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Auch bei dieser Anekdote handelt es sich um eine Story, die sich über einen langen Zeitraum erstreckt. Genauer definiert, ihre Ausläufer Ende der Achtziger Jahre hatte, und sich bis zum vergangenen Jahr 2005 hinzog -  in gewisser Hinsicht zumindest. Aber lasst mich ganz von vorne beginnen, zu jener Zeit, als ich in London weilte, und der Heavy Metal und auch Glamrock seine Hochblüte erlebte. Eine Party jagte die nächste, und das ganze Leben war nur noch von Rock’n’Roll, Alkohol, Drogen und der, in anderen Geschichten schon beschriebenen Dekadenz bestimmt. Und da gab es das Columbia Hotel am Hydepark, U-Bahn Station Lancester Gate. Es handelte sich dabei um eine ziemlich herunter gekommene Depandance, die schon damals offensichtlich wesentlich bessere Tage gesehen hatte. Aber das Columbia war etwas spezielles. –


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Es war das Rock’n’Roll Hotel von London. Die Absteige, wo die meisten Rockbands und Künstler abstiegen, wenn sie ein Gastspiel gaben oder nur für Presse und Promotion in der britischen Hauptstadt weilten. Ich glaube, es verging kein Tag, wo nicht wenigstens ein Rockstar oder eine Heavy Metal Band hier logierten. Und es verging nicht eine Woche in den vier Jahren meiner Tätigkeit hier, wo ich nicht dort war, um irgendeinen hoffnungsvollen Barden der harten Tonkunst zu interviewen oder zu fotografieren. Alle hatten hier schon gewohnt. Ob Overkill, Testament, oder Megadeth, ob Slayer, Suicidal Tendences oder Slaughter, Love/Hate und Cinderella, ob australische Eintagsfliegen oder amerikanische Durchschnittskünstler, - alle waren sie schon da gewesen. Und auch heute noch reagieren die meisten Musiker, wenn man den Namen Columbia Hotel erwähnt, mit einem wissenden Grinsen und sehr guter Erinnerung daran. Doch eigentlich gab es gar nichts besonderes an dem alten Kasten, dessen Fassade damals bereits schon weitsichtlich bröckelte, der außer einem Frühstücksbuffet und einer Bar, die die ganze Nacht geöffnet war, nicht viel zu bieten hatte. Doch, eines gab es da noch, nämlich eine Sauna im Keller. Die war zwar eher von der altmodischen Sorte, aber sie erfüllte ihren Zweck, funktionierte einwandfrei und wurde auch angemessen frequentiert. Und es war vor allem eine gemischte Sauna, wo Männlein und Weiblein in trauter Zweisamkeit bzw. Mehrsamkeit den Genüssen heißer Dämpfe frönten. Ein Umstand, der für uns Europäer nichts neues und auch nichts ungewöhnliches ist. Für einen Amerikaner allerdings ist dies ein Ding der Unvorstellbarkeit, so genießt er doch in den Staaten seit je her die skandinavische  Art der Erholung – erstens streng getrennt zwischen Frau und Mann und noch dazu züchtig in Badehose und Bikini. Ja ja, der ach so coole und lockere Ami, aber da hörte sein Verständnis für die Leichtigkeit des Seins auf. Und das ist auch heute noch so, zumal man auf dem neuen Kontinent weder Freikörperkultur-Strände findet noch eben jene Art von Saunen, die in Europa bereits seit langem zur natürlichsten Sache der Welt gehören.                                                                    

