Das Bildnis des Dorian Grey könnte nicht gelungener sein. Ihr wisst schon, das war dieser Spukheini aus einem längst vergangenen Jahrhundert, der zwar uralt war, aber umso jünger ausgeschaut hat. – Na ja, so uralt ist Michael Schenker mit seinen 57 auch wieder nicht, aber eine Zeitlang hat er wirklich danach ausgeschaut, wenn nicht sogar noch betagter. Aber nunmehr ist er das beste Beispiel für das was passieren kann, wenn man sich einen vermutlich gesünderen Lebensstil zulegt, mindestens 20 kg abnimmt und seine innere Einstellung verändert. Und der seltsame Fall des Benjamin Bratt  wiederholt  sich – na ja fast, und zumindest bis zu einem gewissen Grad. Aber es steht ihm wirklich gut, muss ich hinzufügen, so habe ich diesen Herrn in der Vergangenheit doch schon mehrmals getroffen und auch interviewt und hab’ somit die besten Vergleiche vor Augen. Nennt es Jungbrunnen oder auch dritter Frühling – whatsoever. Es kann auf alle Fälle nur Vorteile haben in jeder Beziehung. Und last but not least – das Gitarre spielen das verlernt man ohnehin nicht, vor allem wenn man diese so hervorragend beherrscht wie  – eben Michael Schenker.
Er selbst gibt zu bedenken, nur noch im hier und jetzt zu leben, weder großartig zurück zu schauen noch allzu viel für die Zukunft zu  planen und das Leben so wie es kommt in vollen Zügen zu genießen. Andererseits feiert er mit der momentanen Tour denn doch sowohl einen kleinen Rückblick auf sein bisheriges Schaffen, als auch die Promo für sein aktuelles, neues Album ‚Temple Of Rock’. Und bekanntlich begleiten ihn für diese Konzertreise einige illustre Gastmusiker, wobei sich die Leadvocals, je nach Erdteil die Klinke in die Hand geben. So war dies in jüngster Vergangenheit in den USA Schenkers alter Weggefährte Robin McAuley. In Japan schwang das Gesangsmikro Michael Voss, der aber für die verbliebenen Europa Tour-Termine nicht mehr zur Verfügung stand wegen Verpflichtungen in Sachen Mad Max. Also hat man sich für die momentan stattfindenden Konzerte Doogie White geschnappt. Und zu diesem Herrn muss ich ja auch nicht mehr so viel hinzufügen. Abgesehen davon führt das Regiment am Schlagzeug Herman Rarebell und am Bass befindet sich Francis Buchholz, beides – eh schon wissen – ehemalige Scorpions Mitstreiter. Und last but not least wäre da noch Wayne Findlay am Keyboard und 2ter Gitarre.
Also wie schon gesagt, dürfte  MSG 2012 ein Cocktail on the rocks mit einigen altbewährten Gewürzen, nach klassischen Rezept gemischt und einer Prise frischer Sahne verfeinert, sein. Mal schaun, ob er auch so exquisit schmeckt.
Auf alle Fälle handelt es sich hierbei um einen Stop-Over, der ausnahmsweise mal nicht in München landet, was heutzutage eher die Ausnahme ist. Aber da Augsburg nicht aus der Welt, -und gerade mal in 45 Autominuten erreichbar ist, sollte dieser Umstand kein Problem darstellen. Und wir statten dem Spectrum Tempel einen, ohnehin eher seltenen Besuch ab.  Amüsant ist übrigens jedes Mal die Feststellung wie unterschiedlich doch das Kleinstadt (und auch Provinz) Hardrock Publikum ist, verglichen mit den Großstädtern. Hier gibt es sie noch, die raren Exemplare der Kuttenträger mit den langen Zotteln, die während eines Konzertes stoisch aber vehement Kopfgymnastik betreiben und mich so sehr an die glorreichen Achtziger Jahre erinnern. Bei uns in München muss man diese Spezies fast schon mit der Lupe oder wie die berühmte Nadel im Heuschober suchen. Aber kaum ist man raus aus der Stadt stellt man umgehend fest: es gibt sie ja doch noch irgendwo da draußen... Und noch dazu erweist sich der Laden hier als sehr gut gefüllt , wenn nicht sogar ausverkauft. Letzteres entzieht sich meiner genauen Kenntnis. Aber viel voller hätte es nicht sein dürfen, um das Event gerade noch erträglich genießen zu können.

Die Vorhut kommt von Fury UK.

– Halt Stop – die kenn’ ich doch! Genau, die waren eben erst im Oktober bei uns hier, und sogar in München im Backstage als Support von Iced Earth. Und an was ich mich noch standepede erinnern kann, ist das Tier im Mann am Schlagzeug. Fury Uk besteht auch Chris Appleton an Leadvocals und Gitarre, Luke Appleton am Bass und Martin McNee am Schlagzeug. Fazit dieser englischen Hardrock Band aus Manchester sind 10 Jahre Existenz, sowie drei Alben und eine EP.
Leider lässt man das Trio in, fast kompletter Dunkelheit spielen, dafür aber umso lauter tönen. Sie stehen für soliden Durchschnitts-Heavy Rock, der zwar nicht schlecht ist, aber nach dem Motto: schon 1000 mal vorher gehört, wirkt. Bei Chris Appleton bin ich mir nicht sicher, ob jener besser singen oder Gitarre spielen kann. Aber Drummer Martin legt so einen kraftvollen Paukenschlag hin und das fast schon in Schallgeschwindigkeit, dass dieses alles andere leider etwas im Nirvana untergehen lässt.

