ZODIAC MINDWARP & THE LOVE REACTION

Eine  eingleisige Widmung 

"Kreuzigt Sie Nicht"

Zodiac Mindwarp & The Love Reaction 1988

Ich erinnere mich noch ganz genau, als ich damals 1988 in London diese Band zum ersten Mal live spielen sah. Ich erinnere mich auch noch exakt an jede einzelne Minute meines aller ersten Interviews mit diesem finster dreinblickenden Typen, der mich verächtlich von oben bis unten musterte mit einer, - ich hab eigentlich gar keinen Bock mit Dir zu sprechen – Einstellung. Mit zitternden Knien und nahe einem Herzinfarkt saß ich relativ eingeschüchtert da und bemühte mich redlich meine Fragen bezüglich der Band, des Werdegangs und der Musik relativ professionell vom Stapel zu lassen. Trotzdem konnte ich mich nicht des Gefühls erwehren, dass man mich weder ernst noch für voll nahm. Dank der visuellen Erscheinung dieser zusammen gewürfelten Truppe, hatte ich obendrein den leisen Verdacht, dass ich irgendwie nicht mehr heil aus dem Chaos heraus kommen würde. Bei allen fünfdimensionalen Jack The Ripper trifft Steven King’s Tommyknockers, habe ich mich in diesem Augenblick in die entfernteste Galaxie des Andromeda-Nebels gewünscht, nur um der beißenden Ironie und der Lustlosigkeit eines Mark Mannings zu entgehen. Lediglich der Umstand, dass diese Band zu jener Zeit wie eine Rakete die Milchstraße, - Verzeihung, - den Musikhimmel durchpflügte, und die Aussicht auf ein mehr oder minder anständiges Honorar, ließ mich bis zum bitteren Ende durchhalten.
 Leider erwies sich auch mein weiblicher Charme als vollkommen nutzlos, aus was immer für welchen Gründen, aber wahrscheinlich deshalb, weil ich nun mal keine Claudia Schiffer-Modelmaße hatte und auch weiterhin nie haben werde. – Trotzdem habe ich diese Band immer geliebt, sei es dank ihres geraden-Dirty-Rock’n’Rolls, der einen unweigerlich mitsingen lässt, dem bitterbösen klischee-behafteten Image, dass anfangs so ultra cool auf mich gewirkt hatte, oder nur diese – Leck mich am A.... – Einstellung, die den Rest der konservativen Spießergesellschaft weit hinter sich ließ. Jedenfalls haben  sich diese 30 Minuten Interview – backstage im Marquee Club mit Zodiac Mindwarp tief in mein Erinnerungsvermögen eingegraben und mich in meiner weiteren Tätigkeit als Musikjournalist wesentlich beeinflusst, was Strategie und Einfühlungsvermögen angeht. Und hätte mir Gitarrist Cobalt Stargazer nicht ab und zu ein aufmunterndes Lächeln geschenkt, nach dem Motto, das ist alles halb so wild, - dann wären diese 30 Minuten wahrscheinlich auf erbärmliche 10 zusammen geschrumpft. Und ich wäre als ein Häuflein Elend mit zum Nullpunkt geschrumpften Selbstbewusstsein davon geschlichen. So aber verließ ich siegessicher den Backstage-Bereich mit dem Gefühl dem größten Macho aller Zeiten Kontra gegeben zu haben. Mit einem Interview, das mir gut und gern 200 Pfund einbrachte und der Tatsache, dass ich erstmalig meine Lieblingsband interviewt hatte, versehen mit einem verschmitzten Grinsen Cobalts.

Zodiac Mindwarp & The Love Reaction waren damals in aller Munde. Mit fiktivem Namen, der einem Comicheft entnommen wurde, sowie dem Bruce Springsteen Song „Dancing In The Dark“, einem Outfit, dass ein Hells Angel vor Neid erblasst wäre, eroberten  Zodiac, ein früherer Grafiker, Cobalt Stargazer, Flash Bastard, Trash D. und Slam Thunderhide den Himmel des sexistischen Macho-Hard Rock’n’Rolls. Und es schlug ein wie eine Bombe. Sogar Motörhead, die stets auf höchstem Niveau standen in Bezug auf Beliebtheitsgrad, gingen kurzzeitig unter im Schatten von Zodiac Mindwarp.