Okidok, dies sei hierzu gesagt, bzw. zum besseren Verständnis der Vorkommnisse, die sich an einem April Tag 1990  im Columbia Hotel abspielten.
Die Band die uns mit ihrer Präsenz gerade beglückte war
Savatage. Der Sinn und Zweck ihres Hier-seins war das Release von „Gutter Ballet“.
Meiner heutigen Ansicht nach, das zweitbeste Album nach „Hall Of The Mountain King“, das die Gruppe jemals produziert hat.  Das Line up bestand zu jener Zeit aus Jon Oliva (voc) Chris Oliva (git), Chris Caffery (git), Johnny Lee Middleton (Bass) und Steve Wachholz (drums). Wenn ich zurück blicke, dann muss ich sagen, dass für mich diese Konstellation das wohl klassischste Savatage Line up überhaupt war.  Und auch wenn mit der Zeit und den darauffolgenden Jahren so einige namhafte Musiker hinzu gestoßen waren, weil Jon Olivas Stimme schlicht und einfach irgendwann nicht mehr den Anforderungen entsprochen hatte, so war es doch gerade dieses Organ und der Gitarrenstil seines Bruders Chris, das Savatage sein individuelles Markenzeichen aufgesetzt hatte. Es war eines meiner Routine-Interviews in dem es vor allem um die neue Scheibe ging. Im einzelnen kann ich mich nicht mehr daran erinnern, nur soviel, dass ich das Gespräch mit den beiden Oliva Brüdern geführt hatte. Erwähnt sei noch, dass ich mich bei Interviews stets bemühte, als Schlusslicht eingeteilt zu werden. Das hatte zwar den Nachteil, dass manche Musiker dann schon ziemlich genervt waren von den 100.000 meist gleichen Fragen und deutliche Ermüdungserscheinungen zeigten. Es hatte aber auch den Vorteil, dass man am Ende oft noch Zeit zum ungezwungenen Plauderstündchen ohne Rekorder und Mikrophon mit dem Künstler übrig hatte. Das war zwar nicht immer der Fall, aber es passierte doch so hin und wieder. Zudem war die Interview Schedule in nationale Presse und internationale Presse eingeteilt. Und zur internationalen Presse gehörten an jenem Nachmittag auch eine Kollegin namens Liz aus Schweden, die für ein dortiges Heavy Metal Magazin die Auslandskorrespondenz führte und eine Italienerin mit dem wohlklingenden Namen  Donatella, die von London aus eine Radiostation in Rom mit O-Tönen versorgte. Beide Girls waren nicht unbedingt die ultimativen HM Spezialisten und ähnelten visuell eher der poppigen Variante von Regenbogen Presse-Tanten. Und sie machten vor allem keinerlei Anstalten nach ihrem Einsatz die Stätte der Begegnung zu verlassen. Ach ja, und da war auch noch ein spanischer Kollege, an dessen Namen ich mich aber beim besten Willen nicht mehr erinnern kann. Also entwickelte sich nach meinem üblichen Frage und Antwort Spiel so was wie eine gemütliche Runde, der jene Journies, die gesamte Band und ich angehörten. -


 
Jon Oliva, Steve Wachholz, Chris Caffery, Chris Oliva, Johnny Lee Middleton  London at the Columbia Hotel Bar - an jenem Nachmittag im Frühjahr 1990 
(dieses Foto wurde zudem als Poster im Metal Heart Magazin im Jahr 2001 veröffentlicht.)


                                                                    

Und irgendwann kam auch die Sprache auf die – nur allzu berühmte Saunalandschaft des Columbia Hotels. Unsere amerikanischen Hardrocker entwickelten sich daraufhin einmal mehr als die erzkonservativen Spießer, die einerseits über solche Zustände entsetzt den Kopf schüttelten, andererseits aber doch eine gewisse Faszination nicht verbergen konnten.  Als Liz irgendwann ihr Plädoyer über die Herkunft, Sitte und Gewohnheit der Heißdampfbäder  beendet hatte, folgte unmittelbar danach der Vorschlag doch gemeinsam die Örtlichkeit auszuprobieren. Für einem Moment herrschte absolute Stille anhand der Verlegenheit nach dem Motto: wie komme ich drum rum ohne als Feigling zu wirken. Jon faselte etwas von seinem Kreislauf, der nicht stabil wäre (Anm. dabei war er damals noch so in etwa die halbe Portion von dem was er später war und heute noch ist)  Bass und Schlagzeug drucksten herum und konnten sich nicht entscheiden und der Youngster in der Runde, Chris Caffery tat als einziger das Thema großmaulig ab nach dem Motto: „da ist doch nichts dabei, das mach’ ich doch mit links.“ – Ich mochte den Kerl nicht. Ich mag generell keine betont zynischen Querdenker, die sich auch noch diese eigenwillige Arroganz zugelegt haben, die einen, wenn auch nur unbewusst, runterputzt. Aber es war gerade er, der die Diskussion bezüglich jener Sauna und dem vorgeschlagenen Unterfangen auf den Gipfel des Olymps trieb. Großspurig erklärte er sich bereit mit uns am nächsten Tag einen gemischten Saunabesuch in Angriff zu nehmen. Der Rest der Truppe grinste stillschweigend mit, und anstandshalber brummte der Bass – Mr. Middleton auch noch in seinen imaginären Bart, dass er es sich überlegen wolle.