Schade, denn eigentlich sind Fury UK gar nicht so übel. Aber dank des Umstandes, dass das Schlagzeug die tragende Rolle übernimmt, wie gerade schon erwähnt, wirkt der Rest der Combo wie zwei hingestellte Marionetten, die man zwar visuell gerade noch so eben wahr nimmt, aber akustisch nur erahnen kann, bis vielleicht auf das eine oder andere Gitarrensolo. Etwas mehr Zurückhaltung seitens des Mannes im Mo.. äh in der Mitte, würde demnach nicht schaden. Und das Ganze hätte sofort eine ganz andere und viel positivere Wirkung. Aber gut, vielleicht kommen sie ja irgendwann auch noch selbst mal auf diese Idee. Eine Erfahrung, in meinem Fall sind es sogar schon zwei, sind Fury UK auf alle Fälle wert, auch wenn dies hier in Augsburg offensichtlich nur halbherzig honoriert wird. http://www.furyuk.com/
Der Fokus ist nun mal unterschiedlich gepolt klar doch. Aber andererseits sind Supportbands ja dafür da, die allgemeine Stimmung etwas anzutörnen. – Nun, wie auch immer... warm geworden ist es hier drinnen in der Zwischenzeit allemal, auch wenn das eher der etwas mangelhaften Belüftung zuzuschreiben ist.

Und there we are again, allen voran Sir Michael mit seiner Alt-Herren Riege, die zwar tatsächlich zum überreifen Jahrgang zählt, aber deshalb noch lange nicht zur Gattung Kompostis gehören.


Wie sagt man so schön: je älter der Cote’ de Rhone, desto delikater streichelt er unsere Geschmacksnerven. Und letztendlich rührt der edle Tropfen bekanntlich von ganz speziellen Tafeltrauben her, die sich zur damaligen Epoche  bereits Scorpions nannten. Somit sind die Referenzen aller teilnehmenden Partizipanten mehr als nur ausreichend. Vorgestellt hab’ ich die Herrschaften ja schon im Eingangs-Prolog, und somit nimmt die musikalische Zeitreise ihren Lauf, die dabei munter von der Vergangenheit in die Gegenwart und wieder retour hüpft, bzw. von den Scorpions, über UFO zu Schenker Solo bis zurück wieder zur alten Garde. 


Before The Devil Know's You're Dead


Lights Out


Was natürlich wieder mal typisch ist für eine Band, wo der Hauptakteur bzw. Star nicht gleichzeitig der Frontmann ist, ist die Tatsache, dass letztgenannter irgendwie zwischen Tür und Angel schwebt, zwar einerseits Sänger und mittig situiert, aber dann doch immer wieder in die Schranken gewiesen, dank der übermächtigen Präsenz eines Gitarristen, dessen Namen das komplette Flagschiff ziert. So etwas hat es in der Vergangenheit ja schon des öfteren gegeben. Ich sage da nur – Yngwie Malmsteen, wo sogar ein Joe Lynn Turner deutlich zurück gepfiffen wurde bei der Liveshow. Und so ähnlich verhält es sich hier auch, wenngleich Schenker mit Sicherheit nicht so ein Ego Problem besitzt wie ein Herr Malmsteen. Außerdem gibt es einige Songs, wo mir die Stimme von Doogie White nicht so 100prozentig gefällt, auch wenn dieser  ohne Frage ein sehr talentierter Sangesvogel ist. Aber genauso wie dem einen ein bestimmtes Kleidungsstück besser steht als dem anderen, so ist das auch in der Musik, wo bei der Arie die eine Stimmlage besser dazu passt, als das Organ eines anderen Fidellios. Ich habe jetzt leider keinen Vergleich was Michael Voss betrifft oder gar Robin McAuley. Ich kann lediglich ein Gefühl aus dem Bauch heraus beschreiben, das sich auf die Erinnerung an das jeweilige Orginal beruft. Wobei ich aber mitnichten behaupten will, dass das hier, was Doogie da von sich gibt, schlecht ist.


Rock You Like A Hurricane


Doctor Doctor


Abgesehen davon fällt des weiteren äußerst angenehm der Umstand auf, dass es in der Show keine überlangen Soli gibt. Ihr wisst schon, jene die eindrucksvoll zeigen sollen, wie ach so gut brillant der jeweilige Musiker ist. Und gerade Michael Schenker lebt ja schließlich von seinem Ruf als begnadeter Gitarrist. Aber das Gegenteil ist eher der Fall. Er gibt sich locker vom Hocker, viel gelöster und fröhlicher als früher und geht mitunter mit den Zuschauern auf Tuchfühlung. Damit sammelt er auch umgehend unzählige Pluspunkte. Meistro Rarebell liefert solide Schlagzeug-Arbeit wie eh und je, und auch hier lassen sich Gott sei Dank zu extensive Drumsoli vermissen. Somit besitzt das Spektakel hier einen kurzweiligen und relativ hohen Unterhaltungswert auf hohem Niveau, ohne aber mit zu komplexen und zu hohen Ansprüchen zu nerven.


Und mir persönlich kommt es vor, als ob die Herren da oben tatsächlich ihren
zweiten Frühling zelebrieren nach dem Motto: wir machen nur noch das was uns Spaß macht und das jetzt und genau in diesem Moment. Pfeif auf gestern und übermorgen, leben tun wir ohnehin nur einmal. Und genau das tun wir eben jetzt. Punkt um!
http://www.michaelschenkerhimself.com/home.php

Schnappschüsse & den kleinen Smalltalk gibts im Diary