rot setzt. -  Nennt es jahrelange Übung in Sachen Konzert Reviews oder was auch immer, aber Fakt ist, würde diese Band ihre Live-Aktivitäten etwas intensiver ausdehnen (ich weiß das ist nicht so einfach) dann könnten sie noch so einiges ans Drive und Selbstsicherheit raus holen. Nun, es ist noch nicht aller Tage Abend, wie man so schön sagt, und Chancen existieren. Man muss sie nur finden – oder auch nicht!
http://www.myspace.com/xingiscrossing


 
Doch, es hat sich noch etwas seit letztem Juni verändert bei John Waite.

Zum einen ist es der Umstand, dass in seiner Begleitband nur noch ein Gitarrist fidelt, nämlich Luis Maldonado  und zum anderen trägt er seine Haare wieder länger. Nun, letzteres dürfte jetzt nicht wirklich ausschlaggebend sein für den heutigen Einstand, aber es steht ihm eindeutig besser und lässt Johns Erscheinung wesentlich jünger wirken.  Der Rest der Truppe ist der selbe geblieben, Tim Hogan am Bass und Billy Wilkes hinterm Schlagzeug. Und das Gleiche kann man auch von der Setliste sagen, wenngleich die Karten auch etwas anders gemischt sind. Aber die Trümpfe fehlen selbstredend nicht. Denn jeder hier im Publikum will ‚Price Of Love’ und ‚When I See You Smile’ von Bad English oder ‚Back On My Feet’ und ‘Midnight Rendevouz’ von den Babys hören, um nur einige Juwelen zu nennen. Und jawohl, ohne den Solo-Track ‚Mr.Wonderful’ wäre ein John Waite Konzert – schon mal gar kein John Waite Konzert. Wie schon beim letzten Mal, gehört auch diesmal das Keyboard der Vergangenheit an. Aber Luis, der trotz seiner jungen Jahre, übrigens ein grandioser Saitentüftler ist, meistert dieses Manko mit Bravur, und niemanden, aber auch wirklich niemanden geht ein Synthi oder eben Keyboard tatsächlich ab. –

Übrigens Jimi Hendrix wird auch diesmal honoriert mit ‚All Along The Watchtower’, ums nicht außen vor zu lassen.

Die  akustischen Verhältnisse, wenngleich nicht wirklich genial, - sind, verglichen mit denen von Augsburg damals, heilig. Und so kommt John Waites Stimme, die immer noch astrein ist, gleich doppelt und dreifach so gut rüber. Es ist erst der zweite Gig nach Wien auf diesem Europa-Besuch, und der Jetlag ist noch immer nicht ganz überwunden. So scheint’s jedenfalls anhand zwei oder drei kleinen Patzern von unserem Rotkehlchen und dem vergessen einer Textzeile. Allerdings wird dies nur von den wenigsten wirklich wahr genommen. Also was soll’s. Ich sage immer: wenn ansonsten alles stimmt, dann ist mir das beim heiligen Klabautermann noch bei weitem lieber, als ein steriles, fehlerloses Vater Unser, das vor lauter Überperfektionismus Gefahr läuft eher wie eine Schlafpille zu wirken.


Im Grunde genommen bleibe ich bei meinem allgemeinen Grundsatz, den ich auch immer wieder gern wiederhole: egal wer da oben steht und was er wie spielt und singt – Ein Konzert ist immer dann gelungen, wenn einem die Füße vom Stehen nicht weh tun und man keine Sekunde lang auf die Uhr schaut. – Und das meine Herrschaften, ist in unserem Fall definitiv, wie schon beim ersten Mal im vergangenen Sommer, wieder der Fall. 
John Waite hat uns beste Unterhaltung geboten samt einem hohen Nostalgie Faktor. Und Mr. Wonderful ist lebendiger als je zuvor. Jetzt bleibt nur noch abzuwarten inwieweit sich der zweite Frühling weiter entwickelt. Abgesehen davon hat Led Zeppelin wie immer bei einem John Waite Konzert, das letzte Wort mit ‚Rock’n’Roll’. – Und jawohl - das is’ es – was es war,  - simpel und ergreifend guter Rock’n’Roll.

http://www.myspace.com/johnwaite

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