click play für Savatage & "Gutter Ballet"

Chris Caffery wollte also mit. Einziges Problem bei der Sache war, ich glaubte nicht daran, zumindest so lange nicht, bis wir effektiv in der Sauna sitzen würden. „Wetten, du ziehst in letzter Sekunde den Schwanz ein?!“ entrutschte es mir  ziemlich aggressiv. Der Typ brachte mich allein schon durch seine Anwesenheit auf die Palme. „Okay“, meinte er, „wetten wir. Was krieg’ ich, wenn ich komme?“ – „Was krieg’ ich, wenn Du nicht erscheinst?“ konterte ich. Er sah mich herausfordernd an mit jenem gewissem Blick und meinte: „das gleiche“. Ihr wisst was gemeint war. Aber genau das, war so ziemlich das hinterletzte was ich von dem Kerl wollte. Nein, nein, nein, davor lebte ich lieber die nächsten 5 Jahre abstinent von allem und jeglichem. –  Chris sah mich mit diesem abschätzenden Blick von oben bis unten an, drehte sich um, hob lasziv die Hand zum allgemeinen Gruß und ging. Liz rief ihm noch hinterher: „vergiss nicht, morgen um 10 Uhr in der Sauna“. Der Rest der Konversation mit den anderen Jungs verlief noch einige Zeit unspektakulär, bevor die allgemeine Aufbruchsstimmung den Abend beendete. – „Scheiße Liz, du willst doch nicht wirklich morgen früh hier auf der Matte stehen?“ fragte ich sie noch an der Undergroundstation. „Aber klar doch, und du kommst doch auch, oder?“ Meine Antwort wartete sie nicht mehr ab, da ihr Zug gerade einfuhr. – Den Rest der Nacht schlief ich schlecht. – Soll ich oder soll ich nicht. Reizen würds mich schon, und wenn’s nur wär um mich über die schmächtige Gestalt und noch etwas anderes eines Chris Caffery zu amüsieren. Aber was war mit mir im Gegenzug? Ich besitze leider keine Topmodel Figur und werde sie auch nie bekommen in diesem Leben. Aber wie heißts so schön, nobody is perfect. Und in dieser Sekunde beschloss ich am nächsten Vormittag pünktlich um 10 Uhr wieder im Columbia Hotel zu sein. Ich weiß nicht was es war, aber so wenig mir der Kerl menschlich lag, so reizte es mich doch irgendwie diese Story zuende zu bringen. Life ist schließlich Rock’n’Roll –

Die Sauna war nicht besonders groß, und es hatten grad mal 4-5 Leute gleichzeitig Platz darin. Liz lag schon drin in ihrer ganzen Weiblichkeit, während ich noch unschlüssig da stand und mit ungutem Gefühl überlegte, wie sich die allgemeine Reaktion eines prüden Amerikaners  auf die Situation auswirken würde. –  Nachdem ca. 20 Minuten vergangen waren, ohne das etwas passierte, bzw. jemand kam, ging ich wieder nach oben an die Rezeption und ließ anrufen. Fast im selben Augenblick erschien ein total verschlafener Chris auf der Freitreppe, sah mich groß an und meinte ganz unschuldig: „was zum Teufel tust du schon wieder hier“. – Die offensichtliche gegenseitige Abneigung war nicht mehr zu verbergen. „Ja, sag mal, hast du etwa die Saunaverabredung vergessen?“ “Was, wieso? – Du hast doch nicht wirklich geglaubt, ich geh mit euch in die Sauna?!“ kreischte der Blondschopf aufgebracht. Diese Reaktion schien allerdings  nicht so sehr auf die gemischten Tatsachen der Örtlichkeit bezogen, als vielmehr auf meine Person. Genauso gut hätte er sagen können, ‚mit dir auf einer einsamen Insel, und ich würde Mönch werden’. Wie auch immer, der impulsive  Gefühlsausbruch eines Herrn Caffery hatte zumindest mein weibliches Selbstbewusstsein auf den absoluten Nullpunkt gedrückt. „Nun, Liz ist schon unten und wartet auch“, fügte ich noch an. – Er ging nicht darauf ein, drehte sich wortlos um und kletterte die Stufen wieder hoch. „Okay und was krieg’ ich jetzt dafür? Ich hab’ ja gewusst, du würdest nicht in die gemischte Sauna mit uns gehen“, rief ich ihm nach. Chris drehte sich noch mal um und meinte bissig: „nie, nur über meine Leiche“. – Tja was der Gute wohl damit gemeint hatte? Ich wollte noch mal zu Liz hinunter und ihr berichten, dass unser Kommen wohl für die Katz' gewesen sei, als mich beim öffnen der Sauna-Vorraumtür fast der Schlag zur Salzsäule erstarren ließ. Saßen da doch in Reih und Glied der Rest der Gruppe im Heißluftraum, zusammen mit Liz und aalten sich im heißen Dampf und sichtlich angetan von meinem blöden Gesicht. So wie Gott sie schuf, nur mit Handtuch versehen und mit fiesem Grinsen in Anbetracht meiner – noch bekleideten Wenigkeit. „Na, worauf wartest du noch“, rief das Schlagzeug. „ Ein Platz ist noch frei, wenn wir zusammen rücken“. Nein, da kam ich wohl nicht mehr raus und musste wohl oder übel mitmachen. Aber wer hätte schon gedacht, dass die komplette Mannschaft, außer einem,  hier urplötzlich anwesend sein würde. 