 

Die Band lebte ihr Image und kostete diesen Erfolg bis über die Grenzen aus. Liest man die Autobiographie eines Mark Mannings, dann erscheint einem Klaus Kinskis Livestory wie eine harmlose Kindergeschichte dagegen. Beim heiligen Christopherus, wenn das alles  stimmt, was Manning in „Fucked By Rock“ von sich gibt, dann wundert es einen, dass der gute Mann noch nicht in der Klappsmühle gelandet ist oder seine Lebenseinstellung grundlegend geändert hatte im Laufe der Jahre. Aber wahrscheinlich hat ihn seine gesunde Portion Gleichgültigkeit, die er stets hervorzuheben versuchte, davor bewahrt. – Mit drei Kindern von drei Müttern, unzähligen Affären, Alkoholexzessen oder anderweitigen Ausschweifungen, gibt es im Leben von Mark Manning wahrscheinlich nichts mehr, was ihn noch in seinen Grundfesten erschüttern könnte. Ja, vielleicht noch mal einen Nr. 1 Hit zu haben in den Charts. Aber sogar das, würde er zu guter Letzt mit einem lapidaren Schulterzucken abtun. 
Aber gehen wir zurück zu den glorreichen Tagen von „Tattooed Beat Messiah“. Zodiac Mindwarp wurde im Endeffekt vom gleich Problem gebeutelt, wie viele andere anfangs erfolgreiche Künstler.
Als sogenannter Shootingstar wurden die Erwartungen für alles, was darauf wie auch immer folgen würde, in schwindelerregende Höhen getrieben. Zodiac waren hip, ihre Videoclips skandalträchtig bis kitschig-durchgedreht. Zu „Prime Mover“ ließ man Nonnen die Köpfe explodieren und verwandelte brave Schulmädchen in Rockschlampen. Dagegen schlug der Clip zu „Backseat Education“ alles was je an Kitsch bis dato da gewesen war, aber das par’ Exellence’.  – Die vorhin erwähnten Erwartungen wurden tatsächlich nicht mehr erfüllt. Das lag aber weniger daran, dass die Band musikalischen Qualitätseinbußen unterlag, als vielmehr an der Tatsache, dass die Ansprüche unterschiedlich ausfielen sowohl von Seiten der Band als auch aus der Fan-Perspektive. Nachdem sich die Wogen des 88er Klassikers „Tattooed Beat Messiah“ geglättet,- und sich einige Bandmitglieder verabschiedet hatten, aktivierten Mark Manning und Cobalt Stargazer alias Geoff Bird 1991 die Band wieder. . 
In neuer Besetzung veröffentlichte man das Album „HoodlumThunder“, aus welchem vor allem der Titel „Elvis Died For You“ heraus ging. Dabei handelte es sich um eine Platte, die musikalisch sogar noch einen Schritt weiter ging in Bezug auf Anspruch. 

Zodiac Mindwarp 1991

Aber genau diesen Umstand akzeptierte die Anhängerschar nicht. Die Folge war ein fataler Einbruch mit anhaltenden Nachwirkungen
1995 folgte ein letzter Versuch mit „One More Knife“ inklusive dem hervorragenden Stück „Evil Jesus“. Es war ein letzter Versuch der  Auswegslosigkeit des Seins zu entrinnen. Abgesehen davon plagte die Band eine gerichtliche Auseinandersetzung mit einem früheren Bandmitglied. Man entschied sich das Projekt  lieber zur Gänze auf Eis zu legen als zu astronomischen Geldstrafen verdonnert zu werden. Mark Manning, der seine schreibwütige Ader bereits ein paar Jahre zuvor entdeckt hatte, stürzte sich fortan, meist unterstützt von seinem Kompagnon Bill Drummond (KLF) in die Verfassung literarischer Kleinkunst, die u.a. sein Leben, seine Karriere und seine erlebten Alpträume umfassten. Unter anderem verfasste er mit Drummond eine Kolumne in dem englischen Magazin „Idler“, und schrieb mit ihm den Bestseller „Bad Wisdom“. Später erschienen die Bücher „Crucify Me Again“, eine einzige lange Anekdote über Mark Mannings Lebenserfahrungen . Es folgten „Get Your Cock Out“ und die „Indroduction To Gunfighter“, eine weitere Autobiographie.
Das bis dato klassischste  litarische Machwerk ist „Fucked By Rock“, welches nichts anderes als ein Tourtagebuch von Zodiac Mindwarps Band darstellt. Das sind Stories, die einen den Glauben an das Gute im Rock’n’Roll getrost verlieren lassen. Die neueste Publikation nennt sich "A Collatoral Damage", und ist im Prinzip nur die Fortsetzung. Nur seiner langjährigen Freundschaft mit Cobalt  haben wir es jetzt zu verdanken, dass endlich, nach acht langen Jahren wieder ein Album vorliegt.Ein Album, dass sich bezeichnenderweise „I Am Rock“ nennt. 

