Alle Jahre wieder kommt das Christuskind, oder der Osterhase oder eben Saxon neben etlichen anderen Liveacts. War es früher mal so, dass ein Künstler nur anrollte, wenn er ein neues Produkt im Kartoffelsack mit sich brachte, so wird heutzutage getourt was der Rock’n’Roll Pantoffel aushält. Denn mit der Talfahrt  der Produktverkäufe dank unserem, nicht mehr weg zudenkenden www, muss man zusehen, wie man anderweitig noch ein paar Kröten dazu verdient. – So zumindest sehen die derzeitigen Tatsachen aus.
Aber es kommt natürlich durchaus vor, dass eine Band tatsächlich eine neue Scheibe zu promoten hat, wie in unserem Fall eben jetzt Saxon. ‚Call To Arms’ nennt sich der brandaktuelle, und weitere Meilenstein in der Historie dieser, ehemals NWOBHM Vorreiter. – Dabei muss man offen gestehen, dass Saxon bereits zu jenen Methusalems gehören, die es eigentlich gar nicht mehr nötig hätten, noch weitere Alben zu veröffentlichen. Wozu denn? Bei Live-Konzerten will doch ohnehin jeder nur ‚Denim And Leather’, ‚The Eagle Has Landed’ und ‚Crusader’ etc. hören. – Andererseits will man auch nicht unbedingt musikalisch stehen bleiben und hofft mit weiteren Kaiserschnitt-Geburten auch ein junges Publikum zu ziehen.
Tun sie auch zum Teil. Wenn man sich das Publikum hier im Münchner Backstage Werk ansieht, dann stellt man sehr schnell fest, dass mindestens die Hälfte der ca. 1.000 Schäflein die 30 noch nicht überschritten hat. Und das ist auch gut so, denn das ist die Hoffnung auf das Überleben von eben genannten Stücken, - na ja, zumindest für ein paar Jährchen länger. – Saxon besitzen zudem in Metalkreisen einen gewissen Kultstatus, der durchaus dienlich ist, das verdiente Renten Dasein noch um einige Zeit hinaus zu zögern.. – Auf alle Fälle sind die Brüder entgegen ihrer, großteils 55+, - immer noch fit wie ein Wüstenfloh beim Steptanz. Und trotz mancher geeichten Furchen auf der hohen Stirn, wirken Biffy und Co noch Jungbrunnen-verwöhnt und aufgekratzt wie Spiderman bei der Morgengymnastik. Man hat schließlich ein gewisses Image zu vertreten und vor allem zu halten. – Keine Sorge, Rock’n’Roll hält bekanntlich jung, also auf geht’s zum erneuten Rundum Ritterschlag mit allen Konsequenzen.



Vorher glühen Vandenbyst aus den Niederlanden die Bude schon mal etwas vor.

Im Jahr 2008 formierte Willem Verbuyst (ex-Powervice) die Band zusammen mit Barry Van Esbroek on drums and Jochem Jonkman am Bass und Gesangsmikro. Ein Album gibt’s schon, das zweite ist gerade in der Mache. Und die Holländer lassen keine Möglichkeit aus, derzeit auf jedem großen Open Air Festival zu spielen, wo’s nur geht. Denn nichts kurbelt den Bekanntheitsgrad mehr an, als ein solches, oder eben so wie hier, der Opener Slot für Saxon.
Die Lichtverhältnisse sind wie so oft bei Supportacts, eine schlichte Katastrophe. Und außerdem bewegen sich die Drei da oben so rasant schnell, dass man kaum noch folgen kann mit der fotografischen Linse. Aber egal, vor lauter Haaren, sieht man ohnehin nicht viel von den Gestalten, die sich darunter verbergen. – Ihre Gangart konzentriert sich auf 80er Jahre Hardrock, wobei mit Vandenbyst ein wenig entfernt an die Australier von Airborne erinnern, zumindest was den visuellen Aspekt betrifft. Und ich scheine mit dieser Ansicht beileibe nicht allein dazustehen, wie mir später Sänger Jochem erzählt. –



Auf alle Fälle macht das Trio hier einen hervorragenden ersten Eindruck, und nicht nur ich, bin angenehm überrascht von so viel Energie und Enthusiasmus und Spielfreude. Ich hoffe, dass man von Vandenbyst in nicht allzu weiter Zukunft noch öfter hören wird. Merkt Euch auf alle Fälle schon mal den Namen. http://vanderbuyst.com/



Als nächstes sind Crimes Of Passion dran aus Sheffield, England. 