 
Leider habe ich kein Foto in der Sauna gemacht. - Ich bereue es heute noch

Nein, aus diesem Schlamassel kam ich nicht mehr raus, und ich verwünschte die vergangenen 5 Minuten, die mich noch einmal da hinunter gehen haben lassen. Okay, Augen zu und durch, aber mit großem Handtuch versehen. Und ich muss gestehen, die nächste halbe Stunde war in etwa so aufregend, wie ein 3-stündiger Vortrag über das Leben und Sterben von Maikäfern. Ja, was hatte ich denn eigentlich erwartet? Nein, um Gotteswillen – keine Orgie, so weit wär’ ich nicht gegangen. Wäre bei dieser Hitze von ca. 90 Grad auch gar nicht möglich gewesen. Aber vielleicht hatte ich spöttische Resonanz in Anbetracht meiner Gestalt erwartet oder so was ähnliches. Nichts dergleichen passierte. Es wurde wenig gesprochen, und jeder war mit sich selbst beschäftigt, die Hitze gut zu verdauen. Und um’s auf den Punkt zu bringen, es war letztendlich so was von unspektakulär, dass nur die Tatsache, dass man mit einer Rockband die Sauna geteilt hatte, noch aufhorchen ließ. Beim Verlassen der heiligen Stätte, war ich direkt etwas entäuscht, dass nicht einmal eine angeregtere Unterhaltung stattgefunden hatte. Aber die Macht der Ungewohnheit einer Sauna ließ nicht mal das zu. Und nach etwa 10 Minuten war das Spektakel schneller beendet als es begonnen hatte. Von der harten Heavy Metal Band konnte man in dieser Zeit nicht mal ansatzweise etwas spüren. Also doch lieber live on stage mit passendem Image und guter Musik. Nur den Anblick der vier Hardrocker  in der Sauna, und zwar in dem Moment, wo ich rein kam, - den werde ich nie vergessen.

Ob sich Chris, der als einziger durch Abwesenheit glänzte,  letztendlich nicht getraut hatte mit drei Frauen eine Sauna zu teilen oder ob es nur die offensichtliche Abneigung an meiner Person war, das erfuhr ich nicht mehr, und ich habe es auch in den folgenden Jahren bei diversen Gelegenheiten eines Zusammentreffens  nicht mehr erfahren.


 
Savatage in München, Metropolis  1998


Der gemütlichste Charakter von Savatage - Jon Oliva

Wenn  die Band in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen in Europa, ob London oder später in München, war, traf ich sie unverbindlich zum Interview oder einem Aftershow Drink. Chris ging mir immer wohlweislich aus dem Weg, die anderen hatten die Geschichte damals sowieso nicht richtig mitbekommen. Chris Oliva war  irgendwann bei einem Autounfall ums Leben gekommen, was mir doch nahe ging, da ich  ihn als sehr netten, ruhigen Zeitgenossen kannte, der immer ein freundliches Wort für einen übrig hatte. Jon wurde immer dicker und gab das Gesangsmikro in andere Hände. Johnny gab’s auch noch immer, der Rest der Truppe hält sich bis heute als auswechselbar. An einen sehr netten Abend vor ein paar Jahren kann ich mich auch noch erinnern, als Jon Oliva und Johnny Lee Middleton für einen Abend in München weilten, und wir beim Thailänder alls Fassetten asiatischer Trinkkunst durch gingen,  das Geplätscher an der Hotelbar fortsetzten bis in die frühen Morgenstunden und in alten Erinnerungen schwelgten. Und das alles ohne Backstage Atmosphäre und den ganzen Zinnober.