 
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Und nach acht Jahren sitze auch ich ihm wieder gegenüber, aber mit dem Unterschied, dass ich nicht mehr schlotternd vor Angst, wie damals vor 15 Jahren  auf mein letztes Stündlein warte, sondern mit erwartungsvoller Neugier was die lange Zeit der Abstinenz bewirkt hat. Äußerlich hat sich Zodiac im Gegensatz zu Cobalt nicht verändert.  Die dioptrienreiche Brille lässt nicht wirklich in die wachsamen Augen blicken, die bekanntlich die Seele wider spiegeln sollen. Die Langhaarmähne ist einem kürzeren Schnitt gewichen. Weniger weil dieses nicht mehr zeitgemäß ist, sondern vielmehr weil ihm irgendwann jemand sagte, er sähe bald wie Ozzy Osbourne aus. Und das brachte ihn schneller zum Friseur als unsere Omas zum Kaffeeklatsch. Mit Mitte 40 hat er sich tatsächlich gut gehalten, zumindest äußerlich. Und wie steht’s mit der allgemeinen Lebenseinstellung? „Nein, ich glaube nicht, dass ich mich großartig verändert habe. Ich bin immer noch unverantwortlich verrückt, durchgeknallt und abgefahren. Aber ich lasse lieber andere urteilen wie sie mich sehen. Sich selbst zu beschreiben entspricht jeglicher Logik. Abgesehen davon hat mich das aber nicht umgebracht. Ich habe nie etwas bereut im Leben. Wozu auch? Was passiert ist, ist passiert. Das ist dann sowieso nicht mehr zu ändern. Ich habe auch keine Zeit mich in irgendeine Ecke zu setzen und zu heulen. Das ist pure Verschwendung.“ -  Mark Manning ist definitiv kein Mensch, der sich in Selbstmitleid badet. Das verbietet ihm allein schon sein Stolz und diese eigenwillige Arroganz, die ihn schon immer zu eigen war. Aber was hat ihn dazu bewogen, sich jetzt wieder seinen musikalischen Ambitionen zu entsinnen? Sollte das hier ein neuer Anfang sein, ein neues Kapitel oder einfach nur eine Fortsetzung von alten Geschichten in neues Gewand gehüllt? „Ich saß lange genug in einem Raum allein rum vor dem Computer, hab mir die Finger wund geschrieben an meinen Büchern. Ich habe irgendwann selbst das Gefühl bekommen, ich müsste wieder raus und on the Road. Abgesehen davon verbindet mich mit  Cobalt von je her eine innige Freundschaft. Er besitzt ein Studio hier in London, und wir hängen da so oft es geht, ab, produzieren Stückchen und Teile um diese anschließend weg zuwerfen oder eben aneinander zu fügen. Mit der Zeit hatten wir an die 90 Songs fertig, und Cobalt meinte, ‚komm, lass es uns machen’! Wir wählten die, unserer Meinung nach 11 besten Stücke aus und produzierten dieses Album. Irgendwann bot uns jemand diese Tournee an, und warum sollten wir das ablehnen.“  