Und das ist ja bekanntlich auch die ursprüngliche Heimat von Saxon. Nennt es also kleiner Freundschaftsdienst des Headliners, diese, ebenfalls noch jungen Hardrocker mit auf Tour zu nehmen. Ich habe, ehrlich gestanden, keinen blassen Schimmer, in wie weit die Truppe  bei uns schon bekannt ist. Tatsache ist aber, dass sie bereits etliche andere Musiker auf deren Tourneen supportet haben. Es gibt ein band-betiteltes Debütalbum und eine brandneue EP, auf der u.a. ein Cover von Dios ‚Holy Diver’ enthalten ist. Letzteres bekommen wir hier und heute auch live präsentiert.
Was soll ich groß hinzu fügen. Crimes Of Passion stehen für klassischen Hardrock mit einem Touch Glam, wobei das wohl mehr auf die Optik zurück zu führen ist. – 



Auch die Nummer 2 heute Abend bekommt ihre, durchaus berechtigte Aufmerksamkeit, wenngleich mir für meinen Teil die Holländer zuerst noch besser gefallen haben, sowohl stilistisch als auch von der Performance her. Aber nichts desto trotz, bieten auch Crimes Of Passion durchaus hörenswerten Hardrock, nur eben nicht ganz so  frisch wie die Vorgänger sondern eher altherkömmlich. Andererseits, wenn man nicht den direkten Vergleich gehabt hätte, wer weiß, ob man’s dann nicht etwas anders empfunden hätte. Aber ich bin mir auch bei dieser Band sicher, dass wir in Zukunft noch einiges hören werden. http://www.myspace.com/crimesofpassionrock

Okidok, und da simma zum 325sten Mal live on Stage in alter Frische und Formel 1 Elan. 

Na ja, lassen wir mal die 3 vor den 25 Mal weg. Wir wollen ja nicht übertreiben. Und ehrlich gestanden habe ich nicht mitgezählt, wie oft ich die Oldtimer jetzt schon da oben rum turnen habe sehen. – Aber gut, solange die Qualität der Ware stimmt, nimmt man sie immer wieder gern an. Und wie heißt so schön ein altes deutsches Sprichwort: bei den Alten ist man immer noch besten aufbehalten, - sofern sie nicht unter Gicht und Altersdemenz leiden. Leider gibt es ja nur allzu viele Oldie Partien, die entweder aus Prestige Gründen oder auch aus finanzieller Hinsicht immer wieder angehumpelt kommen, und die nur noch eine Karikatur ihrer selbst sind. Aber gut, ich rede hier eher bei Vertretern der Sixties Revolte, wobei es auch da sicherlich Ausnahmen gibt. 

Saxon hingegen gehören eher zur Mid Siebziger Generation und haben schon so manchen Hinkelstein bewältigt im Verlaufe ihrer, immerhin, inzwischen 36jährigen Karriere. Dies beinhaltet etliche Ups and Downs und die üblichen Line up Changes. Ich meine, nicht jeder schafft es seit 40 Jahren im selben Outfit zu glänzen, wie z.B. die Rolling Stones. Aber bei Saxon steht das derzeitige Bandgerüst jetzt auch schon seit immerhin 16 Lenzen im selben Upgrade. Und auch das.. betrifft lediglich Gitarrist Doug Scarrath. Der Rest krabbelt schon um ein vielfaches länger rum im Getriebe. Nicht zu reden von Biff Byford und Paul Quinn, die sich ohnehin Orignale nennen dürfen.

Saxon sind alte Hasen im Showgeschäft, die genau wissen wie das Karnickel seine Haken schlägt. Und sie nutzen das voll für sich aus. Die Setliste ist ein perfekt gemischter Poker aus alt und neu, und zwar in einer Art und Weise, dass es zu keinem Zeitpunkt langweilig wird. 


Man distanziert sich von Solis in Überlängen und setzt eher auf kooperative Gemeinschaftsarbeit, aber sorgt trotzdem dafür, dass jeder Musiker dezent aus der Masse hervor gehoben wird. Strategisch sind logischerweise die größten Gassenhauer im letzten Abschnitt der Show zu finden. Die Fans bedanken sich auf ihre Weise mit frenetischem Applaus. Und ich für meinen Teil stelle wieder einmal fest, um wie vieles besser eine solche Band in einem Club rüber kommt, als wie auf einem großen Open Air Festival. Andererseits gibt es hier halt lediglich einige 10.000 Zeitzeugen weniger im Palast. Hat also alles seine Vor- und Nachteile.

Letztes Fazit: scheeen war’s wie meistens . Der Adrenalin Cocktail hat wieder mal seine Wirkung gezeigt, und der Garantieschein seine Gültigkeit verlängert zumindest bis zum nächsten Mal...
http://www.saxon747.com/

Offstage Schnappschüsse - im Diary