& jetzt noch einen Mai Tai


mmmhhh lecker


mit Jon Oliva & Johnny Lee Middleton
beim Thailänder "Rüe'nThai" in der Katzmayrstraße in München 2001

... & eine Havanna


Das war auch das letzte Mal, wo der Sauna-Besuch erwähnt wurde.
Chris Caffery, der sich zwischenzeitlich von Savatage  getrennt hatte , war inzwischen  wieder festes Bestandteil der Truppe. Warm geworden war ich mit dem  Kerl  jedenfalls in all den Jahren nicht. – Bis....... ja bis sich im Spätsommer 2004, - 15 Jahre nach der imaginären Saunawette in London, die Dinge bzw. das Verhältnis zu diesem Herrn, grundlegend veränderte. Wie heißt es so schön: man begegnet sich immer zwei Mal im Leben, sinnbildlich gesehen. Klar hatte man sich über die Jahre, wie schon zuvor erwähnt, bereits mehrmals wieder gesehen, das aber nur oberflächlich und ohne Emotion. Aber diesmal war es anders. Chris war ohne Savatage auf Solopfaden unterwegs und weilte, festgenagelt dank organisatorischer Probleme, für 3 Tage in München. (siehe auch Story Nr. 16 auf dieser Website, die so auch in einer deutschen Heavy Metal Zeitschrift abgedruckt worden war.- Aber auf der offiziellen Schiene berichtet man natürlich, wenn auch lustig, doch  nur über die Fakten, aber nicht über den persönlichen und sehr privaten Aspekt.) Ich werde den Blick nie vergessen, als ich ihn in der Lobby des Holiday Inns hier in München wieder traf.
Aber gesagt hat er nichts,- kein Sterbenswort. Und der unergründliche Gesichtsausdruck ließ nicht erahnen was er dachte. Okay, Höflichkeit geht vor, es wurde kein Wort mehr über vergangenes gesprochen. Und unsere gegenseitige Aversion war auch etwas verblasst. Menschen verändern sich schließlich, werden älter, gesetzter und ruhiger und manchmal auch weiser. Ich sollte am folgenden Tag ein Story über ihn machen im Rahmen einer Sightseeing Tour von München. Und da der Kerli bereits am Vorabend hier rum saß und nichts zu tun hatte, schlug ich vor, ob er mich nach Wörgl in Tirol begleiten wolle zu einem Konzert von Monster Magnet. Welcher Teufel mich da geritten hatte, war mir schon einem Moment später nicht mehr klar. Es war verrückt. Hätte mir damals in London, und auch noch ein paar Jahre später einer gesagt, du fährst mal mit diesem Typen zusammen allein in deine Heimat zu einem Kurzausflug, dann hätt’ ich denjenigen für übergeschnappt erklärt. Aber so saß er da im Auto, sprach wenig und betrachtete nur ausführlich die Gegend. In Wörgl angekommen, wollte er zuerst noch die Stadt erkunden, bevor wir bei Monster Magnet landeten. Allerdings hab ich mich sehr bald gefragt, warum er eigentlich hier war. Denn die Bar und all ihre alkoholischen Versuchungen übten auf den guten Chris eine wesentlich höhere Anziehungskraft aus, als die ausgeflippte Show eines Mr. David Wyndorfs. Ich ließ ihn einfach sitzen, denn zumindest ich war her gekommen, um die Band zu sehen, und nicht um Babysitter zu spielen. Aber das war ein Fehler, wie sich hinterher herausstellte. Heiliges Kanonenrohr, war der Kleine dicht. Ich hatte den Eindruck, dass er sämtliche Alkoholbestände der Bar vom Komma Club ausprobiert hatte. Wenigstens unterhielt er sich gut mit allen möglichen Leuten, und ich musste feststellen, dass Mr. Caffery einen Redefluss an den Tag legen kann, dass jedes Waschweib, vor Neid erblasst, mundtot gemacht werden würde..


auch in Wörgl immer mobil


....& zum anderen

Sommer 2004


Monster Magnet zum einen....


ich weiß echt nicht mehr, wie ich ihn da 
raus gebraucht hab...


