ZODIAC MINDWARP & THE LOVE REACTION Eine eingleisige Widmung |
Zodiac
Mindwarp & The Love Reaction 1988 |
Ich
erinnere mich noch ganz genau, als ich damals 1988 in London diese Band
zum ersten Mal live spielen sah. Ich erinnere mich auch noch exakt an
jede einzelne Minute meines aller ersten Interviews mit diesem finster
dreinblickenden Typen, der mich verächtlich von oben bis unten musterte
mit einer, - ich hab eigentlich gar keinen Bock mit Dir zu sprechen –
Einstellung. Mit zitternden Knien und nahe einem Herzinfarkt saß ich
relativ eingeschüchtert da und bemühte mich redlich meine Fragen bezüglich
der Band, des Werdegangs und der Musik relativ professionell vom Stapel
zu lassen. Trotzdem konnte ich mich nicht des Gefühls erwehren, dass
man mich weder ernst noch für voll nahm. Dank der visuellen Erscheinung
dieser zusammen gewürfelten Truppe, hatte ich obendrein den leisen
Verdacht, dass ich irgendwie nicht mehr heil aus dem Chaos heraus kommen
würde. Bei allen fünfdimensionalen Jack The Ripper trifft Steven
King’s Tommyknockers, habe ich mich in diesem Augenblick in die
entfernteste Galaxie des Andromeda-Nebels gewünscht, nur um der beißenden
Ironie und der Lustlosigkeit eines Mark Mannings zu entgehen. Lediglich
der Umstand, dass diese Band zu jener Zeit wie eine Rakete die Milchstraße,
- Verzeihung, - den Musikhimmel durchpflügte, und die Aussicht auf ein
mehr oder minder anständiges Honorar, ließ mich bis zum bitteren Ende
durchhalten. Zodiac Mindwarp & The Love Reaction waren damals in aller Munde. Mit fiktivem Namen, der einem Comicheft entnommen wurde, sowie dem Bruce Springsteen Song „Dancing In The Dark“, einem Outfit, dass ein Hells Angel vor Neid erblasst wäre, eroberten Zodiac, ein früherer Grafiker, Cobalt Stargazer, Flash Bastard, Trash D. und Slam Thunderhide den Himmel des sexistischen Macho-Hard Rock’n’Rolls. Und es schlug ein wie eine Bombe. Sogar Motörhead, die stets auf höchstem Niveau standen in Bezug auf Beliebtheitsgrad, gingen kurzzeitig unter im Schatten von Zodiac Mindwarp.
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Die Band lebte
ihr Image und kostete diesen Erfolg bis über die Grenzen aus.
Liest
man die Autobiographie eines Mark Mannings, dann erscheint einem Klaus
Kinskis Livestory wie eine harmlose Kindergeschichte dagegen.
Beim
heiligen Christopherus, wenn das alles
stimmt, was Manning in „Fucked By Rock“ von sich gibt, dann
wundert es einen, dass der gute Mann noch nicht in der Klappsmühle
gelandet ist oder seine Lebenseinstellung grundlegend geändert hatte im
Laufe der Jahre. Aber wahrscheinlich hat ihn seine gesunde Portion
Gleichgültigkeit, die er stets hervorzuheben versuchte, davor bewahrt. –
Mit drei Kindern von drei Müttern, unzähligen Affären,
Alkoholexzessen oder anderweitigen Ausschweifungen, gibt es im Leben von
Mark Manning wahrscheinlich nichts mehr, was ihn noch in seinen
Grundfesten erschüttern könnte. Ja, vielleicht noch mal einen Nr. 1
Hit zu haben in den Charts. Aber sogar das, würde er zu guter Letzt mit
einem lapidaren Schulterzucken abtun. Aber gehen wir zurück zu den glorreichen Tagen von „Tattooed Beat Messiah“. Zodiac Mindwarp wurde im Endeffekt vom gleich Problem gebeutelt, wie viele andere anfangs erfolgreiche Künstler. |
In neuer Besetzung veröffentlichte man das Album „HoodlumThunder“, aus welchem vor allem der Titel „Elvis Died For You“ heraus ging. Dabei handelte es sich um eine Platte, die musikalisch sogar noch einen Schritt weiter ging in Bezug auf Anspruch. |
Zodiac Mindwarp 1991
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Aber genau diesen Umstand akzeptierte die Anhängerschar nicht. Die Folge war ein fataler Einbruch mit anhaltenden
Nachwirkungen |
Und
nach acht Jahren sitze auch ich ihm wieder gegenüber, aber mit dem
Unterschied, dass ich nicht mehr schlotternd vor Angst, wie damals vor
15 Jahren auf mein letztes Stündlein warte, sondern mit
erwartungsvoller Neugier was die lange Zeit der Abstinenz bewirkt hat.
Äußerlich hat sich Zodiac im Gegensatz zu Cobalt nicht verändert.
Die dioptrienreiche Brille lässt nicht wirklich in die wachsamen
Augen blicken, die bekanntlich die Seele wider spiegeln sollen.
Die
Langhaarmähne ist einem kürzeren Schnitt gewichen. Weniger weil dieses
nicht mehr zeitgemäß ist, sondern vielmehr weil ihm irgendwann jemand
sagte, er sähe bald wie Ozzy Osbourne aus. Und das brachte ihn
schneller zum Friseur als unsere Omas zum Kaffeeklatsch.