Zodiac Mindwarp alias Mark Manning - März 2003
 
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Die Musik hat sich, wie gesagt, im Laufe der Jahre kaum verändert, der visuelle Aspekt, was Zodiac angeht, ebenfalls nicht, wohl aber das Image. Es handelte sich dabei um ein Image, dass zwar zeitlos war in seiner Art, aber das in seiner Anstrengung den Erwartungen Genüge zu tun, ermüdend schlaff gemacht hatte. Lederjacken trägt man bei Zodiac Mindwarp auch heute noch. Nur sind diese nicht mehr schwarz und nietenbesetzt, sondern eher aus hellbraunem Nappaleder  in konservativem Allerweltsstil. Cobalt Stargazer sieht man zwar ebenfalls noch den Schelm im Nacken an. Aber die schlanke, jugendlich-schillernde Silhouette ist einem etwas in die Breite gegangenem Timbre gewichen, das gegenwärtig vielmehr an moderne Hip Hop Fassetten   erinnert. Wie auch immer. Die Gangart beweist Gott sei Dank, dass letzterem nicht so ist, und man sich nach wie vor in jeglicher Weise treu bleibt, sowohl in musikalischen Dingen als auch in der allgemeinen Lebensanschauung und Denkweise. Lediglich in der Musik selbst ist dieses vielzitierte Image nach wie vor vorhanden, das da von Sex, masochistischen Anwandlungen und Selbstüberschätzung handelt, alles mit einem Augenzwinkern bedacht, natürlich. „Wir machen das nicht für andere“, beteuert Zodiac nachdrucksvoll. „All diese Dinge, die wir unternehmen, tun wir ausschließlich für uns selbst. Wenn es sonst noch jemanden gefällt, dann bitte schön, wir freuen uns.“ Zod ist definitiv älter geworden, musste auch ich feststellen. Die wilde Egozentrik aus den 80ern ist einer eigenbrötlerischen Ignoranz gewichen, die nichts mehr mit dem alles-verschlingenden Rock’n’Roll-Sex-Monster Typ zu tun hat. Nein, ich fühle mich ihm gegenüber nicht mehr unsicher. Ich habe auch keine Angst mehr Mark Manning in die Augen zu schauen, und ich beginne sogar am Rande einen Funken Sympathie für diesen ehemaligen Querulanten zu empfinden.
I Am Rock“ ist für die Band jedenfalls schon wieder ein alter Hut. Ist es doch bereits vor 3 Jahren  in Amerika erschienen. Eine ausgedehnte Clubtour wurde umgehend nachgeschoben. Bei uns ist das Teil vor 2 Jahren  heraus gekommen, liegt also als letztes Update der Band in den Regalen der Plattenläden. Warum  ausgerechnet der Titeltrack sein All time - Lieblingssong ist? „Ich vermute, weil das Stück zum mitsingen einlädt. Und die Fans tun das auch.“ Also doch nicht ganz eigennützig gedacht! – Wie auch immer, im Gegensatz dazu findet Mark den Track „Christmas Eve On The Reeperbahn“ als überflüssig. „Ich mag dieses Lied nicht, aber Cobalt hat in dem Fall seinen Sturschädel durchgesetzt. Er ist schließlich für die Musik genauso verantwortlich wie ich. Also herrscht auch gleiches Mitspracherecht.“
Inzwischen ist das Kapitel „I Am Rock“ überholt. Die Tourneen sind schon lange abgeschlossen, wobei mir noch versichert wird, dass man den europäischen Kontinent der eigenen Heimat England bei weitem vorzieht  was letzteres angeht.          

Die Arbeiten zum nächsten Album liegen inzwischen in den letzten Zügen. „Das neue Teil haben diesmal in einer Londoner Kunstgallerie eingespielt, und vor allem tagsüber daran gearbeitet". Nun, dann kann man ja einmal  gespannt sein, was da als nächstes auf uns zukommt. Sicher ist, dass nicht noch einmal zehn Jahre vergehen werden, bis wir wieder ein neues Protokoll der mindwarpschen Lebensphilosophie in den Händen halten. Übrigens, musikalischen Einflüssen geht der 47-Jährige eher aus dem Weg. „Ich kaufe mir eigentlich nie Musik. Ich höre sie mir höchstens im Radio an, mache mir aber keine großartige Meinung dazu“. Er sieht mich durch seine dicken Brillengläser an, sich Gott sei Dank nicht mehr an vergangene Interviews erinnernd, und meint auf die Frage nach seinen Zukunftsambitionen nur schulterzuckend: „Rock ‚Till I Drop“.  

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Diese Story möchte ich demzufolge Cobalt widmen, der mir vor 15 Jahren zu dem dringend notwendigen Selbstbewusstsein verholfen hatte, und es mir jetzt 15 Jahre später noch einmal verschaffte. – Allerdings aus Gründen, von denen er diesmal keinen blassen Schimmer besitzt.


auf den 1sten Blick doch gar nicht übel.....Oder doch?
<<< Der Rest der Love Reaction 2003
Tex Diablo (Bass) & Robbie Vomm (drums)


Erinnerungsfoto  März 2003
However,  aber .....

  www.zodiacmindwarp.com


 
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Inzwischen habe ich das komplette Teil in Deutsch übersetzt und mit einer baldigen VÖ lass ich Euch endgültig 
den Glauben an die gute Seite des Rock'n'Roll verlieren....Mein lieber Schwan....!!!

 .....und   h i e r   gibt's noch ein paar Bilder mehr......


























    publ. Mai 2003 Unipress/Westpoint Westösterreich

 World Nature Festival Auftritt 14./15. August 2003  click  h i e r

Wacken Open Air Festival 5. August 2004  click  h i e r