Chris verblüffte mich einmal mehr, als dass er , obwohl er sturzbesoffen war, doch noch eine relativ normale Konversation führen konnte. Nur zum Auto mussten wir ihn zu zweit mehr tragen als führen. Und dass er mir auf der einstündigen Rückfahrt nicht auf die Rückbank gekotzt hat, ist mir bis heute schleierhaft. Am Hotel angekommen, buxierte ich ihn unsanft hinaus und als Dank drückte er mir noch einen dicken Schmatz auf die Lippen. – Aus, Schluss, ab nach Hause, um auf der Heimfahrt umgehend feststellen zu müssen, dass Mr. Caffery sein Handy im Wagen liegen gelassen hatte.
Nächster Tag, vormittags um 11 Uhr. Diesmal war ich offiziell hier, einmal mehr in meiner Funktion als Journalist. Fakt war, Chris war wieder nüchtern, ohne großartige Emotion oder auch nur ein Wort zum vergangenen Abend. Die alte Distanz war wieder zurück gekehrt. Hofbräuhaus, Hard Rock Cafe, Glockenspiel am Marienplatz und mindestens 7-8 Lokal-Besuche mit extensiven Biergenuss stand auf dem Programm.


All  das könnt Ihr in aller Ausführlichkeit in der Story 16 lesen. Nur den Ausgang dieses Tages oder sollte ich sagen die Nacht, hab ich in der abgedruckten offiziellen Version im Metal Heart vernachlässigt und nicht weiter erwähnt. Ich hatte am Vormittag, bevor wir zum Sightseeing Trip aufbrachen, meine Tasche bei ihm im Hotelzimmer gelassen. Und diese musste ich auch wieder mitnehmen. Nein, da war keine Absicht dahinter gewesen. Sie war nur schlicht und ergreifend zu schwer und zu unförmig, als dass ich sie all die Zeit mitschleppen hätte wollen. -
Herrschaftszeiten, wenn ich’s mir so durch den Kopf gehen ließ, konnte ich’s nach wie vor nicht begreifen, dass ich nach all den Jahren und der Antisympathie für diesen Knaben jetzt für ihn hier in München zwei Tage lang Fremdenführer und Freizeitgestalter gespielt hatte. Und in all der Zeit wurde nicht ein einziges Mal über die Vergangenheit gesprochen. So, als ob es nie eine Saunawette, und nie diese Aversion gegeben hätte. Es war spät, ich brachte ihn zurück ins Hotel, auf sein Zimmer und wollte eigentlich nur meinen Beutel holen und mit einem kurzen tschüs abhauen. Nun, was soll ich sagen.... nur so viel, einen Saunabesuch braucht’s jetzt auch nicht mehr um zu wissen, dass Chris ein Piercing am Bachnabel hat und jüdischer Herkunft ist. Und wieder erinnere ich mich an anno dazumal in London, im Columbia Hotel.... Hätte mir damals jemand gesagt, dass..... J ))) einfach unvorstellbar. Aber immerhin - die Wettschulden waren somit indirekt (fast) beglichen.... wenn auch nur unbewusst. Denn ehrlich gestanden, da dachte in dem Moment keiner von uns mehr daran.



Chris - live in München 2005

PS.: ich hab’ Chris seit dem München Trip zwei Mal wieder getroffen, allerdings on tour. – Kein Wort, keine Emotion, kein weiterer Kommentar mehr, nur lapidarer Smalltalk mit dem üblichen Zynismus. Und dabei wird’s wohl zukünftig auch bleiben. Und die jahrelange Anti- und doch Sympathie, die wahrscheinlich inzwischen nur noch in unserer beiden Einbildung existiert,  wird wohl so bestehen bleiben. Solong und machs gut Chris. Du und Savatage gehören auf alle Fälle zum festen Bestandteil meiner Rock’n’Roll Erinnerungen. Ich war schließlich vorher und auch  nachher  nie mehr mit einer (fast) kompletten Rockband in einer Sauna, oder hab Fremdenführer für Rockstars gespielt....


           
Wir mögen uns noch immer nicht wirklich....... sieht man doch, oder?!!!
 

Nochmal PS.: nur um’s zu erwähnen, - das Columbia Hotel in London gibt’s immer noch!

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