Mit Mitte
40 hat er sich tatsächlich gut gehalten, zumindest äußerlich. Und wie
steht’s mit der allgemeinen Lebenseinstellung? „Nein, ich glaube
nicht, dass ich mich großartig verändert habe. Ich bin immer noch
unverantwortlich verrückt, durchgeknallt und abgefahren. Aber ich lasse
lieber andere urteilen wie sie mich sehen. Sich selbst zu beschreiben
entspricht jeglicher Logik. Abgesehen davon hat mich das aber nicht
umgebracht. Ich habe nie etwas bereut im Leben. Wozu auch? Was passiert
ist, ist passiert. Das ist dann sowieso nicht mehr zu ändern. Ich habe
auch keine Zeit mich in irgendeine Ecke zu setzen und zu heulen. Das ist
pure Verschwendung.“ - Mark
Manning ist definitiv kein Mensch, der sich in Selbstmitleid badet. Das
verbietet ihm allein schon sein Stolz und diese eigenwillige Arroganz,
die ihn schon immer zu eigen war. Aber was hat ihn dazu bewogen, sich
jetzt wieder seinen musikalischen Ambitionen zu entsinnen? Sollte das
hier ein neuer Anfang sein, ein neues Kapitel oder einfach nur eine
Fortsetzung von alten Geschichten in neues Gewand gehüllt? „Ich saß
lange genug in einem Raum allein rum vor dem Computer, hab mir die
Finger wund geschrieben an meinen Büchern. Ich habe irgendwann selbst
das Gefühl bekommen, ich müsste wieder raus und on the Road. Abgesehen
davon verbindet mich mit Cobalt
von je her eine innige Freundschaft. Er besitzt ein Studio hier in
London, und wir hängen da so oft es geht, ab, produzieren Stückchen
und Teile um diese anschließend weg zuwerfen oder eben aneinander zu fügen.
Mit der Zeit hatten wir an die 90 Songs fertig, und Cobalt meinte,
‚komm, lass es uns machen’! Wir wählten die, unserer Meinung nach
11 besten Stücke aus und produzierten dieses Album. Irgendwann bot uns
jemand diese Tournee an, und warum sollten wir das ablehnen.“ Die
Musik hat sich, wie gesagt, im Laufe der Jahre kaum verändert, der
visuelle Aspekt, was Zodiac angeht, ebenfalls nicht, wohl aber das
Image. Es handelte sich dabei um ein Image, dass zwar zeitlos war in
seiner Art, aber das in seiner Anstrengung den Erwartungen Genüge zu
tun, ermüdend schlaff gemacht hatte. Lederjacken trägt man bei
Zodiac Mindwarp auch heute noch. Nur sind diese nicht mehr schwarz und
nietenbesetzt, sondern eher aus hellbraunem Nappaleder
in konservativem Allerweltsstil. Cobalt Stargazer sieht man
zwar ebenfalls noch den Schelm im Nacken an. Aber die schlanke,
jugendlich-schillernde Silhouette ist einem etwas in die Breite
gegangenem Timbre gewichen, das gegenwärtig vielmehr an moderne Hip Hop
Fassetten erinnert.
Wie auch immer. Die Gangart beweist Gott sei Dank, dass letzterem nicht
so ist, und man sich nach wie vor in jeglicher Weise treu bleibt, sowohl
in musikalischen Dingen als auch in der allgemeinen Lebensanschauung und
Denkweise. Lediglich in der Musik selbst ist dieses vielzitierte Image
nach wie vor vorhanden, das da von Sex, masochistischen Anwandlungen und
Selbstüberschätzung handelt, alles mit einem Augenzwinkern bedacht,
natürlich. „Wir machen das nicht für andere“, beteuert Zodiac
nachdrucksvoll. „All diese Dinge, die wir unternehmen, tun wir
ausschließlich für uns selbst. Wenn es sonst noch jemanden gefällt,
dann bitte schön, wir freuen uns.“ Zod ist definitiv älter
geworden, musste auch ich feststellen. Die wilde Egozentrik aus den
80ern ist einer eigenbrötlerischen Ignoranz gewichen, die nichts mehr
mit dem alles-verschlingenden Rock’n’Roll-Sex-Monster Typ zu tun
hat. Nein, ich fühle mich ihm gegenüber nicht mehr unsicher. Ich habe
auch keine Angst mehr Mark Manning in die Augen zu schauen, und ich
beginne sogar am Rande einen Funken Sympathie für diesen ehemaligen
Querulanten zu empfinden.
Die Arbeiten zum nächsten Album liegen inzwischen in den letzten Zügen. „Das neue Teil
haben diesmal in
einer Londoner Kunstgallerie eingespielt, und vor allem tagsüber daran
gearbeitet". Nun, dann kann man ja einmal
gespannt sein, was da als nächstes auf uns zukommt.
Sicher
ist, dass nicht noch einmal zehn Jahre vergehen werden, bis wir wieder
ein neues Protokoll der mindwarpschen Lebensphilosophie in den Händen
halten.
Übrigens, musikalischen Einflüssen geht der
47-Jährige
eher aus dem Weg. „Ich kaufe mir eigentlich nie Musik. Ich höre sie
mir höchstens im Radio an, mache mir aber keine großartige Meinung
dazu“. Er sieht mich durch seine dicken Brillengläser an, sich Gott
sei Dank nicht mehr an vergangene Interviews erinnernd, und meint auf
die Frage nach seinen Zukunftsambitionen nur schulterzuckend: „Rock
‚Till I Drop“. |
Diese
Story möchte ich demzufolge Cobalt widmen, der mir vor 15 Jahren zu dem
dringend notwendigen Selbstbewusstsein verholfen hatte, und es mir jetzt
15 Jahre später noch einmal verschaffte. – Allerdings aus Gründen,
von denen er diesmal keinen blassen Schimmer besitzt. |
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.....und h i e r gibt's noch ein paar Bilder mehr......
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![]() publ. Mai 2003 Unipress/Westpoint Westösterreich |
World Nature Festival Auftritt 14./15. August 2003 click h i e r
Wacken Open Air Festival 5. August 2004 click h i e r