..... und sie kommen,
sehen und siegen auf der vollen Linie. Bei allen transylvanischen
Untoten und ihren Nebelschwaden, das hier schlägt noch sämtliche
Dunstglocken vom Großstadtabgas der Engelsstadt Los Angeles.
Beziehungsweise haben die Brüder diesen wahrscheinlich mit Tuten und
Trompeten aus ihrer Heimat mitgebracht.
Aber von vorneherein steht fest: Mötley Crüe wir lieben Euch immer noch,
möge passiert sein was will in der Vergangenheit, und Ihr Euch nur noch
selten auf der anderen Seite des Globus blicken lasst. Aber das ist genau
in diesem Moment sch.... egal und überflüssig zu erwähnen. Da oben
explodiert gerade der Urknall – buchstäblich und gnadenlos für sämtliche
Mittelohr Gehörgänge, die sich just an diesem Abend in der Eulacher
Sporthalle in Winterthur befinden. Und derer sind es in etwa 6.000, sprich
3.000 Inhaber zweier Ohrmuscheln.
Fakt ist auch, dass ich, bedingt durch die örtliche Geisterstunden
Atmosphäre, die wahrscheinlich schlechtesten Fotos in den vergangenen 10
Jahren abgeliefert habe. Wobei das mit Sicherheit weder an meinen Fähigkeiten
noch an meiner Kamera gelegen hat. Aber der voluminöse Feuerzauber von Mötely
Crüe hat ein fotografieren unter normalen Umständen nicht zugelassen.
– Nun denn, in diesen Minuten ist auch das wurscht, was zählt ist, -
wir sind hier, da oben stehen die Götter des Sleazerocks im Rahmen des
sogenannten Spirit Of Rock Festivals und schleudern uns eine Energie
entgegen, dass man damit wahrscheinlich ganz Winterthur beheizen könnte.
Vorab haben jedoch zwei weitere Vertreter des Genres für die Einstimmung
gesorgt, wobei man betonen muss, das erstere aus Großbritannien namens
Violent Storm überflüssiger sind als Mamas gute Ratschläge. ‚Violent
Storm’ sind Schützlinge von K.K. Downing von Judas Priest, die jener
auf deren Debütalbum produziert hat. – Aber ehrlich gestanden, von
irgendwelchen priestischen Einflüssen merkt man nullkommagarnix.
Papa Roach hingegen verstehen es da schon eher, dass Crüe Publikum mit
Brachial-Charme zu umgarnen.

Man merkt deutlich, dass hier die – Next Generation Garde – drauf los
prügelt. Sie sind immer noch jung (dabei mischen sie schon eine ganze
Weile mit) selbstbewusst wie Oscar und absolut siegessicher. Alternativ
ade, jetzt ist eher straighter Hardrock mit Punk Einflüssen bei den
Roachies angesagt. Nur die alten Hits erinnern noch an einstige Shoot off
Zeiten. Trotzdem kann sich nicht jeder, der hier anwesenden,
eingefleischten MC Fans mit der Linie von Papa Roach anfreunden. Bzw. sind
auch viel zu viele Freaks schlicht und ergreifend zu engstirnig, um Musik
zu akzeptieren, die nicht ihrer eingefahrenen Linie entspricht. Allerdings
kann man das wiederum nicht gerade von den vordersten Reihen behaupten,
die da schier ausflippen, als sich Sänger Jacoby Shaddix ins Publikum stürzt. In einer Performance von Papa Roach
liegt unheimlich viel Ausdruckskraft. Allerdings geht diese in einem größerem
Venue, und dann noch in der Rolle des Supportacts etwas verloren. Den
unmittelbaren Vergleich zum Auftritt
vor ca. einem halben Jahr im Münchner Backstage Club habe ich
noch deutlich vor Augen. Und deshalb empfinde ich diesen feinen
Unterschied wahrscheinlich am gravierendsten. ‚The Last Resort’
beschließt das Set, und sämtliche Schäflein hier drinnen warten nur
noch auf eines....http://www.paparoach.com/

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.... und das beginnt mit
dem Ausbruch des Strombolis, nur in fünfacher Dimension. Heiliger
Strohsack und seine Floh-Bewohner, das hier ist Weltuntergang und Jüngster
Tag zugleich. Eine Explosion folgt der nächsten und die Flammen lodern
bis zur Decke. Ein Kompliment an den Pyrotechniker. Der Mann, der hier am
Werk ist, versteht sein Fach, das muss man ihm lassen. Dieses konstante
75minütige Feuerwerk bewegt sich in einer Dimension, die so in diesem
Ausmaß bei uns in München nie und nimmer gestattet wäre. Und sogar
hier, schießt man letztendlich den Vogel eine Spur zu hoch ab. Die Folge
ist, dass die örtliche Feuerschutzpolizei wegen erhöhtem Risiko die
Zugabe (2 Songs) untersagt. So wird mir jedenfalls mitgeteilt. Deshalb möchte ich an
dieser Stelle auch betonen, dass Nikki Sixx und Co nicht etwa wegen
schlechter Laune oder anderweitigen Widrigkeiten dem Encore fern geblieben
sind, sondern sie werden schlicht und einfach
daran gehindert.
Aber in diesen knappen 75
Minuten entfesseln Mötley Crüe einen Energielevel, der jenseits von
Condition Critical schießt. Mit ‚Dr.Feelgood’ schleudern sie die Eingangsstartbombe ab,
sofort gefolgt von ‚Shout At The Devil’, das auch nach über 20 Jahren
noch topaktuell klingt. Spätestens jetzt ist keiner mehr zu halten und brüllt
mit. – Und es wird nichts, aber auch gar nichts ausgelassen. Das Risiko
einen Herzinfarkt zu erleiden steigt zusehends, unsere malträtieren
Trommelfelle haben wir ohnehin schon aufgegeben. – Vince Neil wieder
sichtlich erschlankt, Nikki Sixx, der auch mit 48 Jahren noch aussieht wie
Anfang 30, und Mick Mars überrascht so manches Rockerherz, dass er trotz
der offensichtlichen angeschlagenen körperlichen Konstitution, seine
sechs Saiten Riffs noch aus dem FF beherrscht. – Tommy Lee ist in dem Dampf
lediglich zu erahnen hinter seinem, nicht mehr ganz so überdimensionalen,
Drumkit.
Das Soundvolumen, die
Abfolge, die Choreographie, der Feuerzauber, hier stimmt einfach alles
100%ig perfekt, bis auf eine kleine soundtechnische Unpässlichkeit, die
aber professionell und flugs überspielt wird. Ich bin mir nicht sicher,
aber für mich hat das hammerartige Spektakel fast eine Spur zu perfekt
gewirkt. Ihr versteht, was ich meine. Aber ich möchte mich dazu nicht
weiter äußern, denn die Fans hier sind ohnehin nicht mehr ansprechbar.
Da oben stehen ihre Helden, ihre Idole und Götter, die so überirdisch
und unantastbar wirken, dass jegliche Eskapaden aus der Vergangenheit zur Geringfügigkeit schrumpfen, so als ob sie nie existiert
hätten.

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Der Kultstatus steigt
umgehend um mindestens weitere 5 Grade auf der Skala. Und würde Vince
Neil da oben einen Rosenkranz beten und Nikki Sixx einen lassen. Pfeif
drauf, Fakt ist, sie stehen da oben livehaftig und wirklich und präsentieren
uns ihre alleinige Gegenwärtigkeit. Tatsachen wie die schwächelnde
Popularität in der Allgemeinheit, das fehlen von Chartplatzierungen und
karger Verkaufszahlen verschwinden hier und in diesem Augenblick ins
Nirvana. Für 3.000 Fans zählt die Glückseligkeit exakt 75 Minuten,
bevor sie just unterbrochen wird durch höhere Gewalt. Vielleicht sollte
The Crüe nächstes Mal das Spektakel mit etwas weniger Höllenzauber
gestalten und dafür noch mehr mit musikalischen Details glänzen. Dann
wird’s umso schöner, und es gibt mit Sicherheit auch wieder eine
Zugabe.
Der Slogan heute Abend war und ist einmal mehr :
Kickstart My Heart – und das mit der kompletten Glückseligkeit des
Seins und einer – fast – Rauchvergiftung. Who cares – that’s Mötley
Crüe und hoffentlich noch lange und bald mal wieder.....
http://www2.motley.com/
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