Rock’n’Roll will never die..... |
Ja, in den Achtzigern und vorher, da war die Industrie noch gesünder,
da wurden Künstler noch gefördert. Es wurde ein Album produziert. Wenn
dieses nicht gleich einschlug, - auch egal, dann machen wir halt noch
ein zweites und ein drittes. – Heute ist dies fast schon undenkbar.
Entweder es funktioniert sofort, oder off we go again.... Besonders wenn
Majorlabel ein Mitspracherecht besitzen. – Apropo Majors.... Ich kann
mich noch sehr gut erinnern an Zeiten, wo mir von diesen jede
Neuerscheinung als Promoexemplar automatisch zugeschickt wurde, ob ich
das jetzt wollte oder nicht. Wo Briefumschläge mit zwei Konzertickets
ins Haus geflattert kamen, ohne dass ich überhaupt darum gebeten hatte.
Und man fühlte sich fast schon genötigt das entsprechende Event dann
zu besuchen. – Die Jahre zwischen 1987 und 1991 verbrachte ich in
London, der europäischen Hauptstadt des Rock’n’Roll. Die
US-Glamrock Phase war in vollem Gange, und nach jedem zweiten Konzert
gabs die, fast schon obligatorische Party mit Drinks so viele das Herz
begehrte und oft auch noch ein üppiges Büffet. –
Übrigens man muss unterscheiden zwischen Kultbands, also solche, die Musikgeschichte geschrieben haben, in einer Zeit, wo die Konkurrenz noch nicht so groß und genügend Kohle da war, oder trendmäßigen Zeiterscheinungen. Ja, die Rolling Stones, die können auch noch mit 75 Jahren auf der Bühne stehen und sie werden bejubelt, egal was sie jetzt noch neu anfangen. AC/DC spielen und performen seit 30 Jahren den gleichen Stiefel, aber pfeif drauf.
Bzw. eigentlich bräuchten sie nie wieder ein neues Album machen. Die Konzertbesucher wollen ohnehin vor allem und nur ‚Hells Bells’ und Highway To Hell’ hören. Alice Cooper oder Iron Maiden, um nur einige wenige aufzuzählen, die bleiben uns Gott sei Dank auch noch erhalten. Und seit ein bis zwei Jahren wogt auch noch die große Reunionswelle daher mit Genesis, Police und the Who etc. – Sehr nett, und die Nostalgiewelle ist überdimensional und schwappt über uns ältere Generation hinweg. – Aber was ist mit all den jungen neuen Künstlern? Und da sind nun wirklich einige Gute dabei. Ich frage mich jedes Mal, wenn ich eine dieser neuen hoffnungsvollen Bands live sehe, ob sie wohl in einem oder zwei Jahren immer noch hier sind. Tja, das hängt alles vom Erfolg, der Wirtschaft und ein bisserl Glück ab. Ach ja, von wegen Kult und Trends.... Glamrock war ein Trend, Melodic Rock oder Grunge, oder der englische Pop der 80er Jahre. Diese Stilistiken sind alle wie Phönix aus der Asche gestiegen, haben sich etabliert, um dann einige Jahre später ganz langsam wieder zu versickern. Heute kräht kein Hahn mehr danach. – Nein bitte geht mir jetzt nicht an die Gurgel, all ihr Postum Fans. Klar gibt es noch immer vereinzelte Vertreter dieser Klassen die sich durchackern im musikalischen Dickicht. Aber seht Euch doch mal um. Meist treten sie in Miniclubs mit allerhöchstens 200 Fans auf. Das ist, verglichen mit den Superstars, ein Tropfen auf dem heißen Stein. Andererseits ist Euch das ja egal. Hauptsache es gibt sie überhaupt noch. – Und zählt ja nicht Kiss dazu. Denn die wiederum gehören zur Gattung Kult aus den 70ern. – Kiss sind, seien wir mal ehrlich, eine durchschnittliche Band, mit einfachen Musikstrukturen. Aber sie haben mit ihrem Make Up und den exzessiven Auftritten einen Kult kreiert. Und heutzutage hängt alles nur noch von finanziellen Aspekten ab. Ja, zugegeben, es läuft gerade wieder mal sehr gut für Kiss.
Und das alles ist lediglich wiederum einer sehr
cleveren Marketing Strategie zuzuschreiben. – Abgesehen von solchen Exemplaren, fragt man sich, wer den
Rest all dieser verkappten Melodicrock Bands noch braucht? Das ist eine
Randgruppe, die wirklich am äußersten Zipfel des Genres herum wackelt.
Was ist der Grund, warum jene keinen Fuß mehr hoch bringen. Genauso,
wenn auch nicht ganz so dramatisch verhält es sich mit den sogenannten
True Metal Bands, die nur noch auf großen Festivals wirklich punkten.
Man muss schon Metallica oder Manowar heißen, um noch mehr als 10.000
Zuschauer zu bekommen bei Konzerten. Wobei ich bei letzteren sofort
betonen will, dass sie im Grunde genommen auch nur noch in Germany
ziehen, und sonst nirgendwo.... - Die Brothers of Metal, die
muskelstrotzend, bierernst ihr Sex-Klischee' propagandieren. Aber im
Grunde genommen versuchen auch sie, aus der letzten verbleibenden
Bastion noch so viel wie möglich raus zu holen - finanziell gesehen,
versteht sich. Deshalb simma jetzt auch schon Stamm- und Dauergast in
unseren Breiten.
Lohnt
sich das alles noch. Ist es tatsächlich nur noch die Liebe zur Musik
selbst, die viele am Leben erhält. Ich meine, man muss ja schließlich
auch von was leben. Die Plattenfirmen haben kein Geld mehr, heißt es.
Es wird fusioniert was das Zeug hält. Es wird gegen illegales
Downloading vorgegangen. Gema Gebühren schnellen in die Höhe und last
but not least die CD Preise. – Das Resultat daraus: es wird noch mehr
kopiert. – Ein Teufelskreis fürwahr. In den USA hat man das schon vor
ein paar Jahren erkannt, und man hat die Tonträger Preise bewusst unten
gehalten. Eine durchschnittliche CD kostet umgerechnet zw. 7 und 9.99
Dollar. – Und für so einen Preis, kauft auch der Lehrling aus der
Supermarkt Wurstabteilung noch des öfteren eine neue Scheibe. –
Hierzlande ist der Zug inzwischen abgefahren. Der Fehler, der von der
Wirtschaft gemacht wurde, ist zu spät erkannt worden. Jetzt versucht
man sich mit Digipacks, Special Ltd. Editions von diversen Produkten zu
retten. Kleinere und mittlere Bands, die früher tourten, wenn sie einen
neuen Longplayer im Rucksack hatten, kommen jetzt schon fast alle sechs
Monate. Aber auch Gruppen wie Motörhead, die ebenfalls zur Gattung Kult
gehören, spielen mindestens alle 12 Monate in unseren Breiten. Nun,
Lemmy denkt sich wahrscheinlich, dass er, inzwischen 64jährig, die paar
Jahre, die ihm noch bleiben, ausnützen will. Und recht hat er. -
Wir zählen heute Festivals wie Sand am Meer im Sommer. Aber
richtig gut laufen tun nur die bekannten und großen Events. Immer
wieder kommt die Meldung, dass das oder jenes Event wegen mangelnder
Ticketverkäufe abgeblasen wurde.
Was läuft da bloß
verkehrt? Auch Dweezil Zappa würde kein müder Wüstenfloh mehr
beachten, stünde da nicht Daddys Spirit im Hintergrund. Er ist zwar
nicht mehr innovativ und vor allem so verrückt wie sein Erzeuger, aber
er ist schlichtweg genial in seiner Instrumentalisierung. Oder nehmt mal
Bobby McFerrin, den die Oldies unter uns, und auch da nur ein gewisser
Prozentsatz, lediglich mit ‚Don’t Worry Be Happy’ kennen. Dabei
hat der Künstler ein wahre Fundgrube an genialer Musik zu bieten. –
Mir fällt da gerade auch Tito Lariva ein, besser bekannt, als Tito
& Tarantula, der durch das Kultmovie ‚ From Dust ‚till Dawn’
einen gewissen Bekanntheitsgrad erhielt. Aber genauso schnell wie der
Film wieder in den Regalen verschwand, so rasch war auch er wieder von
der Bildfläche weg. Er kommt immer noch von Zeit zu Zeit nach Germany.
Denn nur hier will man überhaupt noch was von ihm wissen. Da spielt er
dann ein ums andere Mal eine Clubtour, die durchschnittlich 150
Musikliebhaber und Kenner zieht. – Dabei ist gerade er ein wahres
Juwel, dass da im Untergrund dahin vegetiert. Und ich kann Euch nur
empfehlen, wenn er so wie jetzt, hier wieder mal tourt, geht hin und
geniesst mal wirklich guten Stoff. Aber es sind genau jene Musiker,
denen der verdiente Zuspruch verwehrt bleibt, jene, die es wirklich
verdient hätten. Der Grund für die Ignoranz ist schnell erklärt. Die
Industrie arbeitet vor allem für die Jugend. Und die steht im Moment
nun mal auf Tokio Hotel, - Das Rote Pferd - (anm. wobei hier eine uralte
Melodie aus den 60ern verbraten wurde) und Schnuffel und Bushido. Und
wie heißt es so schön? Je größer die Nachfrage ist, desto mehr wird
das Produkt gepuscht. Dabei wird so manches andere links liegen
gelassen. Und genau damit erhofft man sich die letztendliche Sarnierung
des angeschlagenen Business. Vergessen wird dabei nur, dass es sich bei
den meisten dieser Over Night Sensations um Eintagsfliegen handelt.
Heute Nr. 1 und morgen wieder weg vom Fenster. Wo ist den Lou Bega
abgeblieben, der mit seinem Mambo Nr.5 einen Nr. 1 Hit in Amerika
gelandet,- und damit wahrsch. mehr Kohle verdient hat, wie mancher Künstler
in 20 Jahren. Und man könnte noch so einige aufzählen. Und hinterher frage ich
mich: hab’ ich die jetzt zum ersten und letzten Mal gesehen? Und wird
es sie nächstes Jahr noch geben? So etwas weiß man ja nie genau. -
Wir älteren Rockfans
hingegen halten uns an unsere Idole, gehen weiterhin zu Deep Purple, die
allmählich großväterliche Züge annehmen, zu Motörhead, die
andererseits gerade von einem jungen Publikum entdeckt werden (Gott sei
Dank!). Otto Normalverbraucher rennt immer noch zu Hausfrauen Rocker
Bryan Adams. Und die Freunde des Blues frönen Eric Clapton. – Der
Heavy Metal wird im Moment vor allem von der Prügel-Kategorie
beherrscht oder bei der jüngeren Generation vom New Metal. – My Space
und You Tube boomt, und man sieht über Verletzung der Musikrechte gnädig
hinweg. Es ist ja im Endeffekt alles Werbung fürs Produkt. Ob Kurzzeit-
oder Langzeit, ob Eintagsfliege oder Methusalem.... – fest steht, die
Industrie in der Pop/Rockmusik ist heute vor allem
am Profit interessiert und an der Schnelllebigkeit. Das sind zwei
Umstände, die 1) keine Kultbands mehr zulassen, 2) geniale Musiker oft
ignoriert, 3) Eintagsfliegen fördert und 4) Superstars zu sehr hofiert.
Letztendlich bleibt nur noch die Frage: was bleibt übrig, wenn Bands
wie die Stones, Aerosmith, Motörhead, The Who, Deep Purple oder Status
Quo, Bands die seit 30 oder gar 40 Jahren die Stürme der Zeit überstanden
haben, weg gestorben sind? Dann, wenn keine Kultband mehr übrig ist?
Bleiben uns dann nur noch Schnuffels, die mit einer Scheibe kurzeitig
die Charts beherrschen, oder Rapper, die mit immer provozierenderen
Texten die Jugend aufstacheln. Boyband Produkte als Zeitbombe....? Nun
spätestens dann habe ich höchstwahrscheinlich meinen Job als
Musikjournalist auch an den Nagel gehängt und lass’ die Sintflut
hinter mir für Überschwemmung sorgen. – Dann sag ich mir, schön,
dass ich die glorreiche Zeit des Rock’n’Roll noch aktiv miterleben
konnte, und dass ich mit den Kultbands der 60er und 70er Jahre alt
geworden bin. Wie die Industrie in 20 Jahren aussieht.....?
Herrgott,..... ich will gar nicht dran denken....
Im Augenblick ist nur eines tröstlich. Ich bin mir eigentlich
todsicher, dass Mick Jagger und Keith Richards in den nächsten 10
Jahren immer noch auf der Bühne stehen und ‚I can’t Get No
Satisfaction’ krächzen. – Und das meine Freunde ist für unsere
Generation noch allemal besser als der Schnuffelsong..... |
|
|
Story (c) by ebl/musicmirror 2007