Es war einmal. Und es war einmal so schön als drei Brüder aus dem nordirischen Derrylin ihre Passion für lokale Folklore Musik dazu verwendeten, eine Rockband zu gründen, die sie passender Weise ‚Mama’s Boys’ tauften. Aber im Gegensatz zu ihren Vorbildern Horslips, die den irischen Folk mit Rockrhythmen vermischten, entschieden sich die Brüder Pat (‚The Professor’), John und Tommy Mc Manus für eine harte Heavy Metal Variante. Und an den irischen Folk erinnerte von da an nur noch die gelegentlichen Geigen-Einlagen von Pat – live on Stage. Ab 1985 kamen noch weitere Musiker dazu am Gesang, Keyboard und Schlagzeug. Mama’s Boys veröffentlichten insgesamt sieben Alben inkl. einer Livescheibe. Und als ihren größten Hit konnten sie den Ohrwurm ‚Needle In The Groove’ verbuchen.

Mama's Boys 1982 - "Needle In The Groove"

Ich selbst erinnere mich an mein erstes Konzert dieser Band aus dem Jahr 1985, als sie Gary Moore auf dessen Europa Reise begleiteten. Später während meiner Jahre in London hatte ich das Vergnügen diese Gruppe, die zu jener Zeit in der britischen Hauptstadt situiert waren, noch einige Mal live zu erleben und mich verband auch eine private Freundschaft mit den Dreien, besonders mit Tommy, dem Jüngsten. – Leider, und wie es so oft passiert, distanzieren sich Bekanntschaften, wenn man sich durch räumliche Veränderungen nur noch noch sporadisch sieht. So war es auch in diesem Fall, bis.... ja bis ich im November 1994 diesen Anruf aus England erhielt.- Tommy war tot. Ganze 18 Jahre hatte er gegen die Leukämie gekämpft, wurde mehrmals als geheilt erklärt. Aber die Krankheit war immer wieder zurück gekehrt, bis er zuletzt, nicht einmal 30 Jahre alt, den Kampf verloren hatte. – Und mit dem Ableben des jüngsten McManus Bruder starb auch die Band – Mama’s Boys. – Jahre der Depression folgten. Und musikalisch wurde es ebenfalls still um John und Pat, wenngleich sie auch nie untätig gewesen - und in etliche verschiedene Projekte eingebunden waren.
Aber wie sagt man so schön?: Life goes on, und die Erde dreht sich weiter.


Und heute sind wir hier in der Münchner Garage und freuen uns auf Pat McManus, den Professor, der seit einigen Jahren mit seiner eigenen Truppe, der Pat McManus Band unterwegs ist. – 

Meine Skepsis, er würde mich nach 17 Jahren nicht mehr kennen, erweist sich schnell als unbegründet. Und innerhalb eines Augenblicks ist alles wieder da in der Erinnerung, so als ob es gerade erst gestern gewesen wäre. – Und das ist das Schöne am Musik Business. Denn darin trifft man sich immer ein zweites Mal, auch wenn es, wie in unserem Fall hier, etliche Jahre gedauert hat. Hoch lebe die Nostalgie und das Dejavu an glückliche Tage – mit Mama’s Boys und vor allem mit Tommy. - 
Aber Pat hat definitiv abgeschlossen mit diesem Kapitel. Und die Musik, die er heute produziert, hat nicht mehr viel gemein mit dem Heavy Metal von damals. Heute bevorzugt er den gediegenen Bluesrock (Anm: obowohl, so gediegen ist der gar nicht) – gezuckert mit etwas irischer Folklore, ganz nach dem Motto: back to the Roots.

Mit seinen runden 50 Jahren wirkt der Professor immer noch wie Anfang 30 + und strahlt nach wie vor diese Ruhe und Gelassenheit aus, die ihm so zu eigen ist. Allerdings gilt das nur für abseits der Bühne. Denn oben am Thron entfaltet Pat seine gesamten, gebündelten Talente und schießt diese wie Lava aus einem Vulkankrater aus sich heraus und auf seine Zuhörer. -  An seiner Seite sind Drummer Paul Falcon und Bassist Gordon Sheridan, der niemals ohne Mütze auftritt. Beide stammen ebenfalls aus Nordirland und wohnen sogar in der unmittelbaren Nachbarschaft von Pat, der nach vielen Jahren in England, irgendwann wieder nach Hause gezogen war. Und da Pats Ehefrau Sally Managerin, Merchandise Lady und Kindermädchen in einem ist, kann man diese Institution gut und gerne als Family Business bezeichnen.

Es gibt nur einen kleinen Haken an der ganzen Sache. Und das ist der Umstand, dass sich der Großteil der Leute heute, nicht mehr an eine Band namens Mama’s Boys erinnert, bzw. sogar nie etwas von dieser Formation gehört hat. Und deshalb musste sowohl Pat als auch John (der im Moment in Fast Eddy Clarke’s Band spielt) im Prinzip wieder ganz von vorne anfangen was die internationale Popularität betrifft.
Leider hat das aber auch zur Folge, dass nur wenige Freunde des Rock’n’Roll Kulturguts heute hier her gekommen sind. Aber wie heißt es so oft? Professionalität zeichnet sich dadurch aus, dass der Umstand eines spärlichen Publikums keine Abbruch tut in der Performance. Pat und seine Band spielen den Teufel an die Wand, wobei der Fokus natürlich auf Pat liegt, der nicht nur ein Wahnsinnsgitarrist ist (Anm.: ich dachte eigentlich, nach Eric Sardinas gibt’s so schnell keine Steigerung mehr, aber da hab ich mich wohl getäuscht – kein Schmarrn) – sondern übernimmt auch den Gesang und natürlich darf die Fidel nicht fehlen. 

Letztere kommt allerdings nur zwei Mal im Verlauf des Sets zum Einsatz. Bassist Gordon Sheridan hält mit seinem Hau drauf Bass dagegen und unterstreicht die vier Saiten noch mit seinen ulkigen Verrenkungen inklusive der Mütze, die, wie gesagt, nie fehlen darf. Er ist es auch, der das allgemeine Bühnenbild etwas ausgleicht und dem Hauptaugenmerk Pat etwas den Wind aus den Segeln nimmt. Musikalisch liegt der Schwerpunkt auf den McManus Solowerken, die sich vom tragenden Blues Rock bis hin zum -  fast Heavy Metal Blues ziehen. Aber auch die eine oder andere Ballade, alleine vorgetragen, darf nicht fehlen. 

Der rote Faden, der sich durch die Gesamtvorstellung zieht ist sehr hervorragend gespannt Das fängt bei dem tiefsinnigen ‚Back In The Saddle’ an, zieht sich über den E-Mail Blues bis hin zu ‚The Professor’. Eine Hommage an Rory Gallagher, der, wie er selbst meint, sein größter Mentor sei, darf nicht fehlen. Und ganz zum Schluss gibt’s dann doch noch etwas Mama’s Boys in Form von.. ja was wohl? – ‚Needle In The Groove’. Und sofort sind sie wieder da jene Erinnerungen an eine goldene Ära.

Wie auch immer, und deshalb auch 3x rot unterstrichen, sei letztendlich vermerkt, dass dieses Konzert hier, allererste Sahne war. Und wieder einmal drängt sich mir der ungute Eindruck auf, den ich so oft gewinne in letzter Zeit, dass, je besser der jeweilige Musiker ist, desto weniger Zuschauer finden sich ein. Nichtsdestotrotz habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass ein Pat McManus eines Tages wieder entdeckt wird, um sich dann eines umso größeren Zuspruchs zu erfreuen. Er hätte es so sehr verdient, dass es fast schon weh tut. Im Frühjahr kommt er auch schon wieder, und dann mit einem weiteren neuen Album im Gepäck, das Anfang 2011 erscheinen wird. Im Süden hier tritt er übrigens am 20.03.2011 im Village in Habach auf. Weitere Termine folgen in Kürze. Ich kann Euch diesen Musiker nur wärmstens ans Herz legen, und Ihr werdet den Besuch eines seiner Konzerte mit Sicherheit nicht bereuen.
http://www.patmcmanus.co.uk/

PS: Gewidmet ist diese Live Review aber Tommy, der in meiner (und nicht nur in meiner...) Erinnerung weiter leben wird.   

Im Diary sind einige Off Stage Schnappschüsse